Mehr als erschöpft: Der Kampf gegen das Fatigue-Syndrom
Mehr als erschöpft:Der Kampf gegen das Fatigue-Syndrom
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Dauerkrank nach Corona, Grippe, Impfung: Die Krankheit ME/CFS ist weit verbreitet, aber kaum erforscht. Was muss sich ändern? ZDFheute live mit einer Betroffenen und einer Ärztin.
Im Stich gelassen mit Erschöpfungssyndrom? - Was passiert bei ZDFheute live?
Eine Demonstration in Berlin will für mehr Aufmerksamkeit für ME/CFS-Kranke sorgen. Betroffene dieser Krankheit leiden unter extremer Erschöpfung, Konzentrationsproblemen sowie Kopf- und Muskelschmerzen. Deutschlandweit sollen etwa 500.000 Menschen von der neuroimmunologischen Erkrankung betroffen sein, weltweit rund 17 Millionen Menschen. Die Dunkelziffer ist wohl noch höher. Das Problem: Die Forschung steckt weltweit noch in den Kinderschuhen und ist stark unterfinanziert.
Bis 2020 gab es in Deutschland keine offizielle Forschungsförderung für die Krankheit und nach wie vor gibt es gegen ME/CFS kein zugelassenes Medikament oder eine Chance auf Heilung. Zudem sind viele Ärzte oft viel zu wenig über das Krankheitsbild informiert. In der Pflege sind die Patienten mit ihren Angehörigen darüber hinaus oft auf sich allein gestellt. Unterstützung durch Pflegedienste reicht häufig nicht aus.
Bund und Länder haben seit 2020 etwa vier Millionen Euro in die Forschung gesteckt, benötigt werden allerdings jährlich 50 Millionen Euro. Nicht zuletzt für den Ausbau weiterer Kompetenzzentren, von denen es deutschlandweit nur eines für Erwachsene und eine Ambulanz für Kinder und Jugendliche gibt.
Welche Hilfe benötigen Betroffene von ME/CFS? Was muss sich ändern, damit Betroffene schneller ihre Diagnose und Unterstützung bekommen? Hält die Ampel ihre Zusagen für mehr Unterstützung ein? Das klärt Alica Jung bei ZDFheutelive mit der Betroffenen Grit Buggenhagen vom Verein ME-Hilfe und Prof. Carmen Scheibenbogen Leiterin Immundefekt-Ambulanz der Charité Berlin.
Was ist ME/CFS?
Rund 500.000 Menschen in Deutschland leiden unter der schweren neuroimmunologischen Erkrankung Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom (ME/CFS). 40.000 davon sind Kinder und Jugendliche.
Die Patienten leiden an extremer Erschöpfung, Konzentrationsproblemen und Kopf- und Muskelschmerzen. Die Symptome können als Dauerzustand oder infolge leichter Belastung auftreten.
Die Krankheit kann zu einem hohen Grad körperlicher Behinderung führen. 60 Prozent der Betroffenen sind arbeitsunfähig und jeder Vierte von ihnen kann das Haus gar nicht mehr verlassen. Je nach Schweregrad sinkt das Aktivitätsniveau und die Selbstständigkeit.
Es ist vermutlich auf eine Fehlregulation des Immunsystems zurückzuführen, bei der sich Antikörper gegen körpereigene Zellen richten. Sie tritt als eine schwere Form des Post-Covid-Syndroms auf, kann aber auch die Folge von Pfeifferschem Drüsenfieber, Enteroviren sowie Influenzaviren oder bakterieller Infektionen sein.
Zur Verdachtsdiagnose werden die "Kanadischen Konsensuskriterien" herangezogen, wobei alle fünf Hauptsymptome sowie zwei von drei Nebensymptomen vorliegen sollten. Die Hauptsymptome sind Fatigue, Zustandsverschlechterung nach Belastung, Schlafstörungen, Schmerzen und neurologische/ kognitive Dysfunktion. Nebensymptome können autonome Dysfunktion, neuroendokrine Dysfunktion oder Immundysregulation sein. Die Krankheitsdauer sollte bei Kindern mindestens drei Monate und bei Erwachsenen sechs Monate betragen.
Viele Mediziner sind mit dem Krankheitsbild nicht vertraut. Oft werden die Betroffenen nicht erst genommen oder eine psychische Erkrankung vermutet. Doch die falsche Behandlung, fehlende Forschung und keine Therapie können weitreichende Folgen für die Betroffenen haben. Medikamente gebe es nur solche, die Symptome wie Schlafstörungen oder Schmerzen behandeln, meint Carmen Scheibenbogen, Leiterin der ME/CFS-Sprechstunde in der Berliner Charité.
Mit Material von dpa, Kanadische und ICC-Kriterien zur Diagnose von ME/CFS, und ZDF.