CRISPR/Cas: Neue Gentherapie gegen Sichelzellenanämie

    Interview

    Genmanipulation zugelassen:Neue Therapie gegen Sichelzellenanämie

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    Behandlungsmethoden der Sichelzellenanämie waren bisher unzuverlässig. Eine neu zugelassene Gentherapie auf Basis der Genschere CRISPR/Cas kann nun gegen die Bluterkrankung helfen.

    Sichelzellen
    Für die neue Therapie entnimmt man dem Patienten blutbildende Stammzellen und behandelt sie im Labor aktiv mit der Genschere Crispr-CAS. 18.01.2024 | 2:25 min
    Die Behandlung von Sichelzellenanämie erfolgt in Ländern wie Deutschland bisher vor allem durch Knochenmarktransplantationen. Doch einen geeigneten Spender zu finden gelingt nicht immer. Findet sich kein solcher, bleibt nur die Bluttransfusion.
    Vor allem in Südafrika, wo die Krankheit weit verbreitet ist, werden Blutkonserven dringend benötigt. Diese aber sind, beispielsweise in Kenia, ein knappes Gut.

    Die Sichelzellerkrankung ist der blanke Horror. Die Kinder schreien wie am Spieß, weil sie so unfassbare Schmerzen haben und diese Schmerzkrisen begleiten diese Patienten ihr ganzes Leben.

    Prof. Selim Corbacioglu, Mediziner am Universitätsklinikum Regensburg

    Bei der Sichelzellenanämie handelt es sich um eine erbliche Krankheit, bei der es zu Fehlbildungen der roten Blutkörperchen kommt, die wiederum eine Blutarmut (Anämie) hervorrufen.
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    Spenderblut ist knapp in Kenia. Sichelzell-Patienten sind von dem Mangel besonders betroffen, weil sie regelmäßig Blut brauchen.18.01.2024 | 5:10 min

    Genmanipulation erzeugt neue Stammzellen

    Nun gibt es eine neue Behandlungsmethode mithilfe einer Genschere: CRISPR/Cas. Bei der neuen Therapie macht man sich zunutze, dass bei allen Menschen Gene für zwei Hämoglobin-Formen vorliegen.
    Die adulte Form, die bei Patienten mit Sichelzellenanämie verformt und damit gestört ist, und die fetale Form, die auch bei Sichelzell-Patienten intakt ist. Diese fetale Form wird jedoch bei allen Menschen kurz nach der Geburt abgeschaltet.
    Im Labor wird mithilfe der Genschere die Produktion der fetalen Form wieder aktiviert. Die so veränderten Stammzellen sollen sich dann im Knochenmark ansiedeln und dort intakte Blutzellen produzieren. Großbritannien hat die Therapie als erstes Land in Europa nun zugelassen.
    Prof. Dr. Toni Cathomen, Direktor des Instituts für Transfusionsmedizin und Gentherapie des Universitätsklinikums Freiburg, spricht im Interview über die Chancen und Risiken der neuen Therapie.
    Labor Szene
    Sehen Sie hier das ganze Interview mit Toni Cathomen vom Institut für Transfusionsmedizin und Gentherapie.18.01.2024 | 5:38 min
    ZDFheute: Wie sieht es denn mit Nebenwirkungen aus? Ist CRISPR/Cas so zielgenau oder werden andere Gene auch in Mitleidenschaft gezogen?
    Toni Cathomen: Die Fehlschnitte, die CRISPR/Cas setzen kann, die werden schon lange diskutiert und man hat das auch sehr gut auf dem Radar. Jetzt bei diesen zugelassenen Medikamenten sind die klinischen Studien erst ein paar Jahre alt und das Medikament ist auch erst jetzt zugelassen worden. Das heißt, wir haben noch relativ wenig Nachverfolgungszeit, um wirklich viel über Nebenwirkungen aussagen zu können. Bislang haben wir keine Nebenwirkungen beobachtet und wir hoffen natürlich auch, dass es so weitergeht. Aber wir wissen auch aus anderen Gentherapie-Studien, dass solche Nebenwirkungen auch erst nach Jahren auftreten können.
    ZDFheute: Sie haben in einem Interview gesagt, es beginnt jetzt eine neue Ära der Medizin. Was kommt da auf uns zu?
    Cathomen: Ich glaube, das ist wirklich ein Game Changer, dass wir CRISPR/Cas auch medizinisch einsetzen können, weil wir jetzt das erste Mal die Möglichkeit haben, gezielt in das Erbgut einzugreifen und therapeutische Effekte zu erzielen. Und ich glaube, was wir jetzt sehen, ist erst der Anfang. Es werden sehr viele Medikamente folgen in den nächsten Jahren. Ich bin auch zuversichtlich, dass wir jedes Jahr wahrscheinlich zwei, drei, vier Medikamente zugelassen bekommen, die auf CRISPR/Cas-Basis beruhen.
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    ZDFheute: Was ist denn mit unseren großen Krankheiten, den Zivilisationskrankheiten wie Krebs oder Alzheimer? Gibt es da Hoffnung?
    Cathomen: Ich glaube, es ist wichtig, dass wir jetzt einen Schritt nach dem anderen machen. Der Schritt, dass wir jetzt auch in vivo bereits CRISPR/Cas anwenden können, das heißt am lebenden Menschen genetische Veränderungen vornehmen können, die dann auch therapeutische Effekte erzielen, das ist schon großartig, das muss man wirklich so festhalten. Aber es ist wichtig, dass wir in die Zukunft blicken und gucken, wie kommen wir jetzt von den seltenen Erbkrankheiten auch zu vermehrt auftretenden Krankheiten wie Krebs. Auch da gibt es gute Entwicklungen im Feld. Vor allem in Kombination mit der Immunzelltherapie, die eigene Immunzellen im Körper umprogrammieren, damit sie gezielt Krebszellen erkennen.
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    ZDFheute: Wäre es denkbar oder wünschenswert, dass wir auch zum Beispiel durch eine Methode mit CRISPR/Cas vorbeugend gegen Krankheiten vorgehen oder sogar in die Keimbahn eingreifen?
    Cathomen: Also meine persönliche Meinung dazu ist: Es ist nicht wünschenswert. Ich würde das auch nicht befürworten und es ist in Deutschland glücklicherweise auch nicht erlaubt. Aber der Ethikrat hat das diskutiert und gesagt, wenn wir in Zukunft die Technologie so im Griff haben, dass wir Nebeneffekte ausschließen können, dann kann in der Zukunft noch mal diskutiert werden, ob wir CRISPR/Cas auch in der Keimbahn einsetzen, um Erkrankungen präventiv zu verhindern. Das heißt, vor der Geburt wird das Erbgut schon in Ordnung gebracht, dass ein gesundes Kind zur Welt kommt. Aber ich glaube, davon sind wir noch relativ weit entfernt.
    Das Interview führte NANO-Moderator Gregor Steinbrenner.

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