Neuer Investor: Wie Thyssenkrupp aus der Krise kommen will
Konzern vor ungewisser Zukunft:Wie Thyssenkrupp aus der Krise kommen will
von Thadeus Parade
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Deutschlands größter Stahlproduzent Thyssenkrupp ist in Not: Der Konzern will Stellen abbauen und die Produktion drosseln. Der Einstieg eines Milliardärs soll die Wende bringen.
Tausende Stahlarbeiter demonstrieren gegen die Thyssenkrupp-Führung. Der Vorwurf: Sie seien beim geplanten Teilverkauf übergangen und nicht ausreichend informiert worden. 30.04.2024
Duisburg - seit über 100 Jahren gehört der Stahl zur DNA dieser Stadt. Die Kulisse der wuchtigen, rostroten Hochhöfen prägt seit Jahrzehnten die Silhouette von Duisburg-Bruckhausen. Generationen von Stahlarbeitern gingen hier ein und aus.
Düstere Prognosen um die Zukunft ihres Standorts sind sie gewohnt - nun aber scheint es wirklich ernst zu werden: Thyssenkrupp Steel hat angekündigt, die Stahlproduktion von 11,5 Millionen Tonnen auf 9,5 Millionen Tonnen zurückzufahren und Stellen abzubauen. Konkrete Zahlen werden nicht genannt, noch nicht.
Versammlung der Belegschaft in Duisburger Fußballarena
Treffen würde es aber vor allem den Standort Duisburg, wo fast die Hälfte der 27.000 Beschäftigten arbeitet. Betriebsräte und IG Metall haben deshalb am kommenden Dienstag zu einer Belegschaftsversammlung in die Duisburger Fußballarena eingeladen: Die Unternehmensführung habe mit ihrer Ankündigung "eine rote Linie überschritten", sagt Gesamtbetriebsratsvorsitzender Tekin Nasikkol und droht mit harten Verhandlungen.
All das erklärt aber nur einen Teil der Krise. Denn vieles ist auch selbst verschuldet: angefangen bei milliardenschweren Verlusten beim Bau von Stahlwerken in Brasilien und Nordamerika bis hin zu ständig wechselnden Geschäftsstrategien: Innerhalb von wenigen Jahren gaben sich drei Vorstandsvorsitzende die Klinke in die Hand - keiner von ihnen hatte einen klaren Plan für den Stahl, der Kernsparte des Konzerns.
"Wichtige