Sorge vor Rechtsruck in Europa:Unternehmer Würth: AfD greift Grundgesetz an
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Der 89-jährige Unternehmer Reinhold Würth warnte seine Mitarbeiter vor der AfD. Jetzt spricht er über die Reaktionen darauf und die Sorge vor einem Rechtsruck in Europa.
Reinhold Würth: "Ich selbst bin geradezu fanatischer Europäer."
Quelle: dpa
Kurz vor er Europawahl warnen immer mehr prominente Vertreter der Wirtschaft vor einem Rechtsruck. Einer von ihnen ist der 89-jährige Unternehmer Reinhold Würth. Der "Schraubenkönig" hatte im März in einem Brief an seine Mitarbeiter klar Stellung gegen die AfD bezogen und davor gewarnt, die Partei zu wählen. Im ZDFheute-Interview spricht er über seine Beweggründe und Sorgen mit Blick auf die politische Entwicklung und Stimmung im Land:
ZDFheute: Herr Würth, Sie hielten sich bisher mit Äußerungen zur Parteipolitik bewusst zurück. Wieso haben Sie im März mit dem Brief an Ihre Belegschaft eine Ausnahme gemacht?
Reinhold Würth: Wir machen normalerweise keine Politik im Unternehmen. Im Fall der AfD ist das eine Ausnahme, weil eben das Grundgesetz angegriffen wird.
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ZDFheute: Inwiefern?
Würth: Wenn AfD-Funktionäre sagen: 'Sobald wir an der Macht sind, werden wir als erstes diesen Parteienstaat abschaffen', dann ist das ein Angriff auf das Grundgesetz und die Funktionalität der Demokratie insgesamt. Das hat mich elektrisiert, und ich glaube, der Brief kam zum richtigen Zeitpunkt.
… ist einer der erfolgreichsten und bekanntesten Familienunternehmer Deutschlands. Die Würth-Gruppe ist bekannt für die Herstellung von Schrauben. Ihr Hauptsitz ist im baden-württembergischen Künzelsau. Dort gründete 1945 Adolf Würth einen Schraubengroßhandel. Sein Sohn, Reinhold Würth, machte daraus ein Milliardenunternehmen. Heute hat die Würth-Gruppe 87.000 Mitarbeitende, mehr als 27.000 davon in Deutschland.
ZDFheute: Wie haben Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf den Appell regiert?
Würth: Die Belegschaft hat meinen Brief überwiegend wohlwollend zur Kenntnis genommen, sogar beklatscht und begrüßt. Aber bei 27.000 Mitarbeitern, die in Deutschland für unseren Konzern arbeiten, gibt es rein statistisch natürlich auch viele AfD-Sympathisanten, -Wähler oder gar -Mitglieder. Das respektieren wir, solange die AfD nicht verboten ist.
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ZDFheute: Durch Ihre öffentliche Positionierung haben Sie aber auch Aufträge verloren.
Würth: Ja, vor allem in Ostdeutschland. Da haben wir von ein paar Kunden Briefe bekommen, mit der Ankündigung, in Zukunft nichts mehr bei Würth kaufen zu wollen. Aber das ist verschwindend gering, das ist ein Jahresumsatz von 1,5 Millionen Euro, also nicht mal in Promille auszudrücken und bei einem Jahresumsatz von 20 Milliarden Euro zu vernachlässigen. Ich vermute sogar, dass wir auf der anderen Seite Aufträge und Bestellungen dazubekommen haben von Menschen, die meine Aktion für gut befinden.
ZDFheute: Lange Zeit schwieg die Wirtschaft zum Aufstieg der AfD. Würden Sie sich wünschen, dass mehr Unternehmen Position beziehen?
Würth: Gerade in den letzten Tagen haben sich ja noch mal ganz große Firmen geäußert: Siemens, die Bahn und die Deutsche Bank. Das ist sehr lobenswert und wird seine Wirkung auf die politische Szene auch nicht verfehlen.
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ZDFheute: Anfang Juni findet die Europawahl statt. Macht Ihnen der mögliche Rechtsruck Sorgen?
Würth: Natürlich macht mir das Sorgen. Als Zehnjähriger habe ich noch das Ende der NSDAP erlebt. Und ich sehe schon die Gefahr, dass dem Brexit weitere Bestrebungen folgen, die Europäische Union möglichst zu stören, vielleicht sogar zu zerstören. Ich selbst bin geradezu fanatischer Europäer.
ZDFheute: Mit Ihrer Lebenserfahrung und mit Hinblick auf die Europa- und Landtagswahlen dieses Jahr, was würden Sie den jüngeren Generationen raten?
Würth: Mit offenen Augen und Ohren durch die Lande zu gehen und seiner politischen Verantwortung gerecht zu werden. Ich empfehle jedem Bürger, sich zu informieren. Und wenn man einigermaßen denken kann, dann muss man schon sagen, dass die momentane Bundesregierung wirklich nicht der Idealzustand ist.
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ZDFheute: Was kritisieren Sie an der Ampel?
Würth: Für die Stimmung im Land ist es einfach eine Katastrophe, wie diese Regierung miteinander verkehrt. Die rennen durcheinander wie ein Hühnerhaufen. Und der Kanzler macht dann den Schiedsrichter. Das ist ein Hickhack und ein Hin und Her. Daher kann ich verstehen, dass die Bürger unruhig werden und sagen: Wir wollen eine Regierung, die auch im wahrsten Sinne des Wortes regiert. Aber das muss eine demokratisch gewählte Regierung sein und keine kommandierte Regierung oder gar eine Diktatur.
Das Interview führten Max Schwarz, ZDF-Studio Stuttgart, und Florian Neuhann, ZDF-Studio Brüssel
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