Krise bei Autozulieferer ZF: Rüstung als Ausblick für Jobs?

    Autozulieferer ZF in der Krise:Jobabbau in Autobranche: Rüstung als Lösung?

    von Jasmin Astaki-Bardeh, Stuttgart
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    Zulieferer ZF meldet tiefrote Zahlen. Tausende Stellen werden gestrichen - kein Einzelfall in der Autobranche. Kann der Boom im Militärgeschäft Mitarbeitern eine Perspektive geben?

    ZF-Zentrale mit blauem Himmel
    Der Autozulieferer ZF ist 2024 tief in die roten Zahlen gerutscht. In den kommenden Jahren werden Tausende Stellen abgebaut.20.03.2025 | 1:21 min
    Die Krise der Autoindustrie trifft Baden-Württemberg besonders hart. Die großen Arbeitgeber, wie Bosch, Mercedes und Porsche schreiben deutlich weniger Stellen aus als im vergangenen Jahr.

    Rote Zahlen bei ZF

    An diesem Donnerstag folgt eine weitere Hiobsbotschaft: Der Autozulieferer ZF aus Friedrichshafen am Bodensee ist tief in die roten Zahlen gerutscht. Im Jahr 2024 lag der Verlust bei knapp einer halben Milliarde Euro. Das Unternehmen ist hochverschuldet und muss Milliardenkredite abzahlen.

    Erstmal befindet sich die Automobilindustrie in Summe im perfekten Sturm. Also eine schwierige Lage für die Automobilindustrie. Das gleiche gilt dann auch für die ZF, denn diesem Trend können wir uns nicht entziehen.

    Holger Klein, ZF-CEO

    Um Schlimmeres abzuwenden setzt ZF auf Einsparungen und Stellenabbau. Bis zu 14.000 Arbeitsplätze sollen in den kommenden drei Jahren gestrichen werden.
    SGS Wolf Haller
    Der deutsche Leitindex DAX ist auf knapp unter 23.000 Punkte gesunken. Das liege auch an den Autowerten, sagt Valerie Haller an der Börse. Strafzölle seien wieder im Fokus.20.03.2025 | 1:42 min
    Für die Beschäftigten bei ZF heißt das: unsichere Zeiten. Die kennt auch der ehemalige Mitarbeiter Ibrahim Chiarenza, der von einer angespannten Stimmung berichtet.

    Weil eben keiner wusste, in welche Richtung das geht. Wir haben ständig hören müssen, dass eben die Auftragslage schlechter wird.

    Ibrahim Chiarenza, Mitarbeiter bei ZF

    Er selbst suchte nach einer sicheren Zukunftsperspektive, einem festen Arbeitsvertrag. Den bekommt er bei der Nachbarsfirma Rolls Royce Powersysteme in Friedrichshafen. Am 1. Februar beginnt er im Rüstungsgeschäft der Firma. Dort werden Antriebe hergestellt - für Panzer statt Autos.  
    "Wenn man sich die Militärbranche anschaut, dann scheint es ja die nächsten Jahre sicher zu sein", sagt Chiarenza - auch mit Blick auf seine Familie.
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    Startups treiben Innovationen in der Rüstungsbranche voran. Das kann entscheidend für die europäische Verteidigungsfähigkeit sein.19.03.2025 | 3:11 min

    Umsatteln aufs Militärgeschäft?

    Kann das Militärgeschäft die Zukunft für weitere Mitarbeiter der Autozulieferer sein? Um den Bodensee ballen sich historisch bedingt viele Rüstungskonzerne.
    Die geplanten milliardenschweren Ausgaben für die Verteidigung verheißen viele Aufträge und damit auch mehr Personal. Vorstandsvorsitzer Jörg Stratmann von Rolls-Royce Powersystems sieht durchaus ein Potenzial in der Übernahme von Mitarbeitern aus der Automobilbranche:

    Potenziell haben sie Fähigkeiten, die wir benötigen. Wir haben technisch anspruchsvolle Produkte, das entspricht in Teilen denen der Automobil-Zuliefererindustrie. Sodass wir durchaus Möglichkeiten sehen, aus dieser Industrie Personal zu rekrutieren.

    Dr. Jörg Stratmann, Vorstandvorsitzender von Rolls-Royce-Powersysteme

    Auch Automobilexperte Stefan Bratzel sieht Überschneidungen bei den Kompetenzen, die in der Auto- als auch der Rüstungsindustrie gebraucht werden: "Das geht von der Motorenherstellung über die Stahlverarbeitung bis hin zum Thema Sensorik und Datenverarbeitung. All das wird man künftig eben auch in der Rüstungsindustrie benötigen", sagt Bratzel.
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    Studie: Jeder fünfte Job könnte wegbrechen

    Doch in welchem Ausmaß könnten wegfallende Jobs in der Automobilindustrie kompensiert werden? Ein Studie im Auftrag vom Verband der Automobilbauer schätzt, dass bis 2035 jeder fünfte Job wegbrechen könnte, sprich ca. 140.000 Stellen.
    Die Gewerkschaft IG Metall in Friedrichshafen glaubt nicht, dass alle wegfallenden Arbeitsplätze durch die Rüstungsindustrie aufgefangen werden. Automobilexperten schätzen den Anteil sogar nur auf unter zehn Prozent.

    Die Menge von Arbeitsplätzen, die in der Automobilindustrie auf dem Spiel steht, kann und wird niemals durch den Beschäftigtenaufbau in der wehrtechnischen Industrie abgefedert werden.

    Helene Sommer, IG Metall Friedrichhafen

    Auch das Unternehmen ZF hat eine kleine Militärdivision. Bisher hat der Konzern nicht vor, sein Militärgeschäft auszuweiten.

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    Quelle: dpa

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