Klimawandel: Forscher entdecken den Ursprung der Antarktis

    Überraschende Entdeckung:Warum das ewige Eis der Antarktis schmilzt

    von Kai Remen
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    Die Antarktis ist anders entstanden als gedacht. Das haben Forscher durch Bohrungen und Modellierungen herausgefunden. Es könnte gravierende Auswirkungen im Klimawandel haben.

    Schiff im Eis
    Gravierend für den Klimawandel: Das "ewige" Eis der Antarktis ist anders entstanden als bisher gedacht. Das fanden Forscher des Alfred-Wegener-Instituts nach Bohrungen heraus.11.07.2024 | 3:40 min
    Die Antarktis ist die größte Eiswüste der Erde und in weiten Teilen noch unerforscht. Dazu gehört auch ihre Entstehung. Bislang war die Wissenschaft davon ausgegangen, dass sich die charakteristischen Eisschilde im Zentrum gebildet und von dort ausgebreitet haben. Doch diese Annahme ist falsch.
    Zu diesem überraschenden Ergebnis kommt ein internationales Forscherteam nach jahrelanger Arbeit. Demnach hat sich vor rund 34 Millionen Jahren das Eis im heutigen Ost-Teil der Antarktis entwickelt und sich erst langsam gen Westen ausgebreitet. Die jetzt in der Fachzeitschrift Science veröffentlichte Forschung lässt mehrere Schlüsse zu - vor allem zeichnet sie aber ein bitteres Bild vom Klimawandel.
    Eine riesige Eisfläche im Meer, aus der das Wasser bogenartige Stücke herrausbricht.
    Der größte Eisberg der Welt schmilzt. Durch wärmere Luft und Wasser werde der Koloss früher oder später zermahlen und verschwinden, sagen Forschende.20.01.2024 | 0:16 min

    Sedimentproben entschlüsseln Erdgeschichte

    Nach jahrelanger Vorplanung sticht 2017 das Forschungsschiff "Polarstern" zu einer Expedition in den Westen der Antarktis auf. An Bord sind Forscher, Techniker und ein ganz spezielles Werkzeug. Mit Hilfe einer riesigen Bohrers nehmen die Wissenschaftler Sedimentproben im Westen der Antarktis mit dem Ziel, diese mit Proben aus dem Osten zu vergleichen.
    Die Analyse ergibt, der Meeresboden im westlichen Teil ist deutlich anders aufgebaut. So lassen sich in speziellen Schichten keine Anzeichen von Eis erkennen. Die Forscher kommen durch Modellierungen zu dem Schluss: Im Westen kann es erst vor rund 27 Millionen Jahren Eis gegeben haben und damit mindestens sieben Millionen Jahre später als im Osten.
    Eine meterbreite Apparatur, ein spezieller Sediment-Bohrer, liegt an Deck des Forschungsschiffes Polarstern.
    Auf einem computergenerierten Bild ist ein Spezialbohrer zu sehen, der in die Tiefe des Ozeans herabgelassen wird.
    In einem Kontrollraum sitzen Menschen vor Bildschirmen und überwachen die Bohrung in der Tiefe der Antarktis
    Mehrere Wissenschaftler untersuchen an Bord des Schiffes die gewonnen Bohrproben.

    Spezialwerkzeug an Deck

    Ein Spezialbohrer wird zur Gewinnung sogenannter "Bohrköpfe" eingesetzt.

    Quelle: MARUM/ Thorsten Klein


    Eis schmilzt im Westen der Antarktis schneller

    Doch warum ist das wichtig? Als sich das Eis der Antarktis bildet, vollzieht sich in der Erdgeschichte der bisher letzte große Klimawandel - von einem Treibhausklima in ein Eishausklima. Heute, so glauben viele Wissenschaftler, wandelt sich das Klima wieder in die andere Richtung. Der Blick in die Vergangenheit könnte also Schlüsse für die Zukunft zulassen, erklärt der Erstautor der Studie, Dr. Johann Klages, gegenüber dem ZDF.

