Warum Klimaschutz kontaminiert ist | Terra-X-Kolumne

    Kolumne

    Terra X - die Wissens-Kolumne:Warum Klimaschutz kontaminiert ist

    von Lea Dohm
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    Die Notwendigkeit zu mehr Klimaschutz ist längst Konsens. Doch warum polarisiert das Thema so? Wie Gruppendenken und Parteienlogik den Diskurs beeinflussen - und was helfen kann.

    Terra X - Die Wissens-Kolumne: Lea Dohm

    Der Erhalt unserer Lebensgrundlagen, Sicherheit und Gesundheit sind übergeordnete Ziele für alle Menschen. Warum ist Klimaschutz also überhaupt streitbar und diskussionswürdig und wird nun im Wahlkampf zur Bundestagswahl vielfach wissend ausgeschwiegen?
    Und warum droht bei diesem Thema sogar eine Spaltung selbst zwischen den demokratischen Parteien? Immerhin ist eine ausreichende Begrenzung der Erderhitzung Voraussetzung für mindestens alle drei im ersten Satz genannten, systemrelevanten und lebenswichtigen Themenbereiche.

    In der Terra-X-Kolumne auf ZDFheute beschäftigen sich ZDF-Wissenschaftsjournalistinnen und -journalisten wie Harald Lesch, Mirko Drotschmann und Jasmina Neudecker sowie Gastexpert*innen jeden Sonntag mit großen Fragen der Wissenschaft - und welche Antworten die Forschung auf die Herausforderungen unserer Zeit bietet.

    Es gibt verschiedene Antworten auf diese Frage. Ein Grundproblem ist, dass viele Menschen Klimaschutz als ein "linkes" oder "grünes" Thema einordnen und eben nicht als partei- und ideologieübergreifendes Ziel von uns allen.
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    Die Rolle von Gruppendenken im Klimadiskurs

    Prof. Dan Kahan von der Universität Yale erforscht, wie es ein Merkmal einer Gruppe sein kann, einen bestimmten Sachverhalt (nicht) zu glauben oder eine Risikowahrscheinlichkeit als gering oder hoch zu empfinden. Er sagt: Wenn wir zu einer Gruppe dazu gehören möchten, wollen wir das eher nicht durch ein Abweichen von der Gruppenmeinung gefährden. Wir glauben dann also lieber das, was auch unsere Gruppe glaubt. Hält unsere Bezugsgruppe den Klimawandel zum Beispiel für ungefährlich, dann vertreten wir das mit höherer Wahrscheinlichkeit auch selbst.
    Dieser Effekt, die sogenannte Kontamination von Fakten durch soziale Bedeutungen, besteht unabhängig von wissenschaftlichen Fakten und auch unabhängig von unserem Bildungshintergrund. Intelligente Menschen können sogar noch stärker von ihm betroffen sein. Sie verwenden dann ihre intellektuellen Fähigkeiten, um die aus der Gruppenzugehörigkeit entstandene Meinung zu rechtfertigen. "Hier wackelt der Schwanz der Gruppenwerte also mit dem Hund des Verstandes", beschreibt es Psychologe Dr. Fabian Chmielewski. Aus diesen Mechanismen können absurde Konflikte entstehen.

    Parteipolitik und die Klimakrise

    Solche Effekte zeigen sich beim Klima nun eben auch in der deutschen Parteienlandschaft. Man rückt nicht gerne vom Standpunkt der eigenen Partei ab, auch wenn die naturwissenschaftlichen Notwendigkeiten hinsichtlich Klimaschutz sowie der Beschluss, dass Deutschland 2045 klimaneutral sein soll, eine andere Grundhaltung und Debattenkultur nahelegen würden. Zumal die Klimakrise alle Menschen gefährdet, unabhängig von der Parteipräferenz.
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    Dekontamination: Der Weg zu einem sachlicheren Diskurs

    Was ist die Lösung? Es braucht so etwas wie Dekontamination. Es geht darum, die Fakten von den sozialen Bedeutungen zu trennen, um einen zielführenden, handlungsorientierten Diskurs über polarisierende Themen wie die Klimakrise und notwendige Schutzmaßnahmen führen zu können.
    Statt eines begrenzten Gruppendenkens brauchen wir Gemeinsinn. Dafür hilft zum Beispiel die Verständigung auf die oben genannten gemeinsamen Werte, die wir als Menschen teilen.
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    Klimaschutz als Menschheitsprojekt

    Es ist für uns alle, insbesondere aber für die Politik an der Zeit, Verantwortung zu übernehmen, parteiübergreifend konstruktive Gespräche auf Augenhöhe zu suchen. Mit Respekt füreinander, selbst dann, wenn wir die Haltung des Gegenübers für falsch halten. Klimaschutz ist kein "grünes" Projekt, er ist ein Menschheitsprojekt.
    Der nächste Schritt ist also das Anerkennen aller Parteien, dass wissenschaftsbasierte Politik gerade bei existenziellen Themen schlicht alternativlos ist. Für die beschriebenen absurden Konfliktlinien bleibt keine Zeit mehr. Es muss auf erwachsene Weise über Lösungen gesprochen werden und dabei darf es nicht länger um ein Verzögern oder Kleinreden, sondern nur noch um das Wie gehen.
    Dieser Text wurde verfasst unter Mitwirkung von Dr. Fabian Chmielewski.
    Grafik: Harald Lesch schwitzend vor Brandenburger Tor und Krankenwagen
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    ... ist Dipl.-Psychologin und Transformationsberaterin bei der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG) e.V. sowie Mit-Initiatorin der Psychologists for Future (Psy4F) e.V. Sie ist außerdem tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapeutin mit einiger klinischer Erfahrung und Fach- und Sachbuchautorin. Für Menschen, die sich verletzlich und nahbar zeigen können, hat sie große Sympathien.

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