mit Video
UN zu weltweiter Verteilung:Wie gelingt ein fairer Wettlauf um Rohstoffe?
von Tabea Volz und Susann Mertz
|
Für die Energiewende werden kritische Rohstoffe benötigt - doch bei deren Abbau wird der Schutz von Umwelt und Menschenrechten häufig vernachlässigt. Die UN wollen das nun ändern.
Kobalt zählt zu den seltenen Rohstoffen, die unter anderem für die Energiewende benötigt werden. (Archivfoto)
Quelle: dapd
Ob Windturbine, Solarzelle oder Elektrofahrzeuge - für die Energiewende sind kritische Rohstoffe unerlässlich. Der Wettlauf um Mineralien, wie Seltene Erden, Lithium, Kupfer, Nickel oder Kobalt, die dafür erforderlich sind, hat bereits vor Jahren begonnen.
Menschenrechte und Umweltschutz wurden dabei häufig vernachlässigt. Die Vereinten Nationen veröffentlichten nun zum ersten Mal klare Empfehlungen für einen nachhaltigen Abbau und einen fairen Zugang für alle Länder. Ziel sei Transparenz entlang der gesamten Wertschöpfungskette.
Die Empfehlungen der UN sind:
- globale Standards zur Verbesserung der Transparenz
- die Einbindung von Kleinunternehmen vor Ort
- ein Fonds für den fachgerechten Rückbau verlassener Bergwerke
- die Stärkung von Materialeffizienz und Kreislaufwirtschaft
- ein UN-Gremium, das Dialog zwischen Interessengruppen koordiniert
Aktuell fährt fast kein E-Auto ohne diesen Rohstoff: das Leichtmetall Lithium. Es wird unter anderem in Argentinien, Chile und Bolivien abgebaut, dem sogenannte Lithium-Dreieck. Dort lagert das Leichtmetall in unterirdischen Salzseen. Sole wird aus der Tiefe gepumpt, verdunstet an der Sonne. Durch diese Produktionsweise sinkt der Grundwasserspiegel. Mit Folgen für Mensch und Natur in einer der trockensten Gebiete der Erde.
Abbau Seltener Erden: Radioaktiver Müll und saures Wasser
"Krebsdörfer" wurden die Siedlungen nahe der chinesischen Stadt Baotou in der Inneren Mongolei genannt. Sie gilt als Welthauptstadt der Seltenen Erden. Die Isolierung der wertvollen Metalle bedarf toxischer Chemikalien und kann radioaktive Stoffe wie Uran sowie Schwermetalle freisetzen.
Eine Studie im Wissenschaftsmagazin Frontiers schätzt, dass die Herstellung für eine Tonne Seltene Erden 1,4 Tonnen radioaktiven Müll und 200.000 Liter saures Wasser produziert. Diese Umstände und die meist geringe Konzentration der Vorkommen machen den Abbau oft unwirtschaftlich. Auch wenn sie weltweit vorkommen, galt China durch unschlagbare Preise bisher als Quasi-Monopol.
Kobaltgewinnung: Kinderarbeit und Zwangsumsiedlungen
Kobalt, ein weiterer relevanter Rohstoff, wird häufig unter menschenunwürdigen Bedingungen abgebaut. Zwei Drittel der weltweiten Förderung finden iin der Demokratischen Republik Kongo statt. Immer wieder gibt es Berichte über Kinderarbeit und gefährliche Arbeitsbedingungen in den Stollen. Teilweise kommt es zu gewaltvollen Umsiedlungen und der Enteignung von Land. Moritz Böttcher, Referent für Ressourcenpolitik beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), sagt:
Trotzdem wird sich die Nachfrage nach kritischen Rohstoffen bis 2030 laut UN verdreifachen.
Neue UN-Prinzipien nur Teil der Lösung
Für Johanna Sydow von der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung wären die spezifischen Prinzipien der UN angesichts der Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörungen schon früher fällig gewesen.
Die EU möchte beim Lithium-Bezug unabhängiger von China werden. Eine Lösung könnte das hohe Vorkommen des Leichtmetalls in Serbien sein. Umweltschützer sind gegen das Vorhaben.10.08.2024 | 1:45 min
Viele Experten sehen in den Vorschlägen einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung. Für die Energiewende ist der Abbau von kritischen Rohstoffen trotz allem weiterhin notwendig.
Dennoch betonen sie, dass Recycling, Kreislaufwirtschaft und ein sparsamer Verbrauch der kostbaren Ressourcen unerlässlich seien - so auch Johanna Sydow: "Der beste Menschenrechtsschutz und Umweltschutz ist die Reduktion unseres Rohstoffbedarfs, wo es möglich ist."
Redaktionelle Anmerkung: Dieser Artikel wurde am 31.10.2024 überarbeitet. Es wurde der Satz zum Lithium-Abbaugebiet korrigiert. In der vorherigen Fassung hatte es geheißen: „[Lithium] wird vorrangig in Argentinien, Chile und Bolivien abgebaut […].“ Richtig ist, dass Lithium unter anderem in Argentinien, Chile und Bolivien abgebaut wird. Außerdem wurde von dem Staat „Kongo“ geschrieben. Richtig ist „Demokratische Republik Kongo“. Den Teil über den Lithium-Abbau in Salzseen haben wir konkretisiert. In der vorherigen Fassung hieß es: "Dort lagert das Leichtmetall in Salzseen. Um es zu entnehmen, werden diese ausgetrocknet. Doch die Atacama-Wüste, wo sich die Seen teilweise befinden, zählt bereits zu den trockensten Gebieten der Erde." Zudem war in der ursprünglichen Version folgender Satz enthalten: „Fast kein E-Auto würde ohne diesen Rohstoff fahren: das Leichtmetall Lithium.“ Diese Formulierung war missverständlich, da der Eindruck entstand, dass auch zukünftig kaum E-Autos ohne Lithium fahren werden können. Daher haben wir diesen Satz geändert: Aktuell fährt fast kein E-Auto ohne diesen Rohstoff: das Leichtmetall Lithium. Des Weiteren haben wir die Zwischenüberschrift "Abbau Seltener Erden ..." über dem inhaltlich entsprechenden Absatz platziert.
Quelle: ZDF
Sie wollen stets auf dem Laufenden bleiben? Dann sind Sie bei unserem ZDFheute-WhatsApp-Channel genau richtig. Egal ob morgens zum Kaffee, mittags zum Lunch oder zum Feierabend - erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt auf Ihr Smartphone. Nehmen Sie teil an Umfragen oder lassen Sie sich durch unseren Mini-Podcast "Kurze Auszeit" inspirieren. Melden Sie sich hier ganz einfach für unseren WhatsApp-Channel an: ZDFheute-WhatsApp-Channel.
Themen
Mehr zu Rohstoffen und Klimawandel
mit Video
Neue Chance für Aussortiertes:Zurück in den Kreislauf
von Frank Zintner
mit Video
Klimaschutz im Wald:Holzabbau: Zwischen Geschäft und Klimaschutz
von Anja Kollruß
mit Video
Deutsch-indische Kooperation:Verhilft Indien der Welt zur Energiewende?
Andreas Stamm, Gujarat