Tag gegen Wüstenbildung: Jede Sekunde geht Boden verloren

    Bekämpfung der Wüstenbildung:Jede Sekunde geht Boden verloren

    von Birgit Hermes
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    40 Prozent des weltweiten Bodens sind bereits "degradiert", also geschädigt. Zum Schutz des Bodens wurde vor 30 Jahren die Konvention gegen Wüstenbildung unterzeichnet.

    Typical: Wüstenbildung
    Mit Stroh versuchen Arbeiter in China die Wüstenbildung zurückzudrängen. Archiv.
    Quelle: picture alliance / Xinhua News Agency / Wang Jiang

    Eine Fläche so groß wie vier Fußballfelder wird weltweit jede Sekunde degradiert. Ein degradierter Boden hat wichtige Eigenschaften verloren. Er ist weniger fruchtbar, kann weniger Wasser speichern und hat eine geringere biologische Aktivität.
    In trockenen und halbtrockenen Gebieten führt die Bodendegradation zur Bildung von Wüsten. Das Ausmaß sei erschreckend, mahnt das Sekretariat der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Wüstenbildung (UNCCD). Denn der Verlust von Boden hat Folgen für das Klima, die biologische Vielfalt und die Lebensgrundlage von fast der Hälfte der Menschheit.
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    Geschädigte Böden bedeuten Ernteausfälle und Konflikte

    Die Produktion von 95 Prozent der Nahrungsmittel basiert auf gesundem Boden. Geht er verloren, sinkt die Wasserqualität, es kommt zu Ernteausfällen, im schlimmsten Fall büßt das Land seine Fähigkeit ein, die dort lebenden Menschen zu ernähren. Soziale Konflikte und Flucht sind die Folgen.





    Vor 30 Jahren, am 17. Juni 1994, verabschiedeten die Vereinten Nationen eine Konvention zur Bekämpfung der Wüstenbildung. Das Ziel: den Boden schützen und die Lebensgrundlage der Menschen erhalten.
    Mehr als 130 Länder haben sich inzwischen dazu verpflichtet, bis 2030 den Verlust an Boden zu stoppen und den natürlichen Zustand von Land wiederherzustellen.

    Von Wüstenbildung 1,5 Milliarden Menschen betroffen

    Doch es hapert vielerorts an der Umsetzung. Die Ursachen der Wüstenbildung etwa liegen meist darin, "dass wir Menschen die Böden, Vegetation und Wasservorräte in den Trockengebieten durch intensive Nutzung überstrapazieren", heißt es bei der Helmholtz Klima-Initiative.
    Etwa durch die Überweidung von Flächen, bei der zu viele Tiere zu lange auf kleinem Raum grasen und den Boden seiner schützenden Pflanzendecke berauben.
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    Aber auch landwirtschaftliche Praktiken, welche die Böden verdichten und die Humusschicht abtragen, das Abholzen von Wäldern und der Klimawandel mit seinen Wetterextremen wie Dürren und Starkregen begünstigen, dass Böden erodieren und ihre Fruchtbarkeit verlieren.
    Den Angaben zufolge sind 1,5 Milliarden Menschen weltweit - direkt oder indirekt - von Wüstenbildungsprozessen betroffen.

    Landverlust vor allem in Sahelzone, China, Indien

    Weltweit geht täglich fruchtbares Ackerland verloren. Am stärksten von der Wüstenbildung betroffen sind in Afrika die Länder der Sahelzone, etwa Burkina Faso, Mali und Niger, in Asien etwa China, Indien und die Mongolei. In Nordamerika trifft es vor allem die US-Staaten Arizona und New Mexico und in Lateinamerika Mexiko und Brasilien.
    Karte, Sahelzone
    Karte Sahelzone
    Quelle: ZDF

    Auch vor Europa macht die Desertifikation nicht Halt. In einem Sonderbericht zur Bekämpfung der Wüstenbildung schreibt der Europäische Rechnungshof:

    Die Wüstenbildung […] stellt in der EU eine zunehmende Bedrohung dar.

    Bericht des Europäischen Rechnungshofs

    Zunehmende Dürren auch in Südeuropa

    Klimawandelszenarien wiesen darauf hin, so der Rechnungshof, dass in Südeuropa höhere Temperaturen, zunehmende Dürren und weniger Niederschläge zu verzeichnen sein würden. "Die Auswirkungen der Wüstenbildung werden in Portugal, Spanien, Italien, Griechenland, Zypern, Bulgarien und Rumänien besonders stark zu spüren sein."
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    Immerhin: Während sich vor Ende des letzten Jahrhunderts die Wüstenbildung mit einer Geschwindigkeit von über einer Million Hektar pro Jahr ausbreitete, habe sich, so das UNCCD-Sekretariat, diese Geschwindigkeit dank wirksamer Maßnahmen mancherorts verlangsamt.

    Langfristige Arbeitsplätze durch Bodensanierung

    Das Problem bleibe aber ernst und gehöre zu den drängendsten Umweltproblemen dieser Zeit. "Indem wir heute die Verfügbarkeit von Land und gesunden Böden gemeinsam sichern, tragen wir zu nachhaltiger Entwicklung und Generationengerechtigkeit bei."
    Denn in vielen Ländern, die von der Landdegradierung betroffen seine, mache die Landwirtschaft einen großen Teil des Bruttoinlandproduktes aus.

    Mit jedem US-Dollar, der in die Wiederherstellung von Land investiert wird, können bis zu 30 US-Dollar erwirtschaftet werden.

    Bericht des UNCCD

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    Quelle: Reuters

    An ambitionierten Initiativen zur Bodensanierung mangelt es jedenfalls nicht. Um nur eine zu nennen: Die 2007 von der Afrikanischen Union initiierte "Great Green Wall" hat zum Ziel, in 20 Ländern der Sahelzone 100 Millionen Hektar degradiertes Land wiederherzustellen.
    Nach Angaben der UNCCD wurden inzwischen fast 18 Millionen Hektar Boden wiederhergestellt und dadurch 350.000 Arbeitsplätze geschaffen.
    Birgit Hermes ist Redakteurin der ZDF-Umweltredaktion.

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