Das bedeuten die Sonderzölle im Alltag

Auswirkungen im Überblick:Das bedeuten die Sonderzölle im Alltag

von Karen Grass
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Die USA haben Zoff mit dem Rest der Welt. Doch wie wirken sich die Zölle und Gegenmaßnahmen jetzt konkret aus, wie läuft das in der Praxis und gäbe es einen Ausweg? Ein Überblick.

Viele Autos stehen nebeneinander geparkt auf dem Gelände der Opel-Fabrik in Rüsselsheim.
Die Automobilindustrie rechnet mit immensen Auswirkungen der US-Zölle.
Quelle: AP/Michael Probst

Die USA haben vergangenen Mittwoch Zölle auf Einfuhren aus den meisten Staaten der Welt verhängt. Die aggressive Zollpolitik schürt weltweit die Furcht vor einem großen Handelskrieg mit gravierenden Folgen für Unternehmen und Verbraucher. Wie sich die Zölle auswirken könnten - ein Überblick.
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1. Wie läuft das mit den Zöllen in der Praxis?

Zoll zahlt, wer ein Produkt importiert. Klingt banal, heißt aber: Der Aufwand mit den US-Sonderzöllen liegt erstmal auf amerikanischer Seite. Da für viele Länder ab Mittwoch unterschiedliche Sätze greifen sollen, müssen die Zollbehörden bald ziemlich viel sortieren - und rechnen.
"Das ist extremer Aufwand, in der ganzen Lieferkette wird es zu Verzögerungen kommen, die Situation ist vielleicht vergleichbar mit dem Brexit", sagt Malte Heyne, Hauptgeschäftsführer der Handelskammer Hamburg.

Auch wenn US-Präsident Donald Trump der EU pauschal mit 20 Prozent Aufschlag gedroht hat, gilt das bei Weitem nicht auf alles.
  • So werden Stahl, Aluminium und Autos bereits mit einem Zusatzzoll von 25 Prozent belegt.
  • Medikamente wiederum sind bisher von den Zöllen ausgenommen. Auf sie gibt es gemäß der Übereinkunft der sogenannten Uruguay-Runde seit den 1990er Jahren keine Zölle. Doch Trump behält sich den Pharmabereich als Faustpfand für die weitere Eskalation vor.
  • Auch EU-Winzer*innen droht er weiter mit 200 Prozent - erstmal soll auf Wein aber der neue Standardsatz für die EU von 20 Prozent gelten. Damit die Eskalation nicht kommt, hat die EU nun auch kurzfristig US-Whiskey von ihrer Liste der geplanten Gegenzölle gestrichen.
  • Die EU will allerdings an anderer Stelle Gegenmaßnahmen ergreifen - auf der ersten Stufe sind das ab Mitte April die berüchtigten Zölle auf US-Motorräder, Jeans, Erdnussbutter und Co.
  • Importiert man z.B. Harleys nicht gerade privat, wird man die EU-Zollaufschläge auf solche Produkte an der Ladenkasse zahlen und nie selbst Kontakt mit den Zollbehörden haben.

Nach der Zahlung an die Zollbehörde durch den Importeur wandert der Aufschlag in der Lieferkette weiter:

Letztlich werden die Zollkosten dann größtenteils vom Endkunden gezahlt.

Malte Heyne, Hauptgeschäftsführer der Handelskammer Hamburg.

Für die US-Bevölkerung wird’s also teurer.

2. Wo werden EU-Verbraucher die Zölle spüren?

Die Europäische Union plant ab Mitte April Gegenzölle, einige US-Produkte dürften hier dann teurer werden. Über alle Produkte hinweg halten Fachleute aber auch Preissenkungen für möglich, falls internationale Handelsströme in die EU umgeleitet werden. Die ersten EU-Gegenzölle umfassen zudem nur kleine Teile des Handels.
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Privatleute würde es wohl stärker treffen, falls die EU im nächsten Schritt digitale Dienste beschränkt oder verteuert. Videocalls, Social Media, die Lieblingsserie - da wären wir ohne US-Anbieter oft aufgeschmissen. Ansatzmöglichkeiten gäbe es aber bei Diensten, für die es europäische Alternativen gibt: Etwa Klarna oder Wero statt Paypal.
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3. Hat Trump mit Kritik am Handelssystem einen Punkt?

