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Textilindustrie:Mikroplastik aus der Waschmaschine
von Leonie Sontheimer
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Von der Tiefsee bis zur Muttermilch - Mikroplastik ist überall. Die winzigen Partikel stammen aus Autoreifen, Verpackungsmüll und Kleidung. Was tut die Textilindustrie dagegen?
Plastik ist überall, auch in den Ozeanen. adidas bewirbt einen teilweise aus Meeresplastik gefertigten Schuh. Das große Ding in Sachen Nachhaltigkeit oder nur Greenwashing?07.04.2024 | 29:10 min
Plastik ist allgegenwärtig. Als Verpackung von Lebensmitteln, verarbeitet in fast allen Geräten des täglichen Gebrauchs und in Form von Kleidung direkt auf unserer Haut: Das am meisten verwendete Material für Kleidung ist nicht mehr Baumwolle, sondern synthetische Fasern wie Polyester. Das Problem: Wenn wir diese Kleidung in der Maschine waschen, lösen sich klitzekleine Fasern und gelangen über das Abwasser in die Umwelt.
Als Mikroplastik werden Plastikstücke bezeichnet, die kleiner als fünf Millimeter groß sind. Die Fragmente stellen diverse Probleme für Ökosysteme dar, besonders im Meer. Etwa 1,5 Millionen Tonnen Mikroplastik gelangen pro Jahr in die Meere. Auf alle Menschen umgerechnet sind das pro Kopf circa 200 Gramm. Sogar am Nordpol wurde Mikroplastik nachgewiesen - teils in hohen Konzentrationen.
Das meiste Mikroplastik kommt aus der Zersetzung von Plastikmüll, der global gesehen immer noch zu großen Teilen in der Umwelt endet. Doch auch die Abnutzung von Reifen beim Autofahren trägt maßgeblich zur Entstehung von Mikroplastik bei. Ebenso gehört der Abrieb von Schuhsohlen zu den Top Ten der Mikroplastikquellen. Und: Der Faserabrieb beim Waschen synthetischer Kleidung.
Die Osterinsel, ein abgelegener Ort – doch vor einer Plage auch nicht gefeit. Angespültes Plastik bedroht die lokale Tierwelt. Der Kampf einer Insel, nicht zur Müllkippe zu werden.04.04.2024 | 3:02 min
Mikroplastik sogar am Nordpol nachgewiesen
Forscher*innen des Alfred-Wegener-Instituts haben in den letzten Jahren Mikroplastik im Meereis, im Wasser, in Algen und am Meeresboden der Arktis nachgewiesen.
Die kleinen Fragmente belasten die Ökosysteme, indem sie zum Beispiel das Sonnenlicht abfangen, das Algen für die Photosynthese benötigen. Auch auf den Klimawandel könnte Mikroplastik im arktischen Eis eine verstärkende Wirkung haben, indem es mehr Sonnenlicht absorbiert und das Eis schneller schmelzen lässt. "Hier gibt es dringenden Forschungsbedarf", sagt Bergmann.
Jedes Jahr gelangen mehr als 11 Millionen Tonnen Plastikmüll in die Ozeane. Es bilden sich riesige Müllstrudel und mit der Zeit entsteht Mikroplastik.04.04.2024 | 0:41 min
Die Antwort der Industrie auf die Verbreitung von Plastik und Mikroplastik ist: Recycling. Inzwischen setzen auch immer mehr Textilunternehmen auf recyceltes Polyester. Ganz vorn dabei: Adidas. Der Sportartikelhersteller hat 2018 verkündet, bis 2024 nur noch recyceltes Polyester zu verwenden. Laut Geschäftsbericht lag der Anteil 2023 bereits bei 99 Prozent.
Führt Recycling zu mehr Mikroplastik?
Verliert ein T-Shirt aus recyceltem Polyester mehr kleine Fasern, als ein T-Shirt aus neuem Polyester? Studien legen das nahe, denn sie zeigen, dass der Recyclingprozess die Fasern schwächt. Doch Tests, die das Microfibre Consortium (TMC) durchgeführt hat, haben bei mechanisch recyceltem Polyester zu keiner größeren Auswirkung auf die Fragmentierung hingewiesen. Das Microfibre Consortium ist eine Umwelt-NGO, die Forschung und Textilindustrie in Fragen von Mikrofasern zusammenbringt.
Erklärtes Ziel bis 2030 ist "zero impact", also keine Auswirkung von Faserfragmentierung aus Textilien für die Umwelt. Unterzeichnet haben diese Selbstverpflichtung unter anderem Adidas und C&A.
Fußballtrikot verliert 68.000 Mikrofasern
2022 ist das Fußball-Nationaltrikot von Adidas bei einem unabhängigen Mikrofaser-Test jedoch negativ aufgefallen. Laut einer Recherche der "Zeit" und des Medien-Startups Flip sonderte das Trikot bei den ersten fünf Wäschen im Schnitt 68.000 Mikrofasern ab. Die neuen Nationaltrikots, die Adidas Mitte März vorgestellt hat, bestehen zu 100 Prozent aus recyceltem Polyester (Fan-Variante) beziehungsweise 60 Prozent (Spieler-Variante).
Der Weg zu "zero impact" von Mikrofasern dürfte für Adidas also noch lang sein. Vom Unternehmen heißt es dazu: "Als Teil unserer Nachhaltigkeitsbemühungen arbeiten wir intensiv daran, die Ursachen von Mikrofaserabrieb zu verstehen. Wir kooperieren seit mehreren Jahren mit Zulieferern und Branchenverbänden bei der Entwicklung geeigneter Testmethoden und betreiben eigene Forschung, um die Datengrundlage zu erweitern und das Phänomen besser zu verstehen."