Aus für Beschäftigungssicherung:Volkswagen kündigt Tarifverträge mit IG Metall
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Volkswagen hat mehrere Tarifverträge mit der IG Metall gekündigt. Damit hat der angeschlagene Autobauer den Weg für betriebsbedingte Kündigungen frei gemacht.
VW hat sechs Tarifverträge gekündigt, einschließlich des Beschäftigungssicherungsvertrags, was ab Juli 25 Kündigungen erlaubt. IG Metall und Betriebsrat kündigen Widerstand an.10.09.2024 | 1:28 min
Volkswagen hat eine Reihe von Tarifverträgen mit der IG Metall gekündigt. Der Schritt sei Teil einer "umfassenden Restrukturierung", wie der Konzern mitteilte. Teil davon ist auch die seit 1994 geltende Beschäftigungssicherung. Der Vertrag laufe damit Ende des Jahres aus. Sechs Monate später sind dann betriebsbedingte Kündigungen möglich, also ab dem 30. Juni 2025.
Das Kündigungsschreiben für sechs Tarifverträge zum 31. Dezember 2024 wurde demnach fristgerecht an die IG Metall Bezirksleitung Niedersachsen und Sachsen-Anhalt übergeben.
Der deutsche Automobilhersteller VW kündigte jüngst umfangreiche Sparmaßnahmen an. Ein Blick in drei weitere europäische Länder zeigt die Auswirkungen der Automobilkrise.10.09.2024 | 3:19 min
Neuhann: Ankündigung von VW "keine leere Drohung"
"Dass VW die Beschäftigungssicherung formal aufkündigt und damit den Weg freimacht für Entlassungen, ist erstmal keine große Überraschung", erklärt ZDF-Wirtschaftsexperte Florian Neuhann.
Sollte es neben der Kündigung der Tarifverträge tatsächlich zu einer Werkschließung kommen, "wäre das eine Zäsur für den Standort Deutschland", so Neuhann.
Volkswagen: Kosten auf wettbewerbsfähiges Niveau senken
Der Konzern beschreibt die Lage für die europäische Automobilindustrie als "sehr anspruchsvoll und ernst". Das wirtschaftliche Umfeld habe sich zuletzt nochmals verschärft.
DIW-Präsident Marcel Fratzscher hält Werksschließungen und Entlassungen bei Volkswagen für wahrscheinlich unvermeidbar. VW habe den Umstieg auf die E-Mobilität "verschlafen".05.09.2024 | 5:21 min
"Wir müssen die Volkswagen AG in die Lage versetzen, die Kosten in Deutschland auf ein wettbewerbsfähiges Niveau zu senken, um aus eigener Kraft in neue Technologien und neue Produkte zu investieren", sagte Konzernpersonalvorstand und Arbeitsdirektor Gunnar Kilian laut Mitteilung.
Die Führung der Kernmarke VW des Volkswagenkonzerns hatte vor einer Woche einen härteren Sparkurs angekündigt und dabei Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen nicht mehr ausgeschlossen. Als Grund nannte Konzernchef Oliver Blume die schwierige Lage auf dem europäischen Automarkt und eine verschlechterte Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Produktionsstandorte.
Laut ZDF-Wirtschaftsexperte Florian Neuhann sind die Entscheidungen von VW nicht der einzige Grund für die Krise. "Der Absatz von Autos ist regelrecht eingebrochen", so Neuhann.10.09.2024 | 3:12 min
"Selbstverständlich stehen hinter der Krise des Konzerns auch massive Fehler der VW-Spitze - vom Diesel-Skandal bis hin zur viel zu späten Hinwendung zur Elektromobilität. Doch die Schwierigkeiten allein dem Management zuzuschieben, wäre falsch", resümiert Neuhann. Im Vergleich zu 2019 werde in diesem Jahr in Deutschland Schätzungen zufolge ein Viertel weniger Autos verkauft. Dass dieser Einbruch einen Massenhersteller wie VW ins Mark trifft, liege auf der Hand.
Im einzelnen betrifft die Kündigung durch Volkswagen folgende Tarifverträge:
die seit 1994 fortgeschriebene Beschäftigungssicherung
den Rahmentarifvertrag für Beschäftigte mit Spezial- oder Führungsfunktion "Tarif Plus"
die tarifliche Regelung zur Übernahme von Auszubildenden und Dual-Studierenden
die Tarifverträge zum Einsatz von Zeitarbeit
Die Kündigung der Entgelttarifverträge sowie der Ausbildungsvergütungen habe die IG Metall bereits zum 30. November 2024 erklärt.
"Mit Kündigung des Zukunftstarifvertrages und damit der Beschäftigungssicherung zum 31. Dezember 2024, tritt eine tarifvertragliche Nachwirkung von sechs Monaten ein", heißt es weiter. Die Beschäftigungssicherung gelte demnach bis 30. Juni 2025, soweit keine Neuregelung vereinbart werde. "Danach sind betriebsbedingte Kündigungen möglich."
"Heute macht VW ernst!", analysiert Svenja Dohmeyer, Redakteurin im ZDF-Studio Niedersachsen. Der Konzernvorstand handele in einer Schärfe, die Belegschaft Betriebsrat so nicht kennen. Die Vorsitzende des Gesamt- und Konzernbetriebsrats Daniela Cavallo sagte:
Die Volkswagen-Konzernspitze hat auf einer Betriebsversammlung in Wolfsburg ihre Sparpläne verteidigt. Die VW-Belegschaft protestierte lautstark gegen den Sparkurs des Vorstands.04.09.2024 | 3:03 min
Volkswagen will Verhandlungen mit Gewerkschaften
Volkswagen sei bereit, den Beginn der bevorstehenden Tarifrunde vorzuziehen, wird Kilian in der Mitteilung zitiert: "Die aktuelle Phase trägt zu einer Verunsicherung bei. Dieser können wir entgegenwirken, wenn wir zeitnah zukunftssichere Perspektiven für unser Unternehmen schaffen. Das gilt sowohl auf betrieblicher als auch tariflicher Ebene."
Der Gesamtbetriebsrat von VW und die IG Metall hatten in der vergangenen Woche "erbitterten Widerstand" gegen die Sparpläne angekündigt. Zu einer Betriebsversammlung in Wolfsburg kamen laut Gewerkschaft rund 25.000 Beschäftigte, die den Vorstand von Konzern und VW AG auspfiffen.