Sie könnte die erste Vizepräsidentin der USA werden - und die erste schwarze Frau als Nummer zwei an der Staatsspitze: Die kalifornische Senatorin Kamala Harris zieht an der Seite von Präsidentschaftskandidat Joe Biden ins Rennen um das Weiße Haus.
Biden gab die Ernennung der 55-Jährigen zu seiner Vizekandidatin am Dienstag bekannt. Von Präsident Donald Trump, der für eine zweite Amtszeit kandidiert, wurde Harris umgehend hart attackiert. Harris ist eine der bekanntesten afroamerikanischen Politikerinnen des Landes. Seit drei Jahren gehört sie dem Senat in Washington an - als erst zweite schwarze Frau der US-Geschichte. Zuvor war die Tochter eines aus Jamaika eingewanderten Wirtschaftsprofessors und einer aus Indien stammenden Krebsforscherin sechs Jahre Generalstaatsanwältin von Kalifornien, dem bevölkerungsreichsten US-Bundesstaat.
Biden würdigte Harris als "furchtlose Kämpferin für den kleinen Mann". Er sei "stolz, sie jetzt als meine Partnerin in diesem Wahlkampf zu haben", schrieb der 77-Jährige im Kurzbotschaftendienst Twitter. Er hob hervor, dass Harris als Generalstaatsanwältin es mit Großbanken aufgenommen, sich für Arbeiter eingesetzt und "Frauen und Kinder vor Missbrauch geschützt" habe.
Kür in der nächsten Woche
Biden und Harris sollen kommende Woche bei einem - wegen der Corona-Pandemie überwiegend online stattfindenden - Parteitag der Demokraten formell zum Kandidaten-Duo gekürt werden. Biden hatte die parteiinternen Vorwahlen zur Bestimmung des Trump-Herausforderers klar für sich entschieden. Harris gehörte zur Gruppe der Mitbewerber, die dabei gegen den früheren Stellvertreter von Ex-Präsident Barack Obama unterlegen waren.
Nun zeigte sich Harris geehrt davon, dass der Ex-Vizepräsident sie an seine Seite holt. "Joe Biden kann die amerikanische Bevölkerung vereinen, weil er sein ganzes Leben für uns gekämpft hat. Und als Präsident wird er ein Amerika aufbauen, das unseren Idealen gerecht wird", twitterte die Senatorin.
Harte Gegnerin im Vorwahlkampf
Während des Vorwahlkampfes hatte Harris im vergangenen Jahr allerdings mit harten Attacken auf Biden für viel Aufsehen gesorgt. Sie warf ihm wohlwollende Äußerungen über Senatoren vor, die vor Jahrzehnten die Rassentrennung befürwortet hatten. Auch hielt sie ihm vor, sich in der Vergangenheit gegen ein Programm gestemmt zu haben, das schwarze Kinder mit Bussen in vornehmlich weiße Schulen gefahren hatte - ein Programm, von dem sie als Kind selbst profitiert hatte.
Nach ihrem Ausstieg aus dem Vorwahlrennen versöhnten sich beide, und Harris stellte sich hinter Biden. Biden hatte schon im März versprochen, eine Frau zur Vize-Kandidatin zu machen. Nach dem gewaltsamen Tod des Afroamerikaners George Floyd Ende Mai bei einem Polizeieinsatz und den dadurch ausgelösten Protesten war der Druck auf ihn gewachsen, sich für eine schwarze Kandidatin zu entscheiden. Harris galt dabei als Favoritin. Trump gab sich dennoch "überrascht" über Bidens Auswahl, schließlich habe die schwarze Senatorin im Vorwahlrennen "sehr, sehr schlecht" abgeschnitten.
Trump: "Harris war respektlos und fies"
Der Präsident warf Harris auch vor, im Vorwahlkampf "sehr fies" und "respektlos" mit Biden umgegangen zu sein. Obama lobte hingegen Bidens Entscheidung. Dieser habe nun die "ideale Partnerin" an seiner Seite. Harris sei auf das Amt der Vizepräsidentin "mehr als vorbereitet".
Die 2016 gegen Trump unterlegene Ex-Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton zeigte sich "begeistert" von Harris' Nominierung. Diese habe ihre Führungsqualitäten bereits bewiesen und werde eine "starke Partnerin" für Biden sein. Clinton war vor vier Jahren die erste Frau der US-Geschichte gewesen, die für eine der großen Parteien als Präsidentschaftskandidatin angetreten war.
Wegen Bidens fortgeschrittenem Alter gibt es viele Spekulationen, dass dieser bei einem Wahlsieg nicht eine zweite Amtszeit anstreben, sondern Harris dann 2024 für das Präsidentenamt kandidieren könnte.