Biopiraterie: Schutz vor Raub genetischer Ressourcen dürftig
Genetische Ressourcen:Gewinne aus der Natur sind unfair verteilt
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Warum sollten artenreiche Länder ihre Natur schützen, wenn andere sie nutzen und davon profitieren? Internationale Abkommen verlangen eine Gewinnbeteiligung. Bisher ohne Erfolg.
Stevia ist beliebt. Was viele nicht ahnen: Das Wissen um diese Pflanze ist geklaut. Die UN will die genetischen Ressourcen nun besser schützen.
24.05.2024 | 27:47 min
Zahlreiche Arzneimittel, Kosmetika und andere Produkte basieren auf Erfindungen der Natur. Indigene Völker greifen seit langem darauf zurück und tradieren ihr Wissen meist in mündlicher Form.
Anders als die Innovationen reicher Industriestaaten, die schriftlich etwa in Patentsystemen dokumentiert werden, sind die Errungenschaften indigener Völker nicht geschützt.
Biopiraterie durch Pharmakonzerne
Dass sie aber das Interesse von Pharma- und Agrarkonzernen wecken, überrascht nicht. Konflikte entstehen, wenn Firmen die genetischen Ressourcen und das traditionelle Wissen Indigener zur Herstellung eigener Produkte nutzen und diese patentieren lassen, ohne die Ursprungsländer oder Völker an den Gewinnen zu beteiligen. Ein Vorgehen, das als "Biopiraterie" bekannt ist.
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Die Konsequenz daraus formuliert Francois Meienberg von der Schweizerischen Stiftung pro specie rara:
Internationale Regelungen gegen Biopiraterie
Bereits 1992 wurde in der internationalen Konvention zu Biodiversität der gerechte Vorteilsausgleich aus der Nutzung genetischer Ressourcen als Ziel formuliert. Mit dem Nagoya-Protokoll wurde dies 2010 konkretisiert.
Quelle: PR
... wurde 2010 im japanischen Nagoya auf der zehnten Vertragsstaatenkonferenz des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (CBD; Convention on Biological Diversity) verabschiedet und trat im Oktober 2014 als völkerrechtlich bindender Vertrag in Kraft.
... ist, den Zugang zu genetischen Ressourcen zu regeln und die Gewinne, die aus der Nutzung dieser Ressourcen und dem damit verbundenen traditionellen Wissen entstehen, gerecht zu verteilen. Bei diesen "Vorteilsausgleich" geht es nicht zwingend nur um Zahlungen. Er kann auch darin bestehen, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Herkunftslandes am jeweiligen Forschungsprojekt beteiligt werden und am Wissenszuwachs teilhaben. Die Umsetzung des Nagoya-Protokolls soll außerdem dem Naturschutz dienen.
... ist seit 2016 auch Deutschland. Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) ist dafür zuständig, zu kontrollieren, ob die hiesigen Nutzer die Regeln zu Zugang und Vorteilsausgleich befolgen. Genetische Ressourcen aus Deutschland unterliegen keinen spezifischen Zugangs- beziehungsweise Vorteilsausgleichsregelungen.
Seit 2014 in Kraft, regelt es den Zugang und die Nutzung genetischer Ressourcen und die gerechte Aufteilung des Profites, der aus der Nutzung erwächst (Access and Benefit Sharing, kurz: ABS). Im Prinzip war mit dem Nagoya-Protokoll also ein internationales Instrument gegen Biopiraterie geschaffen worden. Problem nur: Es hat Schwächen.
Die Lücken im Nagoya-Protokoll
Das Nagoya-Protokoll bezieht sich auf genetische Ressourcen in Form physischen Materials - also Material von Pflanzen, Tieren oder Mikroorgansimen. Inzwischen können Wissenschaftler aber auf Datenbanken zurückgreifen und sogenannte digitale Sequenzinformationen (DSI) für eigene Produktentwicklungen verwenden, ohne je mit dem Herkunftsland über den Zugang zu den Organismen verhandelt haben zu müssen.
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Die Durchsetzung des Protokolls ist auch dadurch erschwert, weil eine geografische Verortung des Ausgangsmaterials nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden kann.
Und einen weiteren Aspekt lässt das Nagoya-Protokoll unberücksichtigt: das Patentrecht. Unternehmen können sich selbst dann Patente sichern, wenn dem Produkt Biopiraterie zugrunde liegt. Denn:
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Verlust biologischer Vielfalt ungebremst
Zunächst als Errungenschaft gefeiert, fällt die Bilanz nach zehn Jahren "Nagoya" daher ernüchternd aus, wie Bernd Fabry und seine Kollegen in Mitteilungen der deutschen Patentanwälte Anfang 2024 resümierten:
Seit Mai 2024 gibt es nun das Übereinkommen der WIPO (World Intellectual Property Organization). Erklärtes Ziel ist zu verhindern, dass Erfindungen, die in Bezug auf genetische Ressourcen oder traditionelles Wissen nicht neu sind, patentiert werden.
WIPO: Neuer Schutz vor Biopiraterie noch nicht in Kraft
Von Patentanmeldern fordert es die Offenlegung des Landes, aus dem die genetische Ressource stammt; bei Unkenntnis die Nennung der Quelle. Geschieht dies nicht, können die betroffenen Staaten gemäß ihrer nationalen Gesetze Sanktionen verhängen - aber nur, wenn die Auskunftspflicht in betrügerischer Absicht verweigert wurde.
Patente verhindern - wie Artikel 1 der WIPO-Übereinkunft glauben macht -, wird sie also wahrscheinlich nicht. Zudem müssen fünfzehn Länder das WIPO-Treaty unterzeichnen, damit es in Kraft treten kann. Francois Meienberger gibt zu bedenken:
Das Nagoya-Protokoll etwa haben weder die USA und Kanada noch Russland ratifiziert.
Wenn Firmen indigenes Wissen für ihre Zwecke nutzen und patentieren lassen, nennt man das Biopiraterie. Die UN will dagegen Abhilfe leisten. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
FAQ
COP16: Ausgleichszahlung bereits ab Zugang zum Genmaterial?
Auf der Biodiversitätskonferenz in Kolumbien werden die Digitalen Sequenzinformationen und der Vorteilsausgleich Thema sein. Diskutiert wird, ob eine Zahlung bereits mit dem Zugang zur genetischen Ressource beziehungsweise der digitalen Sequenzinformation erfolgen soll.
"Das würde die Durchsetzung erleichtern.", sagt Francois Meienberg. Denn eine Nachverfolgung vom Zugang zum Produkt sei kaum oder nicht möglich - vor allem nicht, wenn Jahre dazwischen lägen.
Quelle: ZDF
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