Verschwundener Beruf: Was ein Harzer gemacht hat

    Verschwundener Beruf:Was ein Harzer gemacht hat

    von Maria Leidinger
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    Nein, ein Harzer ist kein Käse und auch kein Gebirge. Dahinter steckt ein vergessener Beruf. Was es mit dem Job auf sich hat und warum es ihn nicht mehr gibt.

    Verschwundene Berufe: Harzer
    Was machte eigentlich ein Harzer? Johannes Herbst erzählt von seinem vergessenen Beruf. 03.05.2023 | 5:11 min
    Ob durch neue Technologien oder Veränderungen in der Gesellschaft - die Arbeitswelt befindet sich in einem stetigen Wandel. Deshalb gibt es heute Berufe, unter denen sich vor 50 Jahren noch niemand etwas vorstellen konnte. Genauso sind aber andere Arbeiten in Vergessenheit geraten. So ist zum Beispiel der Harzer verschwunden.
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    Facharbeiter zur Gewinnung von Kiefernrohbalsam

    Vor gerade einmal 30 Jahren gab es seinen Job noch, heute muss Johannes Herbst sich erklären: Bis 1990 war er Harzer in der ehemaligen DDR. Sein Job war es damals, Baumharz aus Kiefern zu holen. 15 Kilometer lief er dafür pro Tag und erntete bis zu acht Tonnen Harz im Jahr.
    Im Naturpark Nossentiner/ Schwinzer Heide in Mecklenburg-Vorpommern greift er noch einmal zum Arbeitswerkzeug und bringt uns seinen ehemaligen Beruf näher. "Ein Harzer, den gibt es ja so gar nicht", stellt Johannes Herbst klar.

    Es ist ein Facharbeiter zur Gewinnung von Kiefernrohbalsam.

    Johannes Herbst, ehemaliger Harzer

    ... ist für Bäume überlebenswichtig. Wie Blut durch unsere Adern fließt, sind Bäume von Harz-Kanälen durchzogen. Es schützt vor Fressfeinden und verschließt wie ein Pflaster die Rinde eines Baumes, wenn er verletzt ist. Man kann Harz ernten, ohne dem Baum zu schaden, wenn der Großteil der Rinde erhalten bleibt.

    Was die Aufgaben eines Harzers waren

    Mit einem Bügelschaber legt Herbst los und schabt über die Borke eines Kiefernbaumes. Dafür stellt er sich auf einen kleinen selbst gebauten Tritt aus schmalen Baumstämmen, "denn die Harzer waren auch nicht immer die Größten".
    Weil die Borke rötlich leuchtet, bezeichnet der Harzer diesen Arbeitsschritt als "Röten". Immer wieder geht er mit seinem Werkzeug über die gleiche Stelle der Kiefer, bis die Borke entfernt ist.

    Ich glaube, 127 Stück musste ich am Tag schaffen. Im Winter!

    Johannes Herbst, ehemaliger Harzer

    Hell sei es erst um acht, halb neun geworden und am Nachmittag sei es um vier Uhr bereits wieder dunkel geworden. "Das war das Zeitfenster, was ich hatte, um diese Arbeiten durchzuführen", erklärt Herbst.

    Ein Harzer lässt Bäume "bluten"

    An der freigelegten Stelle ritzt Johannes Herbst nun von oben nach unten eine Kerbe in das Holz, eine sogenannte Tropfrinne. Üblicherweise machten die Harzer diesen Arbeitsschritt im April. Danach beginnt er mit dem sogenannten Reißen. Mithilfe eines Handhobels fügt Johannes Herbst dem Baum zwei weitere kleine Risse zu, die auf die Tropfrinne zulaufen. Damit lässt er den Baum quasi "bluten".
    Aus den Rissen wird Harz austreten und über die Tropfrinne in einen Eimer fließen. Bis Oktober fügten die Harzer damals Riss um Riss hinzu, um regelmäßig neues Harz ernten zu können. So entstand über die Zeit ein Fischgrätenmuster.
    Bernstein sieht zwar aus wie ein Edelstein, ist aber nichts anderes als versteinertes Harz urzeitlicher Nadelbäume. Dieser Bernstein ist ein richtiger Brocken:

    Wofür braucht man eigentlich Harz?

    Wir Menschen nutzen Harz schon sehr lang:
    • Die Bretter der Arche Noah sollen mit Harz gekittet sein. Im Schiffsbau dient Harz zum Dichten von Holzfugen.
    • Im 19. Jahrhundert stieg weltweit der Bedarf an Pech, Teer und Terpentin. Das alles sind Produkte aus dem Rohstoff Harz.
    • Wundpflaster, Farben, Lacke und die Papierherstellung wären früher ohne Harz nicht denkbar gewesen.
    Und auch heute ist Harz gefragt:
    • Handballer benutzen es, damit sie den Ball besser festhalten können, denn Harz ist klebrig und hilft beim Fangen.
    • Kaugummis mit Harz sollen die bisher übliche Erdölbasis ersetzen, weil Harz ein nachwachsender Rohstoff ist.

    Vergessenes Geschäft: Der Profit mit Harz

    In der ehemaligen DDR erlebte das Handwerk ab den 1950er-Jahren einen Aufschwung. Vor allem der Export in die Bundesrepublik war ein großes Geschäft und brachte Devisen.

    Wir haben im Jahr zwischen 12.000 und 15.000 Tonnen geerntet in der ehemaligen Republik, der damaligen DDR, und der größte Teil davon ist in den Westen gegangen.

    Johannes Herbst, ehemaliger Harzer

    Doch mit der Währungsunion 1990 verschwand die erwerbsmäßige Harzgewinnung. Das Handwerk war zu arbeitsintensiv, zu teuer und damit unwirtschaftlich geworden. Beschleunigt wurde der Wandel durch die Konkurrenz aus Billiglohnländern und der Entwicklung von Kunststoffen.
    Über 30 Jahre nach dem letzten Harzen können Spaziergängerinnen und Spaziergänger in einigen ostdeutschen Kiefernwäldern noch immer die zum Boden zeigenden Fischgrätenmuster auf Kiefernbäumen entdecken. Sie sind Zeugnis eines Handwerks, das mittlerweile nahezu vergessen ist.
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    Ein weiterer verschwundener Beruf, der ziemlich kurios ist:
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