Hautkrebs: Klimawandel und zu wenig Schutz erhöhen Risiko
Klimawandel und Sonnenstunden:Wie mehr UV-Strahlung zu mehr Hautkrebs führt
von Mark Hugo
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Hautkrebs wird viel öfter festgestellt als noch vor 20 Jahren. Neben dem Leichtsinn der Menschen und dem wachsenden Durchschnittsalter spielt zunehmend der Klimawandel eine Rolle.
Wegen des Klimawandels haben in Deutschland die Sonnenstunden zugenommen – und mit ihnen auch die UV-Belastung.
Quelle: Photocase
Vorbei sind die Zeiten, in denen ein ordentlicher Sonnenbrand irgendwie inbegriffen war beim Urlaub am Strand. Das jedenfalls sollte so sein, denn dass zu viel UV-Strahlung das Hautkrebs-Risiko deutlich erhöht, hat sich inzwischen herumgesprochen. Und offenbar spielt zunehmend auch der Klimawandel eine Rolle.
Wie ernst das Problem ist, belegen die Zahlen: Laut Statistischem Bundesamt wurden im Jahr 2022 109.400 Menschen mit der Diagnose Hautkrebs im Krankenhaus stationär behandelt. Das waren gut 75 Prozent mehr als im Jahr 2002. Damals starben 2.700 Patientinnen und Patienten an der Erkrankung, 2022 waren es mehr als 4.400, eine Steigerung um 65 Prozent.
Menschen reisen in die Sonne
Prof. Jochen Sven Utikal vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und der Universitätsmedizin Mannheim kann den Trend aus eigener Erfahrung bestätigen. Er sieht zwei Hauptgründe: Einmal das veränderte Freizeitverhalten. Seit den 60ern zieht es die Menschen in den Süden in die Sonne.
Der mache sich aber erst Jahrzehnte später bemerkbar.
Der zweite Grund ist, dass die Bevölkerung durchschnittlich älter werde. "Hautkrebs tritt eher im späteren Lebensalter auf, selten bei jungen Patienten", erklärt der Experte. Fakt sei aber immer: Je mehr UV-Strahlung der Mensch im Laufe seines Lebens abbekommt, desto leichter hat es der Hautkrebs.
Die weltweite Verteilung menschlicher Hauttöne passt zur Intensität von UV-Strahlung. Am Äquator, wo die Strahlung am höchsten ist, schützt dunkle Haut vor Strahlungsschäden. Im Norden dagegen ist hellere Haut von Vorteil.26.04.2021 | 0:28 min
Immer mehr Sonnenstunden im Jahr
Und der Klimawandel spielt ihm dabei zumindest in die Karten. Denn die jährliche Sonnenscheindauer nimmt nach Daten des Deutschen Wetterdienstes (DWD) stetig zu und hat sich seit 1951 im Schnitt um mehr als 168 Stunden erhöht.
Und damit auch die mittleren UV-Spitzenbelastungen und die UV-Jahresdosis. Beides sei, so das Robert-Koch-Institut (RKI), im letzten Jahrzehnt gestiegen. Rekordjahr übrigens war 2022 mit mehr als 2.024 Sonnenscheinstunden.
Seit 2023 wird in Europa am 15. Juli an die Opfer der Klimakrise erinnert. An diesem Tag und am Tag davor waren 2021 nach Starkregen Deutschland, Belgien und die Niederlande von einer Flutkatastrophe betroffen. Allein im Ahrtal starben 135 Menschen. In Europa steigen die Temperaturen doppelt so schnell an wie im globalen Durchschnitt. Extremwetterereignisse nehmen zu: Hitze, Dürre, Brände, aber auch Stürme, Starkregen und Überflutungen.
UV-Belastung nimmt automatisch zu
Das hat Auswirkungen für jeden, auch wenn er kein großer Sonnenanbeter ist, erklärt Dr. Cornelia Baldermann vom Bundesamt für Strahlenschutz (BfS). Aber:
Dass sich dabei nicht wirklich alle vernünftig verhalten, zeigt eine im Juni veröffentlichte Umfrage des Forsa-Instituts im Auftrag des BfS. Danach hatte fast die Hälfte (49 Prozent) der Menschen in Deutschland in den zwölf Monaten davor einen Sonnenbrand.
Bei den 18- bis 34-Jährigen waren es sogar acht von zehn. Und das, obwohl 96 Prozent angaben zu wissen, dass UV-Strahlung krebserregend ist.
Egal ob Sonnencreme, Sonnenmilch oder Sonnenspray, sie alle versprechen Schutz vor UV-Strahlung. Lichtschutzfaktor, Inhaltsstoffe und Co. sind dabei jedoch entscheidend.
von Ulrike Hauswald
FAQ
Ozon-arme Luftmassen aus der Arktis
Eher hinterhältig - egal wie ernst man es mit dem Sonnenschutz nimmt - ist ein weiterer Faktor: so genannte Niedrigozonereignisse, also plötzlich auftauchende Ozon-arme Luftmassen, in denen die UV-Strahlung wenig abgehalten wird und oft so stark ist wie im Hochsommer. Problem: Sie treffen Mitteleuropa häufig in Zeiten, wenn Sonnenhut und -creme noch gut im Schrank verstaut sind.
"Solche Niedrigozonereignisse, die von der Arktis kommen, kommen bei uns Ende März, Anfang April an", erklärt Cornelia Baldermann. Und das oft so plötzlich, dass Vorwarnungen unmöglich sind. "UV-Strahlung können wir nicht sehen oder riechen." Und weil es draußen noch recht kühl ist, würden sie viele erst dann mitbekommen, wenn der Sonnenbrand schon da ist.
Zu viel Sonne ist schädlich für den Körper und kann Sonnenbrand oder sogar Hautkrebs verursachen. Dies hängt von der Art und Intensität der energiereichen Strahlung ab.17.06.2024 | 1:49 min
Schützendes Ozon wird abgebaut
Nach Studien begünstigt der Klimawandel die Entstehung solcher Ereignisse. Das schützende Ozon wird durch halogenhaltige Treibhausgase abgebaut. Besonders kalte Temperaturen in der Stratosphäre über der Arktis, ebenfalls ausgelöst von Treibhausgasen, unterstützen das noch. Solche Luftmassen driften in der Folge immer öfter in den Süden.
Nicht nur deshalb nehmen Hautkrebserkrankungen schon seit Jahrzehnten zu, sagt die BfS-Expertin. "Der Klimawandel setzt nur noch eins oben drauf." Umso wichtiger wäre es, ihn in Anpassungsstrategien aufzunehmen, fordert die Biologin. "Es ist etwas, was mit dem Hitzeschutz mit zu etablieren ist."
Zu viel Sonne erhöht auf lange Sicht das Hautkrebsrisiko. Bei wie vielen Sonnenbränden muss man sich Gedanken machen? Und ab wann sollte man zum Arzt? Fragen und Antworten.
von Gary Denk
FAQ
UV-Schutz besser beachten
Dazu gehöre auch, UV-Schutz in Kommunen Sportvereinen, Schulen und Kindergärten nicht nur besser zu beachten, sondern auch zu vermitteln. Allerdings: "Das Verständnis dafür ist unglaublich schwer in die Köpfe zu kriegen", so Cornelia Baldermann.
Mark Hugo ist Redakteur in der ZDF-Umweltredaktion
Die Temperaturen steigen weltweit, im Norden deutlich stärker als im Süden. Erfahren Sie am interaktiven Globus, wie die Erderwärmung die Kontinente trifft.