Grüne Gentechnik: Wie die Landwirtschaft profitieren kann
Umstrittene Technologie:Klimawandelfolgen: Wie Gentechnik helfen kann
von Birgit Hermes
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Seit 20 Jahren müssen gentechnisch veränderte Lebensmittel gekennzeichnet werden. Verbraucher sind weiter skeptisch. Dabei kann Gentechnik gegen Folgen des Klimawandels helfen.
Bei Raps könnte der Einsatz von Gentechnik ein frühzeitiges Aufplatzen der Schoten verhindern.
Quelle: Imago
Die Mehrheit der Bevölkerung lehnt gentechnisch veränderte Lebensmittel weiterhin ab. Daran haben auch die wissenschaftlichen Errungenschaften im Bereich der Gentechnologien nichts geändert. Crispr/Cas9 etwa ist eine solche Technologie.
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Ihre Entwicklung - 2020 mit dem Nobelpreis für Chemie geehrt - gilt in der Wissenschaftswelt als Revolution, mit dem Potenzial, die Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion zu verbessern, so Professor Andreas Houben vom Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung.
Mit Crispr/Cas wird die klassische Züchtung zwar nicht ersetzt. Diese Methode kann aber zur Beschleunigung des Züchtungsprozesses eingesetzt werden.
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Andreas Houben, Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung
Was ist Crispr/Cas9?
Umgangssprachlich wird Crispr/Cas9 oft "Genschere" oder "molekulares Skalpell" genannt. Diese Bezeichnungen tragen der Tatsache Rechnung, dass dieses Werkzeug das Erbgut schneiden kann. Und zwar so präzise und zielgenau, wie es bis dahin durch kein anderes Verfahren zu leisten war.
Forscher können damit Gene ausschalten, und an der Schnittstelle gegebenenfalls andere DNA-Abschnitte einfügen. Mit dem Ausschalten von Genen oder dem Einsetzen neuer DNA-Sequenzen können die Eigenschaften der Pflanzen verändert werden.
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Welche Vorteile hätte der Einsatz der Genschere in der Landwirtschaft?
Die Landwirtschaft steht vor großen Herausforderungen: Immer mehr Menschen müssen ernährt werden. Im Zuge des Klimawandels nehmen Hitzeperioden, Starkregen oder auch andere Wetterextreme zu.
Der zunehmende Einsatz von Pestiziden schadet der Artenvielfalt; gegen Viren, Bakterien und Pilze wären resistente Nutzpflanzen also wünschenswert. Crispr/Cas hätte das Potenzial, zur Lösung der Probleme beizutragen.
Wo wurde die Genschere bereits eingesetzt?
Beim Weizen etwa gibt es keine Resistenz gegen den Mehltau-Pilz. Wegen der hohen Komplexität des Weizengenoms ist es der konventionellen Pflanzenzüchtung bislang auch nicht gelungen, eine solche beim Weizen hervorzubringen. Mit der Genschere aber konnten Forscher im Weizen ein bestimmtes Gen inaktivieren und damit die Resistenz gegen Mehltau herstellen.
Mit Hilfe von Crispr konnte die sogenannte Platzfestigkeit von Rapsschoten erhöht werden. Damit wird verhindert, dass die Schoten noch vor oder während der Ernte aufplatzen und die Samenkörner dem Ertrag verloren gehen.
Warum nützt Gentechnik bei Klimawandelfolgen?
Die Resistenz gegenüber abiotischen Faktoren, also Vorgängen, an denen Lebewesen nicht beteiligt sind, wie etwa Trockenheit, Hitze oder Salzkonzentration, spielen wiederum in der Vorbereitung auf den Klimawandel eine wichtige Rolle. Diese in die Kulturpflanze einzuführen, ist jedoch ein aufwändiger Prozess.
In der Regel sind mehrere Gene an solchen komplexen Merkmalen beteiligt und somit müssen mehrere Gene angepasst werden.
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Andreas Houben, Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung
"Trotzdem gibt es international bereits zirka achtzig Publikationen", erklärt Andreas Houben, "in denen erfolgreich die Stresstoleranz gegen abiotische Faktoren verbessert wurde. Federführend ist China."
Die Internetseite von EU-SAGE, einem Netzwerk, dem sich Wissenschaftler*innen von 134 europäischen Pflanzenforschungsinstituten angeschlossen haben, listet viele weitere Beispiele auf.
Welche Risiken gibt es?
Fragwürdige Entwicklungen, die mit Hilfe von Crispr hergestellt worden sind, bleiben indes nicht aus. So etwa die sogenannte Gaba-Tomate mit einem deutlich erhöhten Gehalt an Gamma-Aminobuttersäure, einem Botenstoff im Gehirn. Der Verzehr der Tomate soll beruhigend wirken. Laut Testbiotech.org wurden die ersten Exemplare dieser Tomate in einem japanischen Supermarkt gesichtet.
Gentechnisch veränderte Organismen (GVO), die als oder in Lebensmitteln verwendet werden
Lebensmittel, die GVO enthalten oder aus solchen bestehen
Lebensmittel, die aus GVO hergestellt werden oder Zutaten enthalten, die aus GVO hergestellt werden
Lebensmittel, die nur mit Hilfe von GVO hergestellt werden. Das trifft zum Beispiel auf Lebensmittel aus oder von Tieren zu, die gentechnisch verändertes Futter erhielten, wie etwa Milch.
Technische Hilfsstoffe aus GVO, die nur während der Herstellung verwendet werden und nicht im Lebensmittel verbleiben; beispielsweise Bier, für dessen Herstellung gentechnisch veränderte Hefe verwendet und dann wieder entfernt wird.
Lebensmittelzutaten, die bis zu 0,9% Material aus GVO enthalten. Der Schwellenwert trägt der Tatsache Rechnung, dass im Herstellungsprozess Verunreinigungen auftreten können.
Im Vergleich zur konventionellen Züchtung, bei der in einem als Mutagenese bezeichneten Prozess Mutationen durch Chemikalien provoziert werden, um so - hoffentlich - die gewünschten Eigenschaften zu erhalten, sieht Andreas Houben kein erhöhtes Risiko.
Mit der klassischen Mutagenese werden im Erbgut zufällig Mutationen ausgelöst. Die meisten davon sind neutral, nur wenige negativ und sehr wenige positiv.
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Andreas Houben, Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung
Mit Crispr/Cas könnten im Unterschied dazu, Mutationen an vorher definierten DNA-Abschnitten präzise ausgelöst, und damit der Züchtungsprozess deutlich verkürzt werden.
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Gesetzeslage in Deutschland schränkt Forschung ein
Ungeachtet dessen halten sich die Vorbehalte gegenüber der Methode beharrlich, und die aktuelle Gesetzeslage schränkt deren Weiterentwicklung und Anwendung in Deutschland ein.
Das jetzige Gentechnikgesetz behindert in Deutschland den Einsatz der CRISPR/Cas-Technologie in der praktischen Pflanzenzüchtung so, dass sich das Potenzial dieser Methode noch nicht voll entfalten konnte.
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Prof. Dr. Andreas Houben
Ganz anders auf der internationalen Bühne. Von dort würden täglich neue CRISPR/Cas-Anwendungen - ob in der Landwirtschaft, Medizin und anderen Bereichen - berichtet.
Birgit Hermes ist Redakteurin der ZDF-Umweltredaktion
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