Folgen der EZB-Zinspolitik: Immer mehr Zwangsversteigerungen

    Folgen der EZB-Zinspolitik:Immer mehr Zwangsversteigerungen

    Stefan Schlösser
    von Stefan Schlösser
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    Die Zahl der Zwangsversteigerungen in Deutschland ist deutlich angestiegen. Offenbar können viele Menschen die Kreditraten für ihre Immobilie nicht mehr bedienen.

    Grafik Zwangsversteigerungen
    Seit 2023 werden wieder mehr Häuser und Wohnungen zwangsversteigert. Der Grund: Viele Eigentümer haben zu günstigen Zinsen für Darlehen zugegriffen, diese sind mittlerweile aber wieder deutlich angestiegen.18.07.2024 | 1:32 min
    Es ist eine Kehrtwende. Nachdem die Zahl der Zwangsversteigerungen von Immobilien seit 2004 nach einem Höchststand von über 90.000 Einheiten kontinuierlich und drastisch gesunken ist, kamen im vergangenen Jahr erstmals wieder mehr Objekte unter den Hammer. Genau 12.332, und damit ein Plus von 2,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das hat der Fachverlag Argetra aus Ratingen ermittelt. Und die Zahlen werden weiter steigen, im ersten Halbjahr 2024 gab es bereits 6.909 Zwangsversteigerungen.
    Eine Entwicklung, die man beim Eigentümer-Verband Haus&Grund Hessen mit Sorge betrachtet. Justiziarin Nicole Merta führt das vor allem auf die sprunghaft gestiegenen Zinsen zurück.

    Wenn Anschlussfinanzierungen anstehen, gerade für Eigentümer, die zu Zeiten der Niedrigzinsphase ihren Immobilienkredit abgeschlossen haben, dann können die jetzt die neuen hohen Raten nicht mehr finanzieren.

    Nicole Merta, Justitiarin

    Die EZB hat seit Sommer letzten Jahres den Leitzins im Rekordtempo von Null auf über vier Prozent hochgeschraubt. Auch die Bauzinsen sind massiv gestiegen, haben sich teilweise mehr als vervierfacht.

    EZB hält Zinsen konstant

    Die Europäische Zentralbank (EZB) hält die Zinsen im Euroraum konstant. Der Leitzins, zu dem sich Banken Geld bei der Notenbank besorgen können, liegt weiter bei 4,25 Prozent, wie die EZB am Donnerstag in Frankfurt mitteilte. Der Einlagenzins, den Banken für geparkte Gelder erhalten, beträgt weiter unverändert 3,75 Prozent. 
    Quelle: dpa

    Eigentümer können Kreditschulden nicht mehr bezahlen

    Was das ausmacht, zeigt ein Rechenbeispiel. Bei einer Darlehenssumme von 300.000 Euro und einer Laufzeit von zehn Jahren mit einer Tilgung von zwei Prozent mussten Kreditnehmer 2014 bei einem Zins von 1,5 Prozent eine monatliche Rate von 875 Euro aufbringen. Aktuell bei einem Zins von 3,5 Prozent sind es schon 1.375 Euro - 500 Euro mehr, jeden Monat.
    Das kann schon bei vielen ein großes Loch ins Portemonnaie reißen. Und allzu viele Käufer haben bei ihrer ursprünglichen Finanzierung auf Kante genäht. Geringe Tilgung, kaum Reserven. Sie trifft es als Erstes.
    Zu einer Zwangsversteigerung kommt es, wenn Eigentümer ihre Kreditschulden nicht mehr begleichen können. Ist ein Verkauf auf dem freien Markt nicht möglich, leitet der Gläubiger beim Amtsgericht ein Verfahren zur Zwangsversteigerung ein. Ein Gutachter legt einen Mindestpreis fest, bieten kann dann jeder Interessierte.
    Kredite sind teurer geworden, aber historisch gesehen sind die Bauzinsen immer noch auf einem überschaubaren Niveau. "In den letzten 30 Jahren liegt der durchschnittliche Zinssatz der 10-jährigen Zinsverschreibung bei circa sechs Prozent," sagt Michaela Prehn vom Baufinanzierer Dr. Klein Privatkunden AG. Und natürlich hätten die Menschen heute mehr Geld in der Tasche, teilweise gab es kräftige Lohnzuwächse. Die allerdings teilweise wieder von der Inflation aufgezehrt wurden.
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    Immobilienpreise werden weiter steigen

    Klar ist aber auch, wer ein Haus oder eine Wohnung besitzt, wird in der Regel nicht ärmer. Die Immobilienpreise sind in der Vergangenheit stark gestiegen, insbesondere in den Metropolregionen. Nach einem kurzzeitigen Rückgang der Preise ziehen sie jetzt wieder an. Wer es sich leisten kann und darüber nachdenkt, sollte jetzt zugreifen, rät Michaela Prehn:

    Der Zinssatz wird nicht mehr historisch tief sinken und die Immobilienpreise werden weiter steigen, weil wir sehr starke Tendenzen auf steigende Mieten haben.

    Michaela Prehn, Baufinanzierer Dr. Klein Privatkunden AG

    Dazu kommt: Der Wohnungsbau ist in der Krise, das Angebot an verfügbarem Wohnraum ist viel zu gering - das treibt die Preise. Aber das muss man sich erst einmal leisten können.
    Die eigenen vier Wände sind für viele Menschen ein Traum. Und selbst wenn man ihn sich erfüllen konnte, kann der Traum noch zerplatzen. Die Experten von Argetra gehen davon aus, dass die Zahl der Zwangsversteigerungen weiter zunehmen wird.

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