    Weil die Westantarktis sehr viel länger gebraucht hat, um das Eis aufzubauen, wird sehr viel weniger Aufwand nötig sein, um dieses Eis wieder verschwinden zu lassen.

    Johann Klages, Alfred Wegener Institut

    Mit "Aufwand" meint der Geologe CO2-Ausstoß. Die durch CO2 verursachte Erderwärmung wird zudem gerade in der Westantarktis bemerkbar. Denn das dortige Eis liegt zu großen Teilen im wärmeren Wasser und schmilzt damit deutlich schneller als das auf Festland aufliegende Eis im Osten.
    Virtuelles Studio, Özden Terli, Grafik Schelfeis, Grafik Gletscher, Erde
    Seit 25 Jahren schmilzt das Schelfeis in der Westantarktis. Neueste Studien besagen, dass der Kipppunkt erreicht und das Abschmelzen nicht mehr aufgehalten werden kann.09.11.2023 | 0:46 min

    Gravierende Folgen für Mensch und Tier

    Schon heute schmilzt das Eis der Antarktis besorgniserregend schnell. Es ist ein Dominoeffekt: Schmelzen die auf dem Wasser aufliegenden Schollen, schmilzt auch das dahinterliegende größere Schelfeis. Damit fehlt eine Schutzschicht für das massive dahinterliegende "ewige" Eis. Dieser Verlauf wird zudem immer schneller. Viele Wissenschaftler glauben, dass der Effekt schon nicht mehr umkehrbar ist.
    Für Pinguine, Robben und Co. fallen damit direkte Lebensräume weg. Für den Menschen wird der ansteigende Meeresspiegel ein existenzielles Problem. Ein zeitlicher Horizont ist zwar nur schwer definierbar, doch alleine der massive Thwaites-Gletscher lässt schon heute den Meeresspiegel ansteigen. Auch dieser Gletscher, der größer ist als Florida, liegt im anfälligen Westen.

    Wenn wir uns vorstellen, wir lassen nur das westantarktische Eis schmelzen, würde das bedeuten, dass wir weltweit dreieinhalb bis fünf Meter Meeresspiegel-Anstieg kriegen.

    Johann Klages, Alfred Wegener Institut

    ZDFheute-KlimaRadar
    :Daten zum Klimawandel im Überblick

    Der weltweite Ausstoß von CO2 steigt weiter an: Für 2024 erwarten die Forschenden des Global Carbon Projects erneut einen Rekordwert. Welche Länder am meisten ausstoßen.
    von Moritz Zajonz
    Fünf Icons mit Fabrikschlot, Blitz, Thermometer vor Deutschland und Weltkarte, und einem Haus über Wellen. Im Hintergrund ein Braunkohlekraftwerk.
    Grafiken

    Forschung soll "Weckruf" sein

    Die Forscher hoffen, dass ihre Entdeckung ein weiterer, leider notwendiger Weckruf ist, den CO2-Ausstoß zu verringern. In der Erdgeschichte habe es zwar schon immer Klimawandel gegeben, aber es gehe gar nicht darum, die Erde zu retten oder die Umwelt zu schutzen, meint Johann Klages. Aber:

    Es geht ganz klar darum, uns Menschen zu schützen, dass wir weiterhin einigermaßen vernünftig auf diesem Planeten leben können.

    Johann Klages, Alfred Wegener Institut

    Dazu hilft das Wissen über die Vergangenheit, davon sind Geologe Johann Klages und seine Kollegen überzeugt. Deshalb werden sie auch weiterhin mit der Polarstern in die größte Eiswüste unserer Erde aufbrechen, Proben sammeln, analysieren und über die Folgen der Menschheit, einem "jungen Phänomen auf der Erde", aufklären. Es gibt noch vieles, was wir nicht wissen.

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