Studie: Wahlprogramme der Parteien häufig unverständlich

    Fremdwortlastig, Bandwurmsätze:Studie: Wahlprogramme häufig unverständlich

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    Wenige Tage vor der Europawahl hat die Uni Hohenheim eine Analyse der Wahlprogramme vorgestellt. Ihr Fazit: In punkto Verständlichkeit sei da viel Luft nach oben.

    Wahlplakate für die Europawahl und die Kommunalwahl hängen an einer Straße, die in die baden-württembergische Landeshauptstadt führt.
    Wahlplakate für Europawahl und Kommunalwahl.
    Quelle: dpa

    Parteiprogramme zur Europawahl sind nach Darstellung der Universität Hohenheim für die Wähler oft kaum zu verstehen. Sie enthielten Bandwurmsätze, Fachsprache und Fremdwörter.
    Im Durchschnitt verschlechterte sich so die Verständlichkeit gegenüber den Europawahlen 2019 und 2014, wie die Universität am Freitag mitteilte.

    Experten-Talk: Zu viel Fachsprache, zu wenig Erklärung

    Es wurden Programme der Bundestagsparteien untersucht - darunter auch das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), das in Gruppenstärke im Bundestag vertreten ist.

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    96 Abgeordnete fürs Europaparlament können die deutschen Bürger bei der Europawahl 2024 wählen. Der Wahl-O-Mat erklärt, welche Positionen die Parteien vertreten.
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    Wahl O Mat Europawahl 2024
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    Alle Parteien könnten verständlicher formulieren. Das zeigen gelungene Passagen in den Einleitungen und in den Schlussteilen.

    Frank Brettschneider, Studienautor

    Mit Blick auf die thematischen Kapitel spricht der Kommunikationswissenschaftler von einem "Fluch des Wissens": Innerparteilichen Expertenrunden sei nicht bewusst, dass die Mehrheit der Wähler ihre Fachsprache nicht verstehe.

    BSW hat unverständlichstes Wahlprogramm

    Mit im Durchschnitt 5,3 Punkten auf dem Verständlichkeitsindex besteht nach Ansicht der Autoren insgesamt ein deutliches Verbesserungspotenzial.
    Harald Lesch steht mit Telefonhörer am Ohr in einer Telefonzelle. Rechts von ihm deuten bunte Kabel ein X an.
    Mehr als fünf Milliarden Menschen sind täglich im Netz unterwegs. Wie hat moderne Kommunikation das Menschsein verändert?03.03.2024 | 43:36 min
    Der Index reicht von 0 (formal schwer verständlich) bis 20 (formal leicht verständlich). Bei der Europawahl 2019 lag der Durchschnitt bei 5,8 Punkten und 2014 bei 6,1 Punkten. Zum Vergleich: Haushaltsreden im Deutschen Bundestag kamen 2023 im Schnitt auf 15,0 Punkte.
    Das verständlichste Wahlprogramm haben 2024 den Angaben zufolge CDU/CSU mit 8,2 Punkten. Es folge die Linke mit 7,3 Punkten. Auf dem letzten Platz liege das BSW mit 3,5 Punkten.

    Rekord bei AfD: Längster Satz mit 60 Wörtern

    Die Verständlichkeit wurde mit Hilfe der vom Communication Lab Ulm und der Universität entwickelten Software TextLab ermittelt.
    Diese berechne verschiedene Lesbarkeitsformeln sowie eine Vielzahl von Parametern wie Satzlängen, Wortlängen, Schachtelsätze und Anteil abstrakter Wörter. Daraus werde der "Hohenheimer Verständlichkeitsindex", kurz: HIX, ermittelt.
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    Das längste Wahlprogramm komme von den Grünen (57.175 Wörter), das kürzeste von CDU/CSU (7.204 Wörter). Der mit 60 Wörtern längste Satz finde sich im Programm der AfD.

    Populistische Wortwahl vor allem bei Linken, BSW, AfD

    Für die Europawahl haben die Forschenden auch ein Sprachmodell für die Erkennung populistischen Vokabulars verwendet. Demnach finden sich populistische Äußerungen vor allem in Programmen links und rechts der politischen Mitte.

    Anti-Elitismus ist ein Mittel, das insbesondere von der AfD, der Linken und dem BSW eingesetzt wird.

    Claudia Thoms, Studienautorin

    Der höchste Anteil von Sätzen mit "Anti-Elitismus-Inhalten" finde sich beim BSW (13,4 Prozent), gefolgt von AfD (10,2 Prozent) und Linken (7,7 Prozent).
    Quelle: KNA

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