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So reagieren Unternehmen:35-Stunden-Woche: Ein Modell als Vorbild?
von Henriette de Maizière, Berlin
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Nach dem Tarifabschluss bei der Bahn stellt sich die Frage, ob die derzeitigen Arbeitszeitmodelle noch zeitgemäß sind. ZDFheute hat bei Unternehmen und Experten nachgefragt.
Die Debatte um kürzere Arbeitszeiten hat neuen Aufwind bekommen.
Quelle: Imago
Die Bahn hat sich mit den Lokführern geeinigt: Die 35-Stunden-Woche für Schichtarbeitende kommt bis 2029. Gewerkschaftsführer Claus Weselsky glaubt, das werde "beispielgebend für andere Gewerkschaften im Land". Wie reagieren die unterschiedlichen Branchen darauf? Nachfragen von ZDFheute zeigen ein gemischtes Bild:
BMW: Generelle Verkürzung der Arbeitszeit falsches Signal
Rund 155.000 Mitarbeitende sind an über 30 Produktionsstandorten weltweit bei der BMW Group beschäftigt. In der Unternehmensphilosophie heißt es, es solle eine Kultur aus Wertschätzung und Chancengleichheit etabliert werden. Flexibilisierung von Arbeit sei seit Jahren ein Thema.
Dabei ginge es nicht um dogmatische, pauschal verordnete Lösungen, sondern um individuelle und passgenaue Arbeitszeiten, erklärt das Dax-Unternehmen gegenüber ZDFheute.
Darauf haben sich GDL und Bahn geeinigt.26.03.2024 | 1:39 min
Davon profitierten letztlich Unternehmen und Beschäftigte. Eine Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit wäre jedoch mit Blick auf die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und den Fachkräftemangel hierzulande das falsche Signal.
Es ginge nicht darum, weniger zu arbeiten, sondern effizienter und intelligenter. Ziel müsse es vielmehr sein, die Produktivität des Standorts Deutschland zu erhalten und möglichst mehr Menschen in Arbeit zu bringen.
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Metro: Berufliche und private Anforderungen in Einklang bringen
Ähnlich handhabt es auch die Metro AG, mit ihren deutschlandweit mehr als 10.000 Mitarbeitern. Hier unterstütze man flexible Arbeitszeitmodelle, wie beispielsweise Regelungen zur Teilzeitbeschäftigung und zur mobilen Arbeit. Jedoch:
Für welche Branchen das Arbeitszeitmodell geeignet sein könnte.15.05.2023 | 4:33 min
Krankenhausgesellschaft: Ganze Bandbreite des Arbeitszeitgesetzes nutzen
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft antwortet auf Nachfrage, Krankenhäuser kennen in den Behandlungsbereichen keine Vier- oder Fünf-Tage-Woche. Die Patientenversorgung müsse 24 Stunden und sieben Tage in der Woche sichergestellt werden. Dazu brauche es: sehr flexible Arbeitszeitmodelle. Eine generelle Verkürzung der Wochenstundenarbeitszeit sei angesichts der demographischen Herausforderungen problematisch. Vor allem, da in den kommenden Jahren die geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand gingen.
Die Krankenhausgesellschaft fordert deshalb eine Entlastung der Fachkräfte durch Abbau bürokratischer Belastungen, dies könnte auch den Spielraum für Arbeitszeitverkürzungen erhöhen.
Thyssen-Krupp: 35 Stunden Arbeit als Regelfall
In der westdeutschen Stahl- und Metallindustrie ist die 35-Stunden-Woche bereits seit langen Jahren gelebte Praxis, so auch bei Thyssen-Krupp in Nordrhein-Westfalen. 35 Stunden werden seit 1994 in der westdeutschen Stahlindustrie und seit 1995 in der westdeutschen Metallindustrie pro Woche gearbeitet. Im Osten gibt es eine stufenweise Heranführung an die 35-Stunden-Woche.
Ein anderes Modell wird ab kommenden Sommer beim Gillette-Werk in Berlin eingeführt. Dort sollen die Beschäftigten künftig:
- drei Tage die Woche frei haben
- die gleiche Anzahl an Arbeitsstunden haben - bei flexibleren Zeiten
- ab 1. Juli im Zweischichtsystem arbeiten - erst nach zehn Stunden abgelöst werden
Kellner, Erzieher, Handwerker: Der Personalmangel macht vor keiner Branche halt. ZDF-Moderatorin Sarah Tacke sucht nach Gründen und nach Lösungen für das deutsche Job-Desaster.01.05.2023 | 53:30 min
Mittelstandsgesellschaft: "Wir brauchen Lust auf Leistung"
Der Bundesverband Mittelstand versteht sich als Netzwerk und überparteiliche Interessenvertretung für den deutschen Mittelstand. Der Verband begrüßt grundsätzlich flexible Arbeitszeitmodelle, die betriebliche Anforderungen und die Bedürfnisse der Mitarbeitenden in Einklang bringen. Diese Arbeitszeitmodelle müssten jedoch durch Produktivität gedeckt sein.
Staatlich verordnete 35-Stunden-Wochen oder 4-Tage-Regelungen lehnt die Mittelstandsgesellschaft ab.
Arbeitszeitverkürzung: Was sagen Experten?
Die 35-Stunden-Woche mit Option zur Mehrarbeit - für Ökonomen wie Hagen Lesch vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln zeitgemäß. Das Stichwort sei lebensphasenorientiertes Arbeiten.
So gebe es Phasen, in denen man zum Beispiel Kinder großziehe und mehr Zeit zu Hause brauche. Und andere Phasen, in denen man beispielsweise ein Haus abbezahlen müsse und dafür mehr arbeiten kann und will.
Arbeitszeitverkürzung: Immer sinnvoll?
Doch nicht für alle sei dieses Modell attraktiv - man müsse genau hinschauen, wo solche Modelle Sinn machten. Im Dienstleistungssektor sei das noch nicht verbreitet - generell gelte, dass die Verdienste in vielen Bereichen des Dienstleistungssektors nicht genau so üppig seien, wie in der Industrie:
Eine kollektive Debatte zur Verkürzung der Arbeitszeiten hält er für verfehlt. Sie widerspreche zum einen der Idee, Arbeitszeit individuell zu gestalten und auf die jeweilige Lebenssituation abzustimmen. Zum anderen würde es das Problem des Arbeits- und Fachkräftemangels unter Umständen verschärfen, was - so Lesch - mittelfristig weniger Wohlstand bedeuten würde:
Unter anderem Großbritannien und Island haben die 4-Tage-Woche bei gleichem Gehalt getestet. Studienergebnisse zeigen positive Auswirkungen auf Unternehmen und ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer:
- bessere Work-Life-Balance
- reduzierte Burn-out-Gefährdung durch Stressabbau im Arbeitsalltag
- Verbesserung der Gesundheit und somit weniger krankheitsbedingte Ausfälle. Insbesondere Rückenschmerzen und Herzbeschwerden treten seltener auf.
- Gesteigerte Produktivität - der Grund: Die Produktivität sinkt ab der siebten Arbeitsstunde deutlich, so die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Zusätzlich wird effizienter gearbeitet.
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