FAQ
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Einstufung als Gatekeeper:TikTok scheitert mit Klage gegen EU
von Jan Henrich und Daniel Heymann
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ByteDance, das Unternehmen hinter TikTok, ist mit einer Klage gegen seine Einstufung als sogenannter digitaler Torwächter gescheitert. Das entschied das Europäische Gericht.
Der Europäische Gerichtshof hat eine Klage des TikTok-Besitzers Bytedance abgewiesen. Demnach darf die EU den chinesischen Konzern weiterhin als "digitalen Torwächter" bezeichnen.17.07.2024 | 0:21 min
Der chinesische ByteDance-Konzern, der das Videoportal TikTok betreibt, ist mit einer Klage gegen seine Einstufung als sogenannter digitaler Torwächter gescheitert. Das Gericht der Europäischen Union in Luxemburg wies diese am Mittwoch ab. Das bedeutet, dass ByteDance sich an schärfere Regeln zugunsten der Nutzerinnen und Nutzer halten muss.
Mit dem Gesetz über digitale Märkte (DMA) hatte sich die Europäische Union vorgenommen, die großen Player im Internet stärker zu regulieren. Sieben Unternehmen wurden bislang als "Gatekeeper" eingestuft, sie sollen künftig stärker in die Pflicht genommen werden. In der Liste aufgeführt ist auch ByteDance.
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Worüber hat das EU-Gericht entschieden?
Konkret richtete sich die Klage gegen den Beschluss der EU-Kommission vom September 2023, in dem ByteDance als Gatekeeper benannt wurde. Das Unternehmen argumentierte, die Voraussetzungen hierfür seien nicht erfüllt.
Anders als die übrigen Gatekeeper habe man keine gefestigte Position auf dem europäischen Digitalmarkt und gehöre selbst noch zu den Herausforderern. Ein Eilantrag des Unternehmens gegen die Einordnung scheiterte allerdings bereits im Februar. Nun entschied in erster Instanz das Europäische Gericht (EuG) in der Hauptsache.
Quelle: ZDF
- TikTok ist eine App, mit der man kurze Videos im Hochformat aufnehmen, in der App hochladen und mit anderen teilen kann. Die App hat eine riesige Musikauswahl, die man für die Videos nutzen kann.
- TikTok hat eine Milliarde Nutzerinnen und Nutzer. Über die Hälfte der Nutzer von TikTok sollen unter 24 und ein Viertel unter 19 Jahren alt sein.
- Erlaubt ist TikTok ab 13 Jahren, wenn die Eltern einverstanden sind. Direktnachrichten kann man nur ab 16 Jahren oder älter schreiben.
- TikTok gehört dem chinesischem Unternehmen ByteDance. Die Vorgänger-App musical.ly wurde von ByteDance 2017 aufgekauft. Musical.ly und TikTok wurden daraufhin zusammengelegt. Dadurch bekam TikTok über Nacht mehrere Millionen Nutzer.
- TikTok verdient Geld vor allem mit Werbeeinnahmen: Umgerechnet mehrere Milliarden Euro werden im Jahr.
- Außerdem gibt es sogenannte In-App-Käufe: Nutzer können virtuelle Münzen, Coins, für echtes Geld erwerben. In Live-Streams kann man sie anderen TikTokern schenken. Auch einige Spezialeffekte kosten Geld.
- TikTok kontrolliert das Alter nicht gut genug: Eigentlich ist TikTok erst ab 13 Jahren erlaubt. Unter 18 benötigt man das Einverständnis der Eltern. Viele kritisieren, dass TikTok das Alter der Nutzer aber nicht gut genug kontrolliert, so dass sich dort auch viele jüngere Kinder anmelden.
- TikTok zensiert Videos: Das bedeutet, die App-Macher kontrollieren bewusst, was Nutzer und Nutzerinnen zu sehen bekommen und was nicht. Zum Beispiel wurde das Video einer 17-Jährigen einige Zeit gesperrt, weil sie darin China kritisierte und den ungerechten Umgang mit der Volksgruppe der Uiguren dort. Die TikTok-Macher sagen jedoch, dass die Sperre ein Versehen gewesen sei. Außerdem gaben die TikTok-Macher zu, dass sie eine Zeit lang dafür gesorgt haben, dass die Videos von Menschen mit Behinderung weniger verbreitet und dadurch weniger gesehen werden. Dasselbe soll auch mit Videos von homosexuellen oder übergewichtigen Menschen passiert sein. TikToks Erklärung: Die Firma habe die Menschen damit vor Mobbing schützen wollen.
