Warum Bäume im Wald wertvoll sind wie Gold

    Interview

    Forscherin im Kronendach:Warum Bäume im Wald wertvoll sind wie Gold

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    Sie gilt als Erfinderin der Baumkronenforschung: Meg Lowman. Ihr Leben widmet sie großen, alten Bäumen und dem Schutz der zehn artenreichsten und bedrohtesten Wälder der Welt.

    Baumwipfelpfad im Kronendach des Amazonas
    Große Bäume sind das Lebenselixier der Erde. Sie reinigen die Luft, sichern die Artenvielfalt, sind wichtige Klimaschützer. Höchste Zeit also, die rar gewordenen Giganten zu retten.18.01.2024 | 29:43 min
    ZDFheute: Meg Lowman, Ende der 1970er Jahre waren Sie eine der ersten Wissenschaftlerinnen, die sich mit selbstgebauten Seilzügen in die Kronen der Riesenbäume zogen. Was entdeckten Sie in über 35 Metern Höhe?
    Meg Lowman: Meine erste Klettertour wagte ich in den Regenwäldern Australiens, wo ich damals studierte. Zu Beginn hatte ich große Angst, besonders davor, auf einen morschen Ast zu klettern. Aber ich überwand meine Angst und wurde reich belohnt: Als ich meinen Kopf in die dichte Baumkrone steckte, war alles voller Licht und Aktivität.
    Es fühlte sich an, als stünde ich mitten in der Silvesternacht auf dem Times Square in New York - überall pulsierte das Leben. Schmetterlinge flatterten umher, Termiten krabbelten den Stamm entlang, Blätter wurden gefressen, und überall herrschte reges Treiben.

    Meg Lowman, US-amerikanische Pionierin der Baumkronenforschung
    Quelle: ZDF

    ... ist Biologin, Arbonautin, das heißt Baumkronenforscherin, und Autorin, die als Pionierin in ihrem Fachgebiet gilt. Lowman studierte Ökologie an der Aberdeen University und promovierte in Botanik an der University of Sydney. Sie lehrte als Professorin an der National University of Singapore, der Arizona State University und der Universiti Sains Malaysia.

    Als Gründerin von MISSION GREEN und Direktorin der TREE Foundation engagiert sie sich für den Waldschutz und hat wegweisende Studien veröffentlicht. Mit der MISSION GREEN baut sie Baumwipfelpfade in den zehn artenreichsten, aber auch gefährdetsten Wäldern der Welt. Dabei treibt sie Forschung voran, schafft Lebensgrundlagen für Einheimische und fördert Ökotourismus und Bildung. Meg Lowman ist international bekannt für ihre Führungsrolle bei Umweltschutzinitiativen und als Vorbild für Frauen und Minderheiten in der Wissenschaft.

    ZDFheute: Wie kam es dazu, dass Sie Riesenbäume erklommen?
    Lowman: Ich komme aus der kleinen Stadt Elmira im Bundesstaat New York. Meine Eltern waren Lehrer, aber ich hatte keine wissenschaftlichen Freunde. Dennoch liebte ich die Natur und verbrachte viel Zeit draußen.

    Als ich mich schließlich intensiver mit Bäumen beschäftigte, wurde mir klar, dass alle immer nur den Stamm studierten. Die Spitze der Bäume sahen sie erst, wenn sie den Baum fällten.

    Meg Lowman

    Ich erkläre es immer an einem Beispiel: Stellen Sie sich vor, Sie gehen zum Arzt und er untersucht nur Ihren großen Zeh, sagt aber: "Ihr Gehirn ist in Ordnung, Ihr Gehör ist okay, Ihre Sehkraft ist großartig". Das wäre doch verrückt, niemand würde so etwas tun. Aber genauso funktionierte Forstwissenschaft in Nordamerika - jahrhundertelang.
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    ZDFheute: In den vergangenen 40 Jahren bereisten Sie über 40 Länder - und studierten das Kronendach von Urwaldgiganten. Was entdeckten Sie?
    Lowman: Ein riesiger Teil der landlebenden Arten ist im Kronendach der großen alten Bäume beheimatet. Das hatten wir bisher einfach übersehen. Und so entdeckten wir als Arbonauten (Erforscher der Baumkronen, Anm. der Redaktion) da oben in den Kronen der Bäume eine völlig neue Welt - und nannten sie fortan den achten Kontinent.
    ZDFheute: Wie steht es um die Bestände der großen Urwälder?
    Lowman: Der Regenwald wird in einem noch nie dagewesenen Tempo abgeholzt. Von all den Urwäldern, die wir verloren haben, ist mehr als die Hälfte während meiner Lebenszeit abgeholzt worden. Das ist eine schreckliche Bilanz für mich und meine wissenschaftlichen Kollegen.
    Ich denke, dass wir als Wissenschaftler die Dinge anders angehen müssen, um zur Rettung unseres Planeten beizutragen.
    ZDFheute: Was ist Ihre Lösung?
    Lowman: Als Arbonautin verwende ich meinen eigenen Werkzeugkasten. Denn die Baumkronenpfade, die ich zu Forschungszwecken baue, können auch dazu dienen, ökotouristische Strukturen aufzubauen.
    Wenn wir diese Pfade bauen und sie den einheimischen Familien in den Gemeinden zur Verfügung stellen, können sie Lodges und Boote betreiben und als Reiseführer tätig werden. So erzielen sie ein nachhaltiges Einkommen, ohne die Bäume abholzen oder die Flächen verkaufen zu müssen.
    ZDFheute: Was ist Ihr Ziel?

    Mein Ziel ist es, in den am stärksten gefährdeten Wäldern der Welt mit der größten Artenvielfalt Baumwipfelpfade zu bauen.

    Meg Lowman

    Plan B
    Quelle: ZDF

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    ZDFheute: Welche Bedeutung haben die großen Bäume?
    Lowman: Wir müssen alles in unserer Macht Stehende tun, um die Riesenbäume zu retten. Es reicht nicht aus, Setzlinge zu pflanzen, auch wenn das wichtig und schön ist.
    In einem einzigen Feigenbaum leben wahrscheinlich Millionen von Lebewesen: winzige Mikroorganismen, Vögel, die nisten, Vögel, die die Feigenfrüchte essen, verschiedene Pilzarten, Säugetiere und Insekten.
    Ich stelle mir die Bäume immer wie große Goldbarren in den Wäldern vor. Wenn die Menschen sie als etwas Wertvolles ansehen würden, könnten sie vielleicht ihre Meinung über das häufige Abholzen der Bäume ändern. Für mich steht fest: Die Rettung der Riesenbäume ist meine Mission.
    Das Interview führten Carina und Stefanie Nickel.

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