Bildungsexperten: ChatGPT und Co. als "Denkwerkzeuge" nutzen
Bildungsexperten zu KI:ChatGPT und Co. als "Denkwerkzeuge" nutzen
von Luisa Houben
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Trotz falscher Antworten und rechtlicher Bedenken: Bildungsexperten plädieren für den Einsatz von KI-Tools wie ChatGPT in Universitäten und Schulen. Das sind ihre Vorschläge.
Laut Bildungsexperten der Kultusministerkonferenz hat Künstliche Intelligenz im Bildungsbereich großes Potenzial. Allerdings nur unter bestimmten Bedingungen.17.01.2024 | 1:33 min
68 Prozent der Schüler, Azubis und Studierenden nutzen ChatGPT oder andere KI-basierte Tools für ihre Hausaufgaben. Das ist das Ergebnis einer YouGov-Befragung von November 2023. Die KI hilft beim Recherchieren und Schreiben. Das ist einerseits praktisch. Andererseits gefährlich. Denn wer die KI die Aufgaben machen lässt, lernt selbst nicht. So die Befürchtung.
Doch die KI-Nutzung zu verbieten, davon raten Bildungsexpertinnen und -Experten ab. In einem Impulspapier für die Kultusministerkonferenz machen sie sechs Vorschläge, wie das Potenzial KI-basierter Sprachmodelle im Unterricht genutzt werden könnte:
ChatGPT und Co. einfach ausprobieren
Das Gremium plädiert für eine "Übergangsphase". Obwohl Urheberrechts- oder Datenschutzfragen noch ungeklärt sind und KI-Programme teils Vorurteile reproduzieren, sollen Lehrkräfte und Dozenten ChatGPT, Bing Chat oder andere KI-basierte Sprachmodelle ausprobieren.
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Ulrike Cress, Direktorin des Leibniz-Instituts und Mitglied der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission, sagt:
Das Gremium berät die Kultusministerkonferenz. Schwächen des Tools könnten Lehrkräfte mit Schülerinnen und Schülern besprechen. "Man kann der Klasse zum Beispiel die Aufgabe geben, Vorurteile in Antworten von ChatGPT zu finden und das Tool damit zum Thema machen."
Es sei wichtig, dass Schüler und Studierende sowie Lehrkräfte lernen, wie die Tools funktionieren und einen kritischen Umgang üben. Außerdem sollte das Fortbildungsangebot für Lehrkräfte und Lehrende an Hochschulen ausgebaut werden.
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Neue KI-Tools entwickeln
Damit KI-basierte Sprachmodelle im Unterricht zuverlässig eingesetzt werden können, schlägt die Kommission vor, neue Tools zu entwickeln. Diese müssten mit "qualitativ hochwertigen, fachspezifischen Daten trainiert werden" und sollten sich an Erkenntnissen der Lehr-Lernforschung orientieren.
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Regelmäßiger Einsatz ab der 8. Klasse
Die Expertinnen und Experten sprechen sich dafür aus, dass ChatGPT und Co. ab der 8. Klasse regelmäßig zum Einsatz kommen sollten, und zwar als Schreibunterstützung in allen Fächern. Die Tools könnten zum Beispiel dabei helfen, komplizierte Texte in einfache Sprache zu übersetzen, Ideen liefern für Aufsätze oder Rechenwege erklären.
Für Ulrike Cress ist dabei wichtig, dass man lernt, das Tool als "Denkwerkzeug" zu nutzen, zu lernen, wie es durch das richtige "Promting", also Fragen, qualitativ hochwertige Antworten liefert.
Um das zu üben, brauche es neue Aufgaben, bei denen es nicht darum geht, einen fertigen Text abzugeben, sondern den Denkprozess, der dahin führt, abzubilden.
In höheren Stufen und an Hochschulen könnten die KI auch eingesetzt werden, um Texte zu erstellen. Dies müsse stets gekennzeichnet werden.
Eine neue Prüfungskultur schaffen
Die große Gefahr von KI-Sprachmodellen sehen wohl viele darin, dass Schüler und Studierende sich Aufgaben nicht mehr selbst erarbeiten, sondern ChatGPT um Antwort bitten und somit eigenes Wissen vortäuschen könnten. Tatsächlich gibt es noch keine Tools, die diese Versuche zuverlässig entlarven könnten.
Wie KI für Fake-Bilder missbraucht wird
In ihrem Impulspapier plädieren die Expertinnen und Experten dafür, dass es zukünftig Prüfungsformate mit und ohne dem KI-Hilfsmittel geben sollte - vergleichbar mit dem Einsatz des Taschenrechners.
Prüfungen, in denen KI-Tools erlaubt sind, könnten zum Beispiel testen, ob Schüler und Studierende ChatGPT und Co. gut bedienen und einsetzen können. Dazu gehöre auch die Kompetenz, die Texte der KI kritisch zu hinterfragen. Denn nicht selten "halluziniert" ChatGPT und spuckt Antworten aus, die logisch klingen, aber falsch sind. Auch bei der Bewertung können KI-basierte Tools Lehrkräften helfen.
Prüfungen ohne KI-Einsatz müsse es weiter geben. "Schreiben ist eine Kulturtechnik, die jeder kennen muss", betont Cress.
Zugang für alle ermöglichen
Immer wenn ein neues, digitales Medium in den Klassenzimmern einzieht, profitieren vor allem die starken Schülerinnen und Schüler, betont Cress. Weil sie sich diese schneller zunutze machen und häufig technisch besser ausgestattet seien.
Mit der Verbreitung der KI-Tools bestünde die Gefahr, dass sich die schon bestehende Ungleichheit verschärft. Christine Streichert-Clivot (SPD), Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK) teilte dazu mit, dass die Chancen für alle zugänglich sein müssten. "Die dafür nötigen Grundkompetenzen frühzeitig in die Schulen zu bringen ist unsere gemeinsame Aufgabe als KMK."
Die Bildungsexperten schlagen in ihrem Papier vor, dass die Bundesländer Lizenzen für ihre Bildungseinrichtungen erwerben und damit Zugang gewähren.
Bildungsinteressen in den Mittelpunkt stellen
Ist es ok, ein Tool im Unterricht zu nutzen, das Urheberrecht verletzt? Oder Sexismus und Rassismus reproduziert? Weil sich Fragen wie diese stellen, plädiert das Gremium dafür, dass die KI-basierten Sprachmodelle in Lernplattformen integriert werden oder Alternativen entwickelt werden. Und zwar solche, deren Funktionen transparent sind und die frei erforscht werden könnten. Es müsse sichergestellt werden, dass "Bildungsinteressen gegenüber wirtschaftlichen Interessen gewahrt werden".