- TikTok speichert persönliche Daten: Um bei TikTok richtig mitzumachen, braucht man ein Benutzerkonto. Dafür muss man seine Telefonnummer und E-Mail-Adresse angeben. Beim Anmelden zieht die App auch Informationen über Freunde und Familie aus dem Adressbuch des Mobiltelefons. In den USA musste TikTok 2019 eine hohe Strafe zahlen, weil die Firma unerlaubterweise die Daten von Kindern gespeichert hat.
- TikTok tut nicht genug für den Schutz von Kindern: Kinder und Jugendliche können auch Videos zu sehen bekommen, die nicht für sie geeignet sind, weil zum Beispiel Gewalt oder sexuelle Inhalte gezeigt werden. Außerdem gibt es auch TikTok Probleme mit Cybergrooming und Cybermobbing.
- TikTok verleitet zum Geld ausgeben: TikTok selbst ist zwar kostenlos. Wie bei vielen anderen Apps kann man aber auch bei TikTok In-App-Käufe tätigen.
Was sind Gatekeeper?
Die EU hatte 2022 gleich mehrere Gesetze mit neuen Regeln für große Online-Plattformen verabschiedet. Ein Teil des Pakets, das Gesetz über digitale Märkte, zielt dabei auf einen fairen Zugang für neue Marktteilnehmer ab. Heißt: Die Anbieter beispielsweise zentraler Betriebssysteme, etablierter Online-Marktplätze oder dominierender Suchmaschinen sollen zu mehr Offenheit bewegt werden.
Ob eine Plattform dabei als Gatekeeper gewertet wird, orientiert sich maßgeblich an Größe und Einfluss - beispielsweise wenn eine Plattform mindestens 45 Millionen monatliche Privatanwender in der EU hat und diese mit mindesten 10.000 gewerblichen Nutzern in Kontakt bringt. Bislang hat die EU-Kommission Alphabet (Google), Amazon, Apple, ByteDance, Meta, Microsoft und Booking.com als Gatekeeper benannt.
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Welche Pflichten haben Gatekeeper?
Unter dem DMA müssen die großen Digitalunternehmen eine ganze Palette an Ge- und Verboten beachten. Dabei geht es zentral um den Schutz personenbezogener Daten, um die die Geschäftsmodelle der Gatekeeper aufgebaut sind. So dürfen zum Beispiel die User-Daten von großen Plattformen nicht mehr ohne Einverständnis in anderen Diensten der Gatekeeper weiterverwendet werden - damit soll insbesondere die Nachverfolgung zum Zwecke personalisierter Werbung verhindert werden.
Außerdem können die Gatekeeper Menschen, die selbst auf Plattformen Produkte oder Dienstleistungen anbieten, künftig nicht mehr so viele Steine in den Weg legen wie bisher. Gatekeeper dürfen ihre eigenen Angebote unter anderem nicht mehr bevorzugt behandeln - Amazon kann also beispielsweise seine "basics" nicht mehr einfach ganz oben listen. Daneben müssen Gatekeeper ihre Dienste nun kompatibler mit anderen Anwendungen gestalten.
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Was passiert, wenn Gatekeeper sich nicht an die Regeln halten?
Bei Regelverstößen drohen den Gatekeepern in erster Linie finanzielle Konsequenzen. Für die erste Pflichtverletzung sieht der DMA eine Geldbuße von bis zu zehn Prozent des weltweiten Gesamtumsatzes des jeweiligen Unternehmens vor, im Wiederholungsfall können es bis zu 20 Prozent sein.
Daneben kann die EU-Kommission durch Zwangsgelder Druck auf die Gatekeeper ausüben, um sie so zu rechtskonformem Verhalten zu bewegen. Diese können bis zu fünf Prozent des durchschnittlichen Tagesumsatzes betragen.
Sollten die Gatekeeper die Regeln des DMA systematisch missachten, kann die Kommission zu noch härteren Maßnahmen greifen. In solchen Fällen ist sie befugt, Gatekeeper zum Verkauf einzelner Unternehmen oder Unternehmensteile zu verpflichten.
Jan Henrich und Daniel Heymann sind Redakteure in der ZDF-Redaktion Recht und Justiz.
Quelle: ZDF
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