Phosphor als lebenswichtige Ressource: So abhängig sind wir

    Begehrter Rohstoff:Phosphor als lebenswichtige Ressource

    von Birgit Hermes
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    Phosphor ist für das Leben unverzichtbar. Doch sein Vorkommen ist nicht gleich über die Erde verteilt. Ein nachhaltigerer Umgang mit diesem Stoff ist daher notwendig.

    Eine Person hält Phosphor-Dünger in den Händen
    Phosphor wird tonnenweise abgebaut und massiv in der Landwirtschaft als Dünger eingesetzt. Doch die weltweiten Reserven schwinden. Foscher setzen deshalb auf Recycling.03.11.2020 | 6:17 min
    Phosphor ist Teil der Erbsubstanz und spielt etwa im Energiestoffwechsel von Lebewesen eine bedeutende Rolle. Pflanzen müssen ihn als im Wasser gelöstes Phosphat über den Boden, Tiere und Menschen mit der Ernährung aufnehmen.
    In einem natürlichen Kreislauf, in dem Bäume, Sträucher und Co. wachsen, absterben und verrotten, wird Phosphor ins Erdreich rückgeführt und steht den Gewächsen wieder zur Verfügung. Auch über Dung und Mist gelangt der Stoff in die Natur zurück.
    Dieses "Phosphor-Recycling" wird in der Landwirtschaft jedoch durch das Ernten der Ackerfrucht durchkreuzt. Deshalb muss Phosphor mit dem Düngemittel zugesetzt werden.

    Verbrauch, Produktion und Reserven

    In Deutschland ist der Verbrauch von Phosphatdünger seit 2014 zwar tendenziell gesunken: Er lag 2022/2023 bei rund 116.000 Tonnen gegenüber 301.000 Tonnen in 2014/2015. Mit der wachsenden Erdbevölkerung und Nahrungsmittelproduktion wird der globale Bedarf jedoch weiter steigen. Im Jahr 2023 wurden weltweit etwa 220 Mllionen Tonnen Phosphatgestein aus Minen gefördert. Dabei war China mit 90 Millionen Tonnen vor Marokko und den USA der größte Produzent.
    Phosphatdünger in der Landwirtschaft
    ZDFheute Infografik
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    Sogenannte Reserven finden sich in Marokko, der Westsahara und China.

    Als Reserven gelten in der Regel die Rohstoffmengen einer Lagerstätte, die unter den derzeitigen Marktbedingungen mit der heute verfügbaren Technologie wirtschaftlich gewonnen werden können, d. h. bauwürdig sind.

    Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR)

    Die Reserve sei eine dynamische Größe, die mit der Verfügbarkeit des Rohstoffs und dem Preis variieren könne. "In Jahren mit hohen Rohstoffpreisen und knappen Rohstoffen wird viel exploriert und so manches neue Vorkommen wird entdeckt und eventuell in Produktion gebracht." Sei hingegen genügend Rohstoff auf dem Markt, sinke der Preis und es werde nicht nach neuen Vorkommen gesucht.

    Phosphor als kritischer Rohstoff

    Verschiedene Datenquellen bezifferten die globalen Reserven auf etwa 52 - 92 Milliarden Tonnen Phosphatgestein. Wie lange sie reichen, ist unklar. Laut Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gehen Schätzungen von 50 bis 200 Jahren aus.

    • Landwirtschaft: Rund 90 Prozent des Phosphors wird für die Herstellung von Phosphatdünger verwendet.
    • Industrie: zur Herstellung von Korrosionsschutz-, Flammschutz- und Reinigungsmitteln. Feuerwerkskörpern und Reibeflächen von Streichholzschachteln.
    • Nahrungsmittelindustrie: Phosphate kommen in industriell hergestellten Lebensmitteln als Stabilisatoren Binde- , Backtrieb-, Trenn-, Konservierungs-  und Säuerungsmittel zum Einsatz. Verbraucher können sie auf der Zutatenliste nachlesen, wie etwa Natriumphosphat (E339). Die von einem gesunden Menschen pro Tag aufgenommene Menge sollte 40 mg Phosphor pro kg Körpergewicht nicht überschreiten. Eine erhöhte Aufnahme führt zu Gefäßverkalkung und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

    Die EU stufe Phosphatgesteine und Phosphor jedoch nicht wegen der globalen Menge als kritisch ein, so die BGR. Ausschlaggeben sei vielmehr "die momentane Konzentration der Reserven und der Phosphatgesteinsgewinnung in Ländern mit erhöhtem Länderrisiko, allen voran China, Marokko, untergeordnet auch Russland." Schließlich sei die EU bei Phosphatgesteinen und Phosphor weitgehend auf Importe angewiesen.

    Importabhängigkeit mit Recycling vermindern

    Großes Potenzial sehen Experten in der Rückgewinnung von Phosphor aus Klärschlamm. Denn jeder Mensch scheidet täglich etwa 1,8 Gramm Phosphor aus, der zusammen mit Phosphor aus Reinigungsmitteln in die Kläranlagen gelangt.
    "Wenn die gesamte Menge des in Deutschland anfallenden Klärschlamms aus der öffentlichen Abwasserbehandlung in Höhe von rund 1,7 Millionen Tonnen Trockenmasse einer Phosphorrückgewinnung zugeführt wird, lassen sich daraus rund 50.000 Tonnen Phosphor gewinnen.", erklärt der Verein "Deutsche Phosphor-Plattform" (DPP), der Kläranlagen-Betreiber berät.
    Leere Bierflaschen auf einem Fließband in einer Brauerei.
    Wir leben in einer Wegwerfgesellschaft. Rohstoffe und Nahrungsmittel werden immer teurer. Ihre Erzeugung und Verarbeitung geht oft mit Umweltschäden einher. Aber es geht anders.21.07.2024 | 29:45 min

    Kläranlagen zur Rückgewinnung verpflichtet

    Ab 2029 seien - mit gewissen Ausnahmen - alle Kläranlagen, deren Klärschlamm mindestens zwei Prozent Phosphor in der Trockenmasse enthalten, zur Phosphor-Rückgewinnung verpflichtet. "Die Kosten für die Phosphorrückgewinnung können", so der DPP "zukünftig über die Abwassergebühren auf den Bürger umgelegt werden."
    Nur noch Kläranlagen unter 50.000 Einwohnerwerten - einer Kennzahl, die die Schmutzfracht angibt - dürfen auch zukünftig ihren Klärschlamm auf Äckern ausbringen. Größeren Anlagen ist dies nicht gestattet, um einer möglichen Belastung mit Schadstoffen, etwa Schwermetallen und Plastik, vorzubeugen.

    Pssst: Hier gibt es mehr zum stillen Ort