Trockenheit und Dürre: Das stille Leid der Insekten
Trockenheit und Dürre:Das stille Leid der Insekten
von Andreas Ewels
|
Herrliches Wetter, Frühlingssonne über Deutschland. Was wohl die meisten Menschen freut, bringt viele Insekten aktuell in eine dramatische Lage.
Wespen trinken Wasser aus einer Vertiefung
Quelle: Imago
Ein Blick auf den Dürremonitor des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung in Leipzig macht es deutlich: Teile Deutschlands sind dunkelrot. Ein Zeichen für eine außergewöhnliche Dürre in den Oberböden, die bis zu einer Tiefe von 25 Zentimeter reichen. An der Oberfläche und im Boden entwickeln sich derzeit viele Insekten und die sind durch die ungewöhnliche Trockenheit bedroht.
Die Trockenheit erhöht auch das Brandrisiko Forstexperten pflanzen Laubbäume, um die Kiefernwälder widerstandsfähiger zu machen.21.03.2025 | 1:26 min
Böden zu trocken für die Jahreszeit
Andreas Marx, Leiter des Dürremonitors erklärt, dass die Böden derzeit nicht komplett ausgetrocknet, sondern einfach zu trocken für die Jahreszeit sind:
Der Grund sind die geringen Niederschläge und vergleichsweise hohen Temperaturen in den vergangenen Monaten.
„
Andreas Marx, Leiter des Dürremonitors
Vieles erinnert an das Frühjahr 2022. Während sich die Sorgen um brennende Wälder und möglicherweise bedrohte Ernten ihre Bahn durch die Medienlandschaft brechen, bleiben die Insekten ein Randthema. Dabei ist das Surren und Brummen Teil des Frühlings und besonders die Vogelwelt erwartet bisher eigentlich einen reich gedeckten Tisch.
Seit Beginn der Industrialisierung haben sich die oberflächennahen Luftschichten der Erde deutlich erwärmt. Katja Horneffer erklärt, warum sich Europa am stärksten erhitzt.26.09.2024 | 0:55 min
Trockenheit tötet Bodenleben
Der Leipziger Biodiversitätsforscher Nico Eisenhauer kennt sich aus mit Insekten und auch besonders mit Würmern. Für ihn ist klar, dass Trockenheit der Klimafaktor ist, der das Bodenleben am intensivsten bedroht.
Doch wie schätzt er die aktuelle Lage ein? Hat die ungewöhnliche Trockenheit Auswirkungen auf Maikäfer & Co, also Insekten, die Teile ihrer Entwicklung, zum Beispiel als Engerling, im Boden verbringen? "Vor allem Jahre mit aufeinanderfolgenden Wetterextremereignissen, können sich besonders dramatisch auswirken", meint Nico Eisenhauer. "Trockenheit im Frühjahr kann in unseren Breiten vor allem die Populationsdichte der Insekten negativ beeinflussen."
Prof. Nico Eisenhauer kennt sich mit Insekten und Würmern aus.
Quelle: Universität Leipzig
Wetterextremereignisse, da sind sich die meisten Forscher sicher, haben einen bedeutenden Anteil an den Veränderungen der Insektengemeinschaften.
Naturwälder bestehen nicht nur aus Bäumen - unter anderem auch Insekten sind wichtige Bestandteile des Ökosystems. Können die Wälder das Artensterben aufhalten?06.03.2025 | 74:07 min
High-Tech-Versuchskammern
Eisenhauer ist Teil zweier außergewöhnlicher Forschungsprojekte, die sich mit dem komplexen Wechselspiel der Nahrungskette zwischen Pflanzen, Tieren, Mikroben und Boden nachstellt. Im iDiv-Ecotron-Projekt leben unter anderem Insekten in 24 High-Tech Versuchskammern, in denen die unterschiedlichsten Szenarien simuliert werden - auch extreme Trockenheit. Modernste Technik regelt hier das Licht, die Temperatur und den Niederschlag.
In diesen High-Tech-Versuchskammern werden unterschiedlichste Szenarien simuliert.
Quelle: iDiv
Gleichzeitig betreut der Wissenschaftler das "Jena-Experiment" - ein Freiflächenversuchsmodell. "Unsere intensiven Studien tragen dazu bei, herauszufinden, ob Biodiversität eine Art natürliche Versicherung darstellt beim Kampf der Natur gegen unvorhergesehene Ereignisse".
Wie war das Klima in der Eiszeit? Forschende aus Mainz können diese Frage anhand von Regenwurm-Ausscheidungen beantworten. Kalk-Kügelchen im Kot ermöglichen den Blick in die Vergangenheit.13.02.2023 | 3:39 min
Letzte schwere Trockenphase liegt erst drei Jahre zurück
Dabei stellt sich die Frage, ob es sich bei der aktuellen Trockenheit überhaupt um ein unvorhergesehenes Ereignis handelt oder die Insekten- und Pflanzenwelt sich nicht schon in Teilen angepasst hat? Die letzte außergewöhnliche Trockenphase gab es erst im Frühjahr 2022. Allerdings kann Nico Eisenhauer da wenig Hoffnung machen:
Es scheint, dass sich wiederholende Trockenphasen besonders negativ auf die Pflanzen- und Tierwelt auswirken.
„
Nico Eisenhauer
Selbst mikrobielle Gemeinschaften im Boden, von denen man gemeinhin annimmt, dass sie im Boden etwas besser geschützt sind, und auch durch ihr schnelles Wachstum und Anpassungsfähigkeit Trockenzeiten trotzen können, haben sich in Mitteldeutschland in den trockenen Jahren 2018 und 2019 drastisch verändert. Dies zeigen die Forschungsergebnisse von Eisenhauer deutlich.
Die biologische Vielfalt ist weltweit in Gefahr. Doch sogar in Städten können dichte Ökosysteme entstehen. Ein Beispiel dafür: Der Mini-Wald mitten in der City von Darmstadt. 22.05.2024 | 1:31 min
Der Leipziger hat keinen Zweifel, dass Ökosysteme mit einer hohen Artenvielfalt bei extremen Klimaereignissen eine höhere Widerstandskraft zeigen. Somit ist Artenschutz auch Klimaschutz. Ökologisch intakte Gebiete in Deutschland können den dunkelroten Punkten auf dem Dürremonitor also zuversichtlicher entgegenblicken. "In solchen Gebieten haben alle Insekten und Würmer bessere Überlebenschancen", meint Nico Eisenhauer.
Quelle: dpa
Sie wollen auf dem Laufenden bleiben? Dann sind Sie beim ZDFheute-WhatsApp-Channel richtig. Hier erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten auf Ihr Smartphone. Nehmen Sie teil an Umfragen oder lassen Sie sich durch unseren Podcast "Kurze Auszeit" inspirieren. Zur Anmeldung: ZDFheute-WhatsApp-Channel.