Vor allem Kinder betroffen:Häufung von Lungenentzündungen in China
von Oliver Klein
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Kinderkliniken sind überfüllt, Schulen müssen Klassen schließen - China kämpft mit einer Häufung von Lungenentzündungen bei Kindern. Wie dramatisch ist die Situation?
Ambulanz eines Kinderkrankenhauses in Peking.
Quelle: AFP
Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat am Donnerstag mitgeteilt, dass China im Zusammenhang mit der Häufung von Atemwegsinfektionen bei Kindern keine ungewöhnlichen oder neuen Krankheitserreger entdeckt habe. Auf eine Anfrage hin habe China wie vorgeschrieben die entsprechenden Daten innerhalb von 24 Stunden bereitgestellt, hieß es. Demnach stehe der Anstieg im Zusammenhang mit der Aufhebung der Covid-Beschränkungen und dem Auftreten bekannter Erreger. Mehr dazu hier.
In China kommt es zu einer Häufung von Lungenentzündungen, die vor allem Kinder betrifft. Wie schwer sind die Erkrankungen? Wie schätzen Experten die Situation ein? Entwickelt sich in China eine neue Pandemie? ZDFheute beantwortet die wichtigsten Fragen.
Wie ist die Situation in China?
Das Meldesystem Promed, das weltweit Krankheitsausbrüche überwacht, warnte zuletzt vor einer Epidemie von Lungenentzündungen bei Kindern in China. Die Situation sei ernst. Insbesondere der Norden des Landes ist offenbar betroffen: Kinderkrankenhäuser in Peking, Liaoning und anderen Orten seien "mit kranken Kindern überfüllt", berichtet der taiwanesische TV-Sender FTV.
So gebe es in etlichen Kliniken lange Schlangen von Patienten, die Notaufnahmen seien voller kranker Kinder, die intravenöse Infusionen erhielten. Fotos aus Kliniken zeigen sogar Kinder an Infusionen, während sie ihre Hausaufgaben machen. Schulklassen hätten geschlossen werden müssen, auch Lehrer seien von Lungenentzündungen betroffen.
Kinder mit Infusionen bei Hausaufgaben - Posting von Eric Ding
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Doch wie dramatisch ist die Lage tatsächlich? ZDF-China-Korrespondentin Miriam Steimer berichtet:
Entsprechend könne es in Krankenhäusern schnell zu langen Schlangen oder Überlastungen kommen. Zudem seien in China "Infusionstherapien sehr weit verbreitet", sagt Steimer. "Studien zeigen, dass die in China übermäßig eingesetzt werden. Viele glauben, dass sie durch Infusionen schneller gesund werden als zum Beispiel durch Tabletten. Und manche Kliniken verdienen mit Infusionen viel Geld."
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Woran sind die Kinder erkrankt?
Viele der Kinder entwickeln hohes Fieber, teilweise auch Knötchen in der Lunge. Auf einer Pressekonferenz am 13. November versuchten die chinesischen Behörden zu beruhigen: Die Zunahme der Fälle hänge mit der Aufhebung der Maßnahmen gegen Corona und der Verbreitung bekannter Krankheitserreger zusammen.
Der deutsche Virologe Jonas Schmidt-Chanasit teilt diese Sicht und sieht keinen Grund für "weitere Panikmache". Der Anstieg der Atemwegserkrankungen bei Kindern käme "nicht unerwartet angesichts der Aufhebung der Covid-19-Beschränkungen, so wie es in anderen Ländern ebenfalls beobachtet wurde", schreibt er auf X. "Es zirkulieren bekannte respiratorische Erreger."
Virologe Schmidt-Chanasit auf X
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Denn: China hatte mit seiner "Null-Covid-Politik" deutlich strengere Maßnahmen als andere Länder. Darum kam es nach dem plötzlichen Wegfall immer wieder zu Epidemien, schreibt auch Promed in seinem Bericht. Als Beispiele werden Grippe oder auch Infektionen mit dem Bakterium Mycoplasma Pneumoniae genannt. Der Keim kann eine Lungenentzündung auslösen und ist hochansteckend - gefährdet sind vor allem Kinder.
Einiges deutet zwar darauf hin, dass Infektionen mit Mycoplasma Pneumoniae für viele Fälle von Lungenentzündungen verantwortlich sind. Kindergärten und Schulen in Peking informierten bereits die Eltern in Briefen über das Bakterium.
Das Problem: Die Keime sind offenbar teilweise resistent gegen Antibiotika, berichten Ärzte. Auch eine chinesische Studie aus dem Jahr 2022 belegt: Bei etwa acht Prozent der Infektionen mit Mycoplasma Peumoniae wurden Resistenzen festgestellt. Gerade China gilt als weltweiter Hotspot für das Risiko der Entwicklung resistenter Keime.
Wie reagiert die WHO?
Die Weltgesundheitsorganisation hatte China zunächst offiziell um detaillierte Informationen über die Zunahme der Fälle von Lungenentzündung gebeten, wie es in einem Statement bei X heißt. In einer Telefonkonferenz habe die chinesische Gesundheitsbehörde am Donnerstag betont, dass sie keine ungewöhnlichen oder neuen Krankheitserreger oder ungewöhnliche Krankheitsbilder entdeckt habe, berichtete die WHO am Abend in Genf.
Die WHO rief außerdem Chinas Bevölkerung auf, sich impfen zu lassen, sich von Erkrankten fernzuhalten und bei Symptomen zu Hause zu bleiben.
Posting der WHO bei X
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China tut alles, um die Situation zu beruhigen. Die staatliche Tageszeitung "China Daily" berichtete schon vor einem Monat von einer steigenden Zahl von Lungenentzündungen bei Kindern - unter der Überschrift "Ruhe ist geboten". Die Zeitung zitiert einen Kinderarzt aus Peking: Es gebe zwar "eine stetige Zahl" schwerer Erkrankungen, aber nur "sehr wenige kritische Fälle und bisher keine Todesfälle". Das allerdings war Ende Oktober.
Deutschland fehlen immer wieder Arzneimittel. Darunter Antibiotika, ohne die unser Gesundheitssystem nicht funktioniert. Es gibt Lösungsansätze - doch die brauchen Zeit.
von Johannes Musial
mit Video
Die chinesische Staatsführung lasse keine unabhängigen Informationen zu - auch nicht von Universitäten, Kliniken oder Wissenschaftlern, sagt Steimer. "Auffallend ist, dass das Thema und die Videos aus den überfüllten Krankenhäusern in chinesischen Netzwerken nicht zensiert werden - zumindest noch nicht. Bisher scheinen auch die Krankenhäuser im Regelbetrieb weiterzuarbeiten." Das könnte dafür sprechen, so Steimer, dass die Situation nicht dramatisch ist.
Anm. der Redaktion: In der ursprünglichen Fassung des Textes war von einer "neuen Lungenkrankheit" die Rede. Da die WHO inzwischen mitgeteilt hat, dass keine ungewöhnlichen oder neuen Krankheitserreger entdeckt wurden, wurde der Artikel entsprechend angepasst. Zudem wurde eine Einschätzung des Virologen Jonas Schmidt-Chanasit ergänzt.