Wasserknappheit: Wie Bewässerungsysteme mit KI helfen sollen

    Hightech in Andalusien:KI spart Wasser für unser Gemüse

    von Antonia Schaefer
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    Der Süden Spaniens gilt als Gemüsegarten Europas. Doch die Landwirtschaft ist dort für 70 Prozent des Wasserverbrauchs verantwortlich. Wie KI den Verbrauch senken kann.

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    Weiße Plastikdächer bis zum Horizont: Die Region um Almería im südspanischen Andalusien wird auch als Plastikmeer bezeichnet - so nah reihen sich die Gewächshäuser aneinander. Rund ein Drittel von Spaniens Obst- und Gemüseexporten wird hier produziert. Ein großer Teil davon landet in unseren Supermärkten.

    Wasser ist in Südspanien zum Luxusgut geworden

    Das mediterrane Klima ist ideal für den Anbau, doch in den vergangenen Jahren haben die südspanischen Bauern immer mehr mit Wassermangel zu kämpfen. "Es ist beinahe ein Luxusartikel geworden", sagt Landwirt David Jímenez. In zwei Gewächshäusern baut er nahe Almería Paprika an. Schon sein Großvater war Gemüsebauer.
    18.04.2023, Spanien, Vilanova de Sau: Eine Pflanze wächst auf rissiger Erde, nachdem der Wasserstand im Sau-Stausee, etwa 100 km nördlich von Barcelona, gesunken ist.
    Während der Sommer hierzulande durchwachsen ist, ächzt der Süden Europas unter der Hitze. Durch die anhaltende Trockenheit macht sich vielerorts Wassermangel bemerkbar.03.08.2024 | 1:31 min
    Jímenez setzt seit Jahren auf moderne Tröpfchensysteme für eine effizientere Bewässerung, doch auch das reichte bei den Dürren der vergangenen Jahre nicht mehr aus:

    Wir entnehmen noch zu viel aus dem Grundwasser.

    David Jímenez, Landwirt

    Das ist ein Problem, weil damit zum Teil auch die Trinkwasserversorgung sichergestellt wird.
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    Die Tomate ist das Lieblingsgemüse der Deutschen. Der Großteil wird importiert. Doch mit dem Konsum wachsen auch die Probleme: Ausbeutung, Umweltzerstörung, Plastikflut.23.06.2024 | 28:16 min

    Künstliche Intelligenz kalkuliert perfekte Wassermenge für Pflanzen

    Mehr als 70 Prozent des verfügbaren Süßwassers fließt in Spanien in die Landwirtschaft. Zum Vergleich: Im EU-weiten Durchschnitt ist es circa ein Viertel. Der Wasserverbrauch für die Landwirtschaft ist also extrem hoch - und das, obwohl die Region seit 2016 die langanhaltendste Trockenperiode der vergangenen 60 Jahre erlebt.
    Joaquin Soriano suchte nach Lösungen. Gemeinsam mit vier Partnern gründete der heute 37-Jährige 2019 die Firma Ikos Tech mit dem Ziel, den Wassereinsatz für die Landwirtschaft noch effizienter zu machen. Seine Technik funktioniert so: Verschiedene Sensoren in den Gewächshäusern der Bauern messen unter anderem die Feuchtigkeit und Temperatur im Boden und in der Luft sowie die Geschwindigkeit, mit der die Pflanzen Wasser aus der Erde aufnehmen.
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    20 Tage müssen die Sensoren Daten sammeln, um den idealen Zeitpunkt zum Gießen und die perfekte Wassermenge zu kalkulieren. Dafür kommt ein selbstlernender Algorithmus, eine KI, zum Einsatz. Per App wird der Bauer schließlich informiert, wann er bewässern muss - oder die Dachfenster seines Gewächshauses öffnen sollte, um die Luftfeuchtigkeit zu regeln. Er muss nur noch per Klick zustimmen. 40 Prozent Wasser kann Paprikabauer Jímenez damit einsparen, erzählt er.

    Bis zu 40 Prozent Wasser kann eingespart werden

    Entwickler Soriano sieht in seiner Technik großes Potenzial für die ganze Region: "Wir haben hier mehr als 30.000 Hektar Anbaufläche, auf der man 30 bis 40 Prozent Wasser einsparen könnte. Wir sprechen hier von Millionen Litern Wasser."
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    Bisher nutzen das System mehr als 1.000 Landwirte in der Region. Für Paprikabauer Jimenez hat es einen großen Mehrwert: "Früher habe ich mich an meinen Erfahrungswerten orientiert. Wenn es sehr schwül war, habe ich die Fenster aufgemacht, wenn ich ein paar Stunden nicht gegossen hatte, habe ich die Bewässerungsanlage angemacht." Durch die neue Technik könne er nun viel gezielter bewässern.

    Experten warnen vor "Effizienz-Paradoxon"

    Aber auch ein digitales System kann nicht die alleinige Antwort auf die Dürre sein. Experten wie Antonio Aretxabala von der Universität Navarra und Lucia De Stefano von der Complutense-Universität in Madrid warnen vor einem "Effizienz-Paradoxon".
    Technischer Fortschritt könne zu dem Glauben führen, dass der Mensch weiter so konsumieren könne wie gewohnt. Systeme könnten das Problem Wasserknappheit nicht auf Dauer lösen. Stattdessen brauche es eine grundsätzlichere Debatte um die Verteilung von Wasser - und um die Reduktion von Produktion und Konsum. Aber der Einsatz von KI ist ein Anfang.

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