Klimawandel: Warum mehr Infektionskrankheiten drohen

    Folgen des Klimawandels:Warum mehr Infektionskrankheiten drohen

    von Andreas Ewels
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    Immer mehr dringt das Thema Klimawandel in alle Lebensbereiche ein. Wovor Forscher seit Jahren warnen, ist nun Realität: Die Gefahr neuer Infektionskrankheiten hat sich erhöht.

    Eine Krankenschwester betrachtet zwei Abstrichröhrchen.
    Der Klimawandel begünstigt auch die Ausbreitung von bisher in unseren Breiten unbekannten Infektionskrankheiten. (Archivbild)
    Quelle: dpa

    Die wohl bekannteste Überträgerin von Infektionskrankheiten ist die Mücke, besonders die Tigermücke, und genau darauf ist Dr. Stephanie Thomas spezialisiert. Wenn sie die aktuelle Lage analysiert, kann das Ergebnis erschüttern:

    Wir stellen fest, dass unsere vor zehn Jahren entwickelten Risikomodelle zur möglichen zukünftigen Ansiedlung der Asiatischen Tigermücke unter Klimawandelbedingungen schon längst von der Realität eingeholt wurden.

    Stephanie Thomas, Ökologin

    Ihrer Meinung nach geht es nicht mehr darum, sich für die Zukunft aufzustellen, sondern direkt zu handeln. Seit mehr als 15 Jahren forscht die Ökologin von der Universität Bayreuth zu Stechmücken und den von ihnen übertragenen Krankheiten, wie Chikungunya, Dengue, Zika, West-Nil-Fieber und Usutu.
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    Gute Bedingungen für neue Krankheitsüberträger

    Dabei, so erklärt sie, hat sich die Gefahr neuer Infektionskrankheiten auf zwei Weisen erhöht. Zum einen begünstigen die milden Winter und warmen Sommer die Ansiedlung neuer Krankheitsüberträger wie Stechmücken und Zecken, für die bisher die klimatischen Bedingungen in Deutschland nicht ideal waren. Einige davon können Pathogene wie das Dengue-, Chikungunya- oder Krim-Kongo-Virus übertragen.
    Zum anderen verkürzen dauerhaft hohe Temperaturen, die Zeit, die die Viren zur Entwicklung im Krankheitsüberträger benötigen, um von diesem wieder übertragen zu werden. Dies kann auch bekannte und weit verbreitete Stechmücken zum Überträger neu eingebrachter Pathogene werden lassen, wie zum Beispiel dem West-Nil-Virus.
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    Problem: Fehlende Zusammenarbeit bei Daten

    Das Hauptproblem: Es fehlt an fachübergreifender Zusammenarbeit. Gerade deshalb fordert Stephanie Thomas:

    Die Zusammenführung wichtiger Daten zu Stechmücken und Krankheitsfällen an zentraler Stelle ist aus meiner Sicht wichtig und wird in der Schweiz bereits so gehandhabt.

    Stephanie Thomas, Ökologin

    Stephanie Thomas
    Quelle: Pressestelle der Uni Bayreuth

    ... studierte Geoökologie an der Universität Bayreuth. Seit mehr als 15 Jahren forscht sie zu Stechmücken und den von diesen übertragenen Krankheiten. Ihr Ziel: die Zusammenhänge zwischen biologischer Vielfalt, Klimawandel und der Gesundheit von Menschen und Tieren besser zu verstehen.

    Diese Themen bringt sie auch in die Lehre der Masterstudiengänge "Global Change Ecology" und "Environment, Climate Change and Health" an der Universität Bayreuth ein. Aktuell arbeitet sie zusammen mit über 180 Kollegen am IPBES-Bericht zu Verknüpfungen zwischen Biodiversität, Wasser, Nahrung und Gesundheit ("Nexus"), der im Dezember dieses Jahres von den über 140 Mitgliedsländern verabschiedet werden soll.

    Eine genaue Datenerfassung ist allerdings nicht immer leicht. Beispiel: West-Nil-Fieber. Hier zeigt laut Robert-Koch-Institut nur einer von 100 Infizierten Symptome und nur eine von 100 Personen erkrankt daran schwer. Zudem werden Fälle nicht richtig diagnostiziert. Dies kann besonders für alte Menschen und Menschen mit einer Immunschwäche dramatische Folgen haben.
    Und natürlich sind es nicht nur Mücken, die Infektionskrankheiten übertragen können. Besonders Zecken bilden in Deutschland eine große Gefahr, aber auch Fledermäuse. Selbst Wasserbezogene Infektionen und Mykosen, also durch Pilze verursachte Infektionskrankheiten, könnten durch den Klimawandel zunehmen. Zu allen Bereichen wird aktuell am RKI geforscht.
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    West-Nil-Virus auf dem Vormarsch

    Als aktuell größeres Problem fällt Stephanie Thomas besonders das West-Nil-Virus auf. Es wurde erstmals 2018 für Deutschland beschrieben und hat sich vor allem in Ostdeutschland inkl. Berlin überraschend schnell etabliert. "Wir erwarten aufgrund unseres epidemiologischen Models eine weitere Ausbreitung vor allem in Baden-Württemberg und in Teilen von Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen", erklärt Stephanie Thomas.
    Sollten die klimatischen Entwicklungen so weitergehen, dann kommen auf Deutschland noch weitere, bisher seltene Krankheiten zu. Das bekannte Dengue-Virus wurde zwar bisher noch nicht in Deutschland vor Ort durch die Asiatische Tigermücke übertragen, doch lassen die Nachrichten aus Norditalien im letzten Jahr mit 42 lokal erworbenen Fällen (Stand 3. Oktober 23) im Gebiet der Lombardei aufhorchen.
    Das Chikungunya-Virus, dies die gute Nachricht, wurde in Deutschland noch nicht übertragen. Allerdings, da ist sich Stephanie Thomas sicher, ist dies - durch die immer höher werdende Populationsdichte der Tigermücke - nur noch eine Frage der Zeit.
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    Umgang mit neuen Infektionskrankheiten

    Einen allumfassenden Schutz vor den neuen Krankheiten gib es nicht. Sicher, man kann mückensichere Kleidung tragen, zeckenverseuchte Gebiete meiden und andere Vorsichtsmaßnahmen treffen. Stephanie Thomas denkt jedoch schon einen Schritt weiter.
    Sie sieht eine große medizinische Aufgabe in der Aus- und Weiterbildung von Ärztinnen und Ärzten bei den neuen Infektionskrankheiten: "Diese müssen auf die aktuellen Herausforderungen angepasst werden, schließlich sind dies die wichtigsten Personen, die im Falle eines Falles die richtige Differentialdiagnose stellen müssen."

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