Spanien-Flut: Wie hängen Regenfälle und Klimawandel zusammen?
Katastrophe in Spanien:Wie hängen Regenfälle und Klimawandel zusammen?
von Andreas Stamm
|
Extremregen und viele Tote - Schlagzeilen, die in Europa eher selten waren. Doch Katastrophen wie jetzt in Spanien werden wir in Zukunft öfter erleben, erklären Klimaforschende.
Nach den katastrophalen Überschwemmungen steigt die Anzahl der Opfer und das Ausmaß der Zerströrung wird sichtbarer. Gleichzeitig ist die Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung groß.01.11.2024 | 2:26 min
Der Klimawandel verstärkt reguläre Wetterlagen wie die Herbststürme in Teilen Spaniens, das "Dana"-Phänomen. Da ist sich die Wissenschaft einig.
Forschende versuchen zu modellieren, wie die menschengemachte Erderwärmung sich auf einzelne Wetterphänomene auswirkt - was komplex ist. Vor allem die Modellierer der World Weather Attribution-Initiative (WWA) gelten als Vorreiter. Deren Ad-hoc-Analyse zu Spanien zeigt, dass die momentane Erwärmung von 1,3 Grad zur vorindustriellen Zeit die Regenfälle im Süden und Osten Spaniens zwölf Prozent intensiver hat ausfallen lassen. Was nicht nach viel klingt, aber den Unterschied zwischen starken und tödlichen Regenfällen ausmacht.
Wie sehr verstärkt die Erderwärmung die Regenmenge?
Die Bilder aus Spanien seien erschütternd, erklärt einer der beteiligten Forscher, Roop Singh vom Red Cross Red Crescent Climate Centre in Den Haag.
Die Gründe sind klar. Die um 1,3 Grad wärmere Atmosphäre kann bis zu neun Prozent mehr Feuchtigkeit aufnehmen. Und die Ozeane sind so warm wie noch nie, das verdunstende Wasser liefert den Treibstoff für extreme Niederschläge. Weitere Experten bekräftigen dies.
"Solche Ereignisse mit solcher Intensität und Häufigkeit könnten man sich in Europa ohne den Klimawandel nicht erklären", so Klimaforscher Niklas Höhne vom New Climate Institute in Köln.
ZDF-Korrespondentin Susana Santina berichtet aus dem Katastrophengebiet.01.11.2024 | 1:28 min
Können Klima-Anpassungsstrategien das Ausmaß solcher Katastrophe einhegen?
Anpassungsstrategien können helfen. Forscher nennen im konkreten Fall etwa Rückhaltebecken, um die Wassermassen besser zu verteilen und so die Spitzen solcher Fluten abzumildern. Oder Frühwarnsysteme, die den Menschen Zeit geben, sich in Sicherheit zu bringen.
Nach den extremen Regenfällen in Spanien mit mindestens 158 Toten fehlt es an vielen Orten weiterhin an Lebensmitteln, Wasser und Strom. Die Behörden stehen in der Kritik, die Bevölkerung zu spät gewarnt zu haben.01.11.2024 | 2:17 min
Was die Milliardenschäden begrenzen könnte, wäre die umfassende Identifizierung von Risikogebieten und daraus folgend entsprechende Bauverbote. Eine Anpassung sei "extrem wichtig", sagt die Leiterin der WWA, Friederike Otto.
Doch klar sei auch: Diese Anpassung und der Schutz hat Grenzen, wenn an einem Tag die Regenmenge eines ganzen Jahres fällt. Das ist die Realität in einer 1,3 Grad wärmeren Welt. Sollte sich die Erde bis 2100, wie in der jüngsten Prognose der Vereinten Nationen befürchtet, auf zwischen 2,6 und 3,1 Grad erwärmen, wäre die Folgen definitiv nicht mehr beherrschbar. Das Verbrennen fossiler Energieträger sei der Grund für den Klimawandel, so Otto. Ihr Kollege vom Imperial College London, Ben Clarke, warnt:
Trotz solcher Katastrophen in Europa - warum passiert gefühlt doch nichts?
"Wir haben alle Technologien und das Wissen, um den Klimawandel zu stoppen", erklärt Friederike Otto. Das Problem liege momentan auf der Ebene der Politik und damit letztendlich auch bei der Bevölkerung. Es gehöre zum aktuellen Dilemma in der Klimapolitik, dass die Einschläge des Klimawandels immer näher kommen, heftiger und spürbarer werden.
Doch daraus erwächst relativ gesehen wenig politischer Handlungsdruck. Was an der angespannten Finanzsituation in vielen Ländern liegen mag, den Beharrungskräften in Industrie und Wirtschaft, oder der Angst vor Veränderungen. Es sei ein Bündel an Gründen, erklären Forschende.
Der weltweite Ausstoß von CO2 steigt weiter an: Für 2024 erwarten die Forschenden des Global Carbon Projects erneut einen Rekordwert. Welche Länder am meisten ausstoßen.
von Moritz Zajonz
Grafiken
Doch kurzfristigen Gewinninteressen stehen langfristige Kostenexplosionen gegenüber. Denn der fortschreitende Klimawandel bedrohe unseren Wohlstand langfristig mehr als alles andere, so der Kölner Klimaforscher Niklas Höhne. Doch dazwischen gebe es Hoffnungsschimmer. Etwa den Siegeszug der Erneuerbaren Energien, die immer günstiger werden und sich weltweit mehr und mehr durchsetzen.
Es geht - komplex genug - um Tonnen, Prozente, Milliarden. Doch am Ende geht es, das zeigt sich in Spanien gerade, um Menschenleben.
Die Temperaturen steigen weltweit, im Norden deutlich stärker als im Süden. Erfahren Sie am interaktiven Globus, wie die Erderwärmung die Kontinente trifft.