Rettungsdienst am Limit: Notruf und keiner kommt?

    Rettungsdienst am Limit:Notruf und keiner kommt?

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    Notfallsanitäter Luis Teichmann; im linken Hintergrund ist ein Rettungswagen zu sehen

    Rettungssanitäter Luis Teichmann und Gesundheitswesenexperte Prof. Thomas Krafft sprechen bei ZDFheute live über die Überlastung der Notfallrettung. Bricht das System zusammen?

    Notruf und keiner kommt – Was passiert bei ZDFheute live?

    Der Rettungsdienst in Deutschland ist vielerorts am Limit – Bei einem "Weiter so" könnte es bald zur Regel werden, dass trotz Notruf kein Rettungswagen kommt – so die eindringliche Warnung von Gewerkschaften und Verbänden. Schon lange könne die eigentliche Hilfsfrist von wenigen Minuten nicht mehr eingehalten werden. Und selbst wenn Hilfe kommt: Auch viele Notaufnahmen seien überlastet, vor und in vielen Krankenhäusern herrsche regelrecht Stau.  
    Es braucht eine grundlegende Reform, fordert der Deutsche Berufsverband Rettungsdienst. Fehler im System gibt es demnach viele: Akuter Personalmangel seit Jahren, explodierende Fallzahlen, veraltete Strukturen und eine fehlende Vernetzung. Hinzu kommen immer mehr Bagatellfälle. Laut dem "Bündnis pro Rettungsdienst" ist die Hemmschwelle gesunken, Rettungsdienste zu alarmieren. Welche Nummer die richtige ist, 112 oder 116 117, wisse auch kaum noch jemand.
    Wie sieht der Alltag im Rettungsdienst heute aus? Was muss sich ändern, welche Lösungsansätze gibt es? Und: Ist die Notfallrettung in Deutschland überhaupt noch zu retten? Darüber spricht ZDFheute live mit Luis Teichmann, Rettungssanitäter aus Köln und Prof. Thomas Krafft, Experte für Gesundheitswesen.

    Personalmangel und Berufsflucht

    Laut der Deutschen Gesellschaft Interdisziplinäre Notfall- und Akutmedizin (DGINA) gaben in einer Umfrage rund 99 Prozent der 362 befragten Notfallkliniken an, unter Personalmangel zu leiden. Viele Stellen seien nicht besetzt oder das Personal sei krank. Mitte Dezember äußerte sich der Vorstandsvertreter des Deutschen Berufsverbandes Rettungsdienst Flake in der Augsburger Allgemeinen zur Situation der Notfallrettung in Deutschland.  

    Aus Befragungen der Rettungskräfte ist bekannt, dass sich 90 Prozent nicht vorstellen können, bis zu ihrer Rente im Beruf zu bleiben. Und rund 40 Prozent überlegen, den Beruf zu wechseln, den sie eigentlich lieben

    Frank Flake, Vorstandsvertreter des Deutschen Berufsverbandes Rettungsdienst

    Mit dem immer gravierender werdenden Personalmangel steigt auch die Belastung für diejenigen, die im Job Verbleibenden. Die Einsatzzahlen nähmen bundesweit zu, so Flake. Grund dafür seien oft Bagatell-Fälle, für die eigentlich kein Rettungseinsatz nötig sei.

    Überfüllte Stationen und "Exit-Blocks"

    Überfüllte Stationen in Krankenhäusern gehören mittlerweile fast schon zum Alltag. Die Folgen sind sogenannte "Exit-Blocks". Weil die Stationen keine Kapazitäten haben, neue Patienten aufzunehmen, können die  aus der Notaufnahme nicht weiterverlegt werden. Dort stauen sich dann die neuen Patienten – mit gefährlichen Folgen. Die ganze Situation lässt sich mit einer Badewanne vergleichen, die einen verstopften Abfluss hat. Wenn die Wanne voll ist und das Wasser nicht ablaufen kann, läuft sie irgendwann über.

    Der Handlungsdruck ist groß, das System bricht zusammen

    Frank Flake, Vorstandsvertreter des Deutschen Berufsverbandes Rettungsdienst

    Annähernd 40 Prozent der Kliniken hatten am Tag der Umfrage angegeben, Patienten wegen Bettenmangels an ein anderes Krankenhaus verlegen zu müssen.
    Quellen: dpa und KNA

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