Neue Hangrutsche: Warum an der Küste die Klippen bröckeln
DDR-Bunker ins Meer gerutscht:Warum an der Ostsee die Klippen bröckeln
von Tobias Bluhm und Alina Reissenberger
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Jahrelang zählte der DDR-Bunker an einem Hang in Ahrenshoop zu den beliebtesten Sehenswürdigkeiten der Ostsee - nun ist der Bau abgerutscht. Ein Experte ordnet das Phänomen ein.
Quelle: Stefan Sauer/dpa
Er war eines der beliebtesten Fotomotive von Strandspaziergängern zwischen den Ostseebädern Ahrenshoop und Wustrow: der ehemalige DDR-Überwachungsbunker. Nun ist der Beton-Bau allerdings auf den Strand abgerutscht.
Wie Bürgermeister Benjamin Heinke (CDU) erklärte, gab der Hang am Wochenende dem Gewicht des massiven Bauwerks nach. "Wir hatten schon seit Längerem damit gerechnet und den gefährdeten Küstenabschnitt abgesperrt. Der anhaltende Regen der letzten Wochen hat den Vorgang nun wohl beschleunigt", sagte Heinke.
Überwachungsanlage einst von NVA genutzt
Der nun abgerutschte Bunker war Teil einer größeren Anlage, die die Nationale Volksarmee Ende der 1950er Jahre errichten ließ, um das Geschehen auf der Ostsee zu überwachen. Das etwa 15 Meter hohe Kliff an der Westküste der Halbinsel Fischland-Darß-Zingst bot topografisch dafür beste Voraussetzungen.
Der DDR-Bunker war jahrelang ein beliebtes Fotomotiv. Jetzt liegt der Beton-Klotz seitlich auf dem Strand.
Quelle: Stefan Sauer/dpa
Böden sind aufgeweicht
Schon seit mehreren Wochen hatte das Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommerns vor dem Betreten der Steilküsten gewarnt. Durch starke Regenfälle und Sturmhochwasser seien die Böden feucht und aufgeweicht.
Infolge dieser Küstenerosion wurde die Anlage im Laufe der vergangenen Jahrzehnte unterspült. Einige Teile der Bunkeranlage waren bereits vor Jahren ins Meer gestürzt. Der Uferweg ist bei Touristen sehr beliebt, musste aus Sicherheitsgründen an mehreren Stellen aber bereits verlegt werden.
Abbrüche an gesamter Ostseeküste
Auch auf der Insel Poel wurden jüngst Wanderwege landeinwärts verschoben. In Travemünde brach im Februar zudem ein großes Stück der Brodtener Steilküste ab. Auch hier waren wochenlange Regenfälle die Ursache für die Hangrutsche.
Vor kurzem brach in Travemünde wieder ein großes Stück der Brodtener Steilküste ab – direkt vor dem Haus "Seeblick". 13.02.2024 | 1:47 min
Dass Küsten abbröckeln, sei "ganz normal", ordnet Professor Christian Winter ein. Der Küstengeologe der Universität Kiel sagt dem ZDF: "Das ist der natürliche Zustand. Ein Kliff ist nur ein Kliff, weil es abbröckelt oder abrutscht."
Meist geschehe dies durch Wellenschlag bei hohen Wasserständen - ein Effekt, der durch den Klimawandel und steigende Meeresspiegel verstärkt wird.
Das Sturmtief "Sabine" spülte auf der Nordseeinsel einen Großteil des Badestrands weg. Die Wangerooger befürchten erhebliche Einbußen, wenn die Schäden nicht rechtzeitig behoben werden. Denn die Insel lebt vom Tourismus, jedes Jahr kommen 140.000 Gäste. 22.02.2020 | 3:02 min
Experte erwartet keine Abbrüche in naher Zukunft
Der jährliche Rückgang liege im Schnitt 50 bis 100 Zentimetern pro Jahr - allerdings in einzelnen Bruchstücken und nicht kontinuierlich. Einen weiteren Abbruch in Ahrenshoop, Poel oder Travemünde erwarte er deshalb nicht in unmittelbarer Zukunft.
Zum Problem werde dieses Phänomen ohnehin erst, "wenn man die Küste bebaut, besiedelt und nutzt. Dann hat der Mensch ein Problem, die Küste nicht", so der Experte.