Rückgang im Januar:Warum die Inflationsrate nur langsam sinkt
von Stephanie Barrett
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Die Inflation in Deutschland ist im Januar zwar deutlich gesunken, doch Experten rechnen nun mit einem eher holprigen Rückgang der Teuerungsrate. Das sind die Gründe.
Die Inflation in Deutschland ist weiter auf dem Rückzug. Ob das gute Nachrichten für die Verbraucher sind, berichtet Valerie Haller von der Frankfurter Börse.31.01.2024 | 0:58 min
Diesmal war die Spannung besonders groß, ob sich der Aufwärtstrend im Januar fortsetzen würde. Denn nach mehreren Rückgängen war die Inflation im Dezember wieder überraschend kräftig von 3,2 auf 3,7 Prozent geklettert, in der Euro-Zone von 2,4 auf 2,9 Prozent.
Bundesbankpräsident Joachim Nagel nannte erst kürzlich die grassierende Inflation "ein gieriges Biest" und verglich den Kampf gegen die Teuerung mit einem Marathonlauf, bei dem die berühmte letzte Meile bekanntlich die schwerste sei.
Doch jetzt hat sich die Inflation in Deutschland im Januar deutlich abgeschwächt - auf 2,9 Prozent. Noch niedriger und damit auch näher am Zwei-Prozent-Ziel der EZB wäre die Inflation ausgefallen ohne die von der Bundesregierung beschlossenen Mehrwertsteuererhöhungen in der Gastronomie, bei Erdgas und Fernwärme.
Auch die Anhebung des nationalen CO2-Preises von 30 Euro auf 45 Euro je Tonne schlägt zu Buche. Hinzu kommen steigende Netzentgelte, die den Strom verteuern.
Hohe Inflation droht weiterhin
Das "Inflationsgespenst" ist also längst nicht gebannt, dafür sorgen auch globale Gefahren im Energiesektor:
So haben die Angriffe der Huthi-Rebellen im Jemen auf Containerschiffe im Roten Meer den Schiffsverkehr durch den Suezkanal einbrechen lassen. Prämien für das Befahren des Roten Meeres haben sich seitdem verzehnfacht. Viele Reeder wählen inzwischen deshalb den Umweg über das Kap der Guten Hoffnung, wodurch sich die Passage um bis zu 20 Tage verlängert, was Güterlieferungen entsprechend verzögert.
Egal ob Strom, Gemüse oder Brot - Zahlen belegen: 2023 war extrem teuer. Die Inflation geht nur allmählich zurück.04.01.2024 | 1:36 min
Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg-Bank, erwartet, dass der Konflikt im Roten Meer die Teuerungsrate in der Euro-Zone in den nächsten drei Monaten um etwa 0,2 Prozentpunkte erhöhen könnte.
Ölpreise könnten in die Höhe schießen
Und sollte die Lage im Nahen Osten weiter eskalieren und Öltransporte durch den Persischen Golf zum Erliegen bringen, könnten die Ölpreise in die Höhe schießen. Experten rechnen für diesen Fall mit einem Ölpreis von 120 Dollar je Barrel (aktuell: 80 Dollar).
Auch die von US-Präsident Joe Biden angekündigte Verknappung von amerikanischen Flüssiggaslieferungen nach Europa könnte die Energiepreise weiter unter Druck setzen.
Deutschland steckt in einem Gas-Dilemma. LNG, verflüssigtes Erdgas, soll den Wegfall der russischen Lieferungen ausgleichen. Doch die Pläne der Bundesregierung sind teuer und klimaschädlich.09.11.2023 | 28:49 min
Inflationsrisiko durch höhere Löhne
In den vergangenen Monaten sind die Löhne in Reaktion auf die hohe Inflation in nahezu allen Ländern der Euro-Zone kräftig gestiegen. Ende 2023 lagen die Tariflöhne 4,7 Prozent höher als im Vorjahr. Die effektiv gezahlten Löhne verzeichneten sogar ein Plus von 5,2 Prozent.
Arbeitskräfte bleiben auch weiterhin knapp, das dürfte den Gewerkschaften Rückenwind für die kommenden Tarifverhandlungen geben. 2024 stehen Verhandlungen im Baugewerbe, in der Chemiebranche, der Metallindustrie sowie im öffentlichen Dienst an.
Zum Jahreswechsel bleiben die Preise an der Supermarktkasse hoch. Besonders die Lebensmittelpreise sind von der Inflation betroffen. Tendenziell lässt die Teuerung aber nach.04.01.2024 | 1:35 min
Weniger Output pro Arbeitsstunde im vergangenen Jahr
Die Bundesbank rechnet im Schnitt mit einem Anstieg der Tariflöhne um fünf Prozent. Allerdings steht den - nachvollziehbaren - Lohnschüben kein Schub bei der Produktivität gegenüber. Im vergangenen Jahr schrumpfte der Output pro Arbeitsstunde in Deutschland um 0,9 Prozent, in der Euro-Zone um 0,8 Prozent.
Für 2024 rechnet die EZB mit einem Anstieg der Produktivität um lediglich 0,4 Prozent. Bedeutet: Die Lohnstückkosten steigen kräftig - in der Folge werden Unternehmen die Preise anheben, was wiederum die Preise steigen lässt.
Importpreise für Rohstoffe gefallen
Immerhin meldet das Statistische Bundesamt heute kräftig gefallene Importpreise für Rohstoffe: Im Dezember fielen sie im Vergleich zum Vorjahresmonat um 8,5 Prozent, und damit so stark wie seit der Finanzkrise nicht mehr. Zeitverzögert könnte das bei Preisen durchschlagen.
Doch angesichts der vielen schwelenden Risiken rechnen die meisten Ökonomen eher mit einem holprigen Rückzug der Inflation.
Stephanie Barrett ist Redakteurin in der ZDF-Hauptredaktion Wirtschaft, Soziales und Umwelt
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