Das klimaschädliche Lachgas steigt in der Atmosphäre an - auch durch das Düngen in der Landwirtschaft
Quelle: dpa/Brunno Covello
Die Konzentration von Lachgas in der Atmosphäre steigt. Nach Kohlendioxid und Methan ist es das drittwichtigste Treibhausgas. Zwar ist der Ausstoß von Lachgas viel geringer, die klimaschädliche Wirkung aber 273-fach höher als die von CO2. Es verbleibt sehr lange in der Atmosphäre, deutlich mehr als 100 Jahre, und zerstört obendrein die Ozonschicht.
Besonders beunruhigend: Der Lachgas-Anstieg in der Atmosphäre beschleunigt sich. Den bisher stärksten je gemessenen jährlichen Anstieg fand man in den Jahren 2020 und 2021.
Rasanter Anstieg seit 1980
Bis zum Beginn der Industrialisierung war der Anteil in der Atmosphäre recht konstant, zumindest während der letzten 800.000 Jahre. Das belegen Eisbohrkerne. Noch im Jahr 1750 lag die Konzentration von Lachgas bei 270 pro einer Milliarde Teilchen (ppb - parts per billion). 1980 waren es bereits 301 ppb und 2020 schon 333, in 2021 dann 336. Das macht gegenüber der vorindustriellen Zeit ein Plus von rund 25 Prozent. Die Hälfte des Anstiegs entfällt allein auf die letzten 40 Jahre. Haupttreiber ist die Landwirtschaft.
Zu diesem Ergebnis kommt eine umfassende
Studie für das Global Carbon Project, die unter der Leitung des Boston College in den
USA durchgeführt wurde. Die Studie untersucht im Kern den Zeitraum zwischen 1980 und 2020. 58 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 15 Ländern waren beteiligt.
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Problemfall Landwirtschaft
Lachgas (N2O) ist eine Stickstoffverbindung, die beispielsweise in der Medizin als Narkosemittel eingesetzt wird. Vor allem aber entsteht N2O in der Landwirtschaft durch die Anwendung von Kunstdünger und Gülle; in der Industrie durch fossile Brennstoffe, Abwässer aus Kläranlagen und die Verbrennung von Biomasse.
Diese anthropogenen - also menschenverursachten - Lachgas-Emissionen (2020: 6,7 Mio. Tonnen) sind laut Studie zwischen 1980 und 2020 um 40 Prozent gestiegen. 74 Prozent gehen laut Studie direkt oder indirekt auf die Landwirtschaft zurück.
Junge Ideen für die Landwirtschaft: Peter Meedendorp arbeitet im elterlichen Ackerbau-Betrieb. Er ist Präsident von CEJA, einem Forum junger Landwirte in Europa. 28.05.2024 | 2:34 min
China ist der größte Emittent
Schaut man auf die Regionen, so ist der Ausstoß in Europa, dem einstigen Hauptemittenten, seit 1980 um 31 Prozent gesunken. Dieser Fortschritt fand vor allem bei fossilen Brennstoffen und industriellen Prozessen statt. Auch in der Landwirtschaft kam es zunächst zu einer Reduktion der Lachgas-Emissionen, die zuletzt aber stagnierte.
Besonders in
China, seit den 2010er-Jahren Hauptemittent (+82 Prozent), und Südasien (+92 Prozent) hat sich der N2O-Ausstoß seit 1980 fast verdoppelt. Hauptverursacher auch hier: die Landwirtschaft.
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Overkill in der Stratosphäre
Insgesamt macht der vom Menschen verursachte Lachgas-Ausstoß lediglich 35 Prozent der Gesamtemissionen aus. Die verbleibenden 65 Prozent entstehen auf natürliche Weise: Sie entweichen aus Böden und dem Ozean. Mit der Zeit wird das N2O in der Stratosphäre wieder abgebaut - durch chemische Reaktion mit Ozon. Die Folge: weniger Lachgas, weniger Ozon. Die Stratosphäre fungiert also als Senke. Das Problem dabei: Der wachsende menschengenmachte Anteil an den Emissionen überfordert die Abbau-Fähigkeit der Stratosphäre.
Der Anstieg in der Atmosphäre übersteigt laut Studie die bisherigen Prognosen und Modellrechnungen. Mit Blick auf die Einhaltung der Klimaziele betonen die Autorinnen und Autoren die Dringlichkeit zum Handeln. "Die Reduzierung der Lachgas-Emissionen ist die einzige Lösung", betont Hanqin Tian, Hauptautor der Studie, "da es derzeit keine Technologien gibt, Lachgas aus der Atmosphäre zu entfernen."
Adam Krupp ist Biobauer im saarländischen Perl. Er hat bei der Umstellung auf Bio seine Produktion halbiert und bereut es nicht. Er sagt, es brauche ein Umdenken, um ökologische Landwirtschaft großflächig zu etablieren.30.03.2024 | 3:43 min
Dies bedeutet vor allem einen sparsameren Umgang mit Stickstoffdünger. Denn was die Pflanzen nicht aufnehmen können, trägt am Ende zum N2O-Anstieg in die Atmosphäre bei.
Während sich die Lachgas-Konzentration in der Atmosphäre präzise messen lässt (Top-down-Ansatz), ist die Ermittlung der Emissionen schwierig (Bottom-up-Ansatz). Daher ergibt sich bei den Emissionswerten eine relativ große Unsicherheits-Spanne. Trotzdem ergänzen und bestätigen sich beide Ansätze im Ergebnis ziemlich genau. Für die Zukunft dringen die Autoren der Studie auf den Aufbau eines globalen Monitoring-Netzwerkes für Lachgas-Emissionen. So könnten die Prognosen verbessert werden.