Bisher waren die bilateralen Zölle zwischen den USA und der EU niedrig. US-Präsident Donald Trump kritisierte aber insbesondere den EU-Zoll von zehn Prozent auf Pkw. Hat er da einen Punkt, würden wir sonst mehr US-Autos kaufen? Expertin Sabine Stephan vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung glaubt das nicht:

Die US-Autobauer haben die Bedürfnisse der europäischen Kunden zuletzt einfach nicht gut getroffen. Ihre Autos sind zu groß für unsere Straßen, sie fressen zu viel Sprit.

Sabine Stephan, Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung

Außerdem würden leichte Nutzfahrzeuge wie Pickups, die im US-Markt 80 Prozent der Neuzulassungen ausmachen, von amerikanischer Seite ebenfalls mit einem Einfuhrzoll von 25 Prozent geschützt. Trump glaubt womöglich selbst nicht, dass US-Pickups ohne Zölle ein Exportschlager würden. Das jüngste EU-Angebot, Industriegüter von Zöllen auszunehmen, hat er abgelehnt.

  • Zwischen den USA und der EU gibt es kein Freihandelsabkommen, die Verhandlungen um TTIP endeten 2016 ohne Ergebnis. Dennoch bestand bei vielen Produkten bisher quasi Freihandel, auf die meisten der Top Ten Importprodukte beider Seiten (vor allem Rohstoffe, Industriegüter und Pharmaprodukte) galten bisher null Prozent Zoll.
  • Laut WTO liegen die handelsgewichteten Zölle im bilateralen Handel insgesamt bei 1,4 Prozent (USA) und 1,7 Prozent (EU).
  • Insgesamt erzielte die EU zuletzt einen Handelsüberschuss mit den USA - allerdings war der insgesamt deutlich geringer als die reinen Warenwerte vermuten ließen. Während die EU nämlich 157 Milliarden Euro Überschuss bei den Waren erzielte, erreichten die USA bei den Dienstleistungen einen Überschuss von 109 Milliarden Euro.
  • Werden sie übervorteilt, können Staaten auch innerhalb der Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) Vergeltungszölle erheben - das nutzten die USA 2019 etwa nach einem Streitschlichtungsurteil der WTO wegen EU-Subventionen an den europäischen Flugzeugbauer Airbus.

"Unterschiede gibt es in der Landwirtschaft, da ist der Einfuhrzoll der EU tatsächlich knapp doppelt so hoch wie der der USA. Aber das ist ja immer Ergebnis von Verhandlungen", sagt Stephan. So bezollen die USA teils andere Produkte höher.
Und was ist mit den "nicht-tarifären" Vorgaben der EU etwa für Lebensmittelimporte, an denen sich Trump ebenfalls aufhängt? Das europäische Vorsorgeprinzip sei keine Handelsdiskriminierung, sondern gelte für alle Firmen, so Stephan: "EU-Bürger möchten eben wissen, ob Fleisch hormonbehandelt ist." Sie fügt hinzu:

Auf der anderen Seite wollen die Amerikaner keinen Schimmelkäse aus Frankreich essen und lassen den nicht zu - viele Regulierungsunterschiede sind also eher kulturell bedingt.

Sabine Stephan, Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung

4. Gibt es trotzdem Reformbedarf?

Trump habe allerdings einen Punkt bei der Stellung Chinas. Die Volksrepublik wurde als Entwicklungsland in die WTO aufgenommen und hat diesen Schutzstatus weiter inne - obwohl sie heute eine Top-Handelsmacht ist.
Immer wieder fällt China mit Subventionen für heimische Produzenten auf. Reformbedarf der WTO ist also kaum zu bestreiten. "Es gab unter Joe Biden eine Initiative, um mit diversen Staaten gemeinsam gegen die unlauteren Subventionen vorzugehen. Die wurde aber nie realisiert", sagt Expertin Stephan.
Vielleicht käme Trump seinem vorgeblichen Ziel des fairen Handels näher, wenn er diesen Faden wieder aufnähme.
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