Bundeswirtschaftsminister Habeck sieht die Wirtschaft im Frühjahr an einem konjunkturellen Wendepunkt. 24.04.2024 | 1:31 min
Der Minister betritt den Saal mit ernstem Gesicht.
Robert Habeck, der für die
Grünen das Kanzleramt erobern will, kennt das Maskenspiel politischer Mimik: konzentriert, aber zuversichtlich, so haben die Wähler es gerne. Und was der Minister dann verkündet, passt genau zu seiner Mimik: Die Bundesregierung
korrigiert ihre Wachstumserwartung nach oben, wenn auch nur minimal.
Um 0,3 Prozent werde das Bruttoinlandsprodukt 2024 steigen - der Wert aller Waren und Dienstleistungen, die im Lauf eines Jahres in Deutschland erwirtschaftet werden. Im Herbst hatte Berlin noch 0,2 Prozent plus erwartet.
Habecks Prognose womöglich trügerisch
Was wie ein Silberstreif am Horizont aussieht, könnte sich jedoch schnell als trügerisch erweisen. Zwar ziehen Indikatoren wie die Industrieproduktion seit ein paar Wochen deutlich an, auch die
Inflationsrate ist signifikant zurückgegangen: von 5,9 Prozent im vergangenen Jahr auf nun noch 2,4 Prozent.
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Die Kerninflationsrate jedoch, die im Preis stark schwankende Produkte wie Lebensmittel oder Energie herausrechnet, liegt bei 2,8 Prozent und damit deutlich höher; erst im kommenden Jahr soll sie auf unter zwei Prozent zurückgehen.
Unternehmen in Deutschland fehlen Arbeitskräfte
Tatsächlich bleibt die Aussicht auf eine nachhaltige Erholung der deutschen Wirtschaft zunächst nicht mehr als eine vage Hoffnung. Den Unternehmen im Land fehlen mittlerweile nicht mehr nur
Fachleute, sondern überhaupt Arbeitskräfte.
Ein Problem, das sich durch vereinfachte Einwanderungsregeln lösen ließe, aber auch durch Anreize für ältere Arbeitnehmer, länger im Betrieb zu bleiben. Oder durch bessere Kinderbetreuung und mehr Homeoffice-Angebote, um qualifizierten Frauen nach der Gründung einer Familie die Rückkehr ins Berufsleben zu erleichtern.
Prognostiziertes Wirtschaftswachstum 2024
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Strukturelle Probleme hemmen Wachstum
Habeck zählt zu den Hauptgründen für das langsame Wachstum jedoch zusätzlich die Investitionszurückhaltung vieler Unternehmen; vor allem in der Bauindustrie, aber auch beim Maschinen- und Anlagenbau. Die zentralen Gründe dafür kennt der Minister genau. Es sind strukturelle Probleme wie hohe Steuern, teure Energie und eine lähmende Bürokratie.
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Zwar hätten die Strompreise sich wieder auf einem ähnlichen Niveau eingependelt wie vor dem
russischen Angriff auf die Ukraine, sagt Habeck, eine spürbare Entlastung der Unternehmen durch eine breite Senkung der Unternehmenssteuern aber gebe der Bundeshaushalt nicht her.
Inflationsrate sorgt für Kaufzurückhaltung
Niedrigere Zinsen könnten helfen, empfiehlt der Minister und spielt den Ball zurück an die Zentralbanken: Sie entscheiden unabhängig über die Höhe der Leitzinsen. Nach der erheblichen Geldmengenausdehnung durch die Corona-Kredite aber und der folgenden Inflationsschübe dürften die Währungshüter wohl erst dann die Zinsschraube lockern, wenn die Teuerungsraten sich stabil unter zwei Prozent einpendeln.
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Ähnliches gilt für Konsumausgaben: Auch die privaten Haushalte geben ihre vorsichtige Kaufzurückhaltung wahrscheinlich erst dann auf, wenn die Inflationsrate sich stabilisiert und die Zinssätze für Verbraucherdarlehen zurückgehen.
Bürokratie in Deutschland bleibt ein Problem
Der Elefant im Raum bleibt das Thema Bürokratie. Zwar verweist auch Habeck, ähnlich wie der Kanzler, auf eine erhebliche Beschleunigung der Genehmigungsverfahren ("Deutschlandtempo"), verschweigt aber, dass ein beträchtlicher Teil dieser Verzögerungen auf das Konto "grüner" Regulierungen geht.
Anschaulich wird das am Beispiel eines größeren Familienunternehmens, das zur gleichen Zeit in den Ausbau von Fertigungsanlagen in den
USA und am Stammsitz in Deutschland investieren wollte; Ausrüstungsinvestitionen in immerhin dreistelliger Millionenhöhe. In Amerika stand die Halle schon, während in Deutschland nicht mal eine Baugenehmigung vorlag: Das Unternehmen sollte auf dem Baugrundstück erstmal die Insekten zählen.