Planetary Health Check: Fünf Jahre für den gesunden Planeten
Planetary Health Check :Noch fünf Jahre für einen gesunden Planeten
von Susann Mertz, Tabea Volz
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Während der UN-Klimawoche in New York sorgt eine Studie für Druck: Die Belastungsgrenzen des Planeten werden weiter überschritten. Es bleiben fünf Jahre, um den Kurs zu ändern.
Erst Dürre, dann viel Regen: Kenia leidet unter den gravierenden Folgen des Klimawandels. (Archivbild)
Quelle: dpa/Dong Jianghui/XinHua
Unter dem Motto "It´s time" haben sich Politiker, Forschende und Unternehmer zur aktuellen "Klimawoche" in New York versammelt. Während sie diskutieren, macht eine neu veröffentlichte Studie zu den viel beachteten planetaren Grenzen klar: Nicht nur der Klimawandel bringt die Lebensgrundlagen der Menschen in Gefahr.
Das zeigt der erste planetare Gesundheitscheck (“Planetary Health Check”), der unter der Leitung des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) von der Initiative "Planetary Boundaries Science" (PBScience) erstellt wurde.
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Mit Modell der "Planetaren Grenzen" Grenzen ausloten
Bereits 2009 entwickelte ein Forscherteam um Johan Rockström, Professor für Erdsystemwissenschaften und Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, das Modell der "Planetaren Grenzen".
Es stellt neun Bereiche heraus, die für die Gesundheit der Erde wie auch für die Menschheit überlebenswichtig sind. Werden Grenzen überschritten, droht das Risiko irreversibler Schäden. Symptome können Wetterextreme, Wasserknappheit und Artensterben sein - Phänomene, die gerade vermehrt auftreten.
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Die Forschenden betonen, dass der Klimawandel nicht isoliert betrachtet werden kann - alle Bereiche sind untrennbar verbunden. Steigende Temperaturen beispielsweise führen zu mehr Wetterextremen und dies zu Entwaldung. Die schwindende Kohlenstoffsenke begünstigt dann wiederum den Klimawandel.
Forscher: Emissionen bis 2030 um Hälfte reduzieren
2023 wurde bekannt, dass sechs der neun Bereiche ihr gesundes Gleichgewicht bereits verlassen haben. Der Eintritt in die Risikozone bedeutet zwar nicht zwangsläufig, dass sofort katastrophale Veränderungen eintreten, die Wahrscheinlichkeit erhöht sich allerdings drastisch.
Den Forschern zufolge bleibt ein Zeitfenster von etwa fünf Jahren: Die CO2-Emissionen müssen bis 2030 um 50 Prozent gesenkt werden, um die betroffenen Bereiche und somit das ganze System in ein gesundes Gleichgewicht zurückzuführen.
Diese sechs Bereiche haben die Grenzen bereits überschritten, liegen also in der Zone des steigenden oder bereits im hohen Risiko:
Die größten Treiber des menschengemachten Klimawandels sind die Treibhausgasemissionen und die Veränderung des Albedo-Wertes der Oberfläche. Damit ist gemeint, dass zum Beispiel weißes Eis die Strahlen und Wärme der Sonne reflektiert. Schmilzt es durch die Erderwärmung, nimmt das dunklere Meerwasser, die Wärme zusätzlich auf, was wiederum zum Schmelzen von mehr Eis führt. Die aktuellen Klimaveränderungen sind laut der Studie in der Zone des zunehmenden Risikos und reichen bereits teilweise in die Hochrisikozone hinein.
Mit der Biosphäre ist die Vielfalt des Lebens auf der Erde und seine Funktion für den Planeten gemeint. Das aktuelle Artensterben ist deutlich stärker als der Durchschnitt der letzten zehn Millionen Jahre und nimmt zu. Zahlreiche Arten sind vom Aussterben bedroht, die genetische Vielfalt von Pflanzen und Tieren geht zunehmend verloren. Das bedroht auch die Lebensgrundlagen des Menschen. Der Bereich liegt in der Hochrisiko-Zone. Die Veränderungen der genetischen Vielfalt sind laut Modell mit die größten aller neun Bereiche im Vergleich zum Zustand der vergangenen zehntausend Jahre.
Auch die Wälder weltweit verringern sich stark durch menschlichen Einfluss, vor allem durch Abholzung und Brände. Wälder wie der Amazonas sind dabei, Grenzen zu überschreiten und von einer CO2-Senke zu einer Quelle von CO2 durch die sterbenden Bäume und Brände zu werden. Dieser Bereich liegt in der Zone des steigenden Risikos nahe der hohen Risikogrenze.
Dies beschreibt neue synthetische Chemikalien und Substanzen, die durch den Menschen geschaffen wurden, darunter etwa Mikroplastik oder Atommüll. Von den Chemikalien, die von der EU-Behörde REACH (Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals) registriert sind, seien viele ohne Sicherheits-Tests im Umlauf gewesen.
Es geht um Veränderungen des sogenannten "blauen" Süßwassers - etwa in Flüssen oder See - und des "grünen" Wasser, das in Boden und Pflanzen gespeichert ist. Veränderungen betreffen unter anderem die Feuchtigkeit des Bodens oder den Wasserkreislauf. 18 Prozent des blauen Wassers und 16 Prozent des grünen auf der Landfläche weltweit weisen Veränderungen auf. Damit liegt dieser Bereich in der Zone mit zunehmendem Risiko.
Hier sind vor allem zwei Elemente wichtig: Phosphor und Stickstoff. Diese sind etwa in Pflanzen enthalten, die Tieren als Nahrung dienen, bevor diese die Stoffe in ihrem Kot ausscheiden, der dann wieder als Dünger für Pflanzen dienen kann. Moderne Landwirtschaft und Industrie haben die Kreisläufe dieser Substanzen stark verändert und etwa Phosphor aus dem Bergbau in Form von künstlichem Dünger hinzugefügt. Überdüngung führt zu Anreicherung der Stoffe im Grundwasser sowie in den Meeren, was sich dort wiederum auf die Ökosysteme auswirkt. Diese Bereiche sind die am meisten fortgeschrittenen Prozesse und liegen in der Hochrisiko Zone.
2024 droht nun der siebte Bereich, den Grenzwert zu überschreiten: Unsere Ozeane versauern.
Die Ozeane nehmen einen Teil des ausgestoßenen CO2s auf. Dies führt unter anderem zur Versauerung der Meere. Der Wert ist aktuell noch im sicheren Bereich, doch steht kurz vor der Grenzüberschreitung. Der Trend verschlimmert sich mit den weiterhin hohen CO2-Emissionen.
In diesen Bereichen wurden die Planetaren Grenzen (noch) nicht überschritten:
Aerosole sind kleine Partikel, die wie Wüstenstaub oder Ruß von Waldbränden auch natürlichen Ursprung haben können. Die Menge dieser Partikel in der Luft kann die Luftqualität und Niederschläge beeinflussen. Unterschiede in der Menge auf der Nordhalbkugel im Vergleich zur Südhalbkugel können sogar Monsun-Systeme verändern. Bisher ist die Aerosolbelastung laut Modell noch im sicheren Bereich, doch die Forscher weisen darauf hin, dass ein noch besseres Verständnis der Einflüsse von Aerosolen notwendig ist.
Der Hoffnungsschimmer im Modell. Der Abbau von Ozon in der Stratosphäre hat sich nach dem Montreal-Abkommen von 1987 verringert. Das Ozonloch war durch die Verwendung neuer chemischer Stoffe entstanden, wie etwa Fluorchlorkohlenwasserstoffe in Kältemitteln. Das Abkommen legte den Ausstieg daraus fest. Damit ist dieses System wieder im sicheren Bereich, nur über manchen Breitengraden der Südhalbkugel tritt das Ozonloch noch auf.
Der Planetary Health Check soll ab sofort jährlich erscheinen und neben aktuellen Daten auch Handlungsempfehlungen für Politik, Wirtschaft und Menschen liefern.
Schon einmal hat es einer der Bereiche geschafft, seinen Weg zurück ins Gleichgewicht zu finden. Gemeinsame internationale Bemühungen resultierten 1987 in einem verbindlichen Umweltabkommen zum Schutz der Ozonschicht.
Durch die Erderhitzung wird das Ziel des Montreal-Protokolls - die Ozonschicht zu schützen - gemindert, erklärt ZDF-Wetterexperte Özden Terli.
02.11.2021 | 0:54 min
Auf multilaterale Zusammenarbeit setzt auch PBScience. Ein großer Erfolg zeigte sich 2023. "30 by 30" lautete der Beschluss der Biodiversitätskonferenz in Montreal. Heißt: 30 Prozent ländlicher und mariner Flächen sollen bis 2030 unter Schutz gestellt werden. Diese Errungenschaft wurde maßgeblich vom Ansatz der "Planetaren Grenzen" mitgeprägt. Die Studie schafft zudem Bewusstsein in der Gesellschaft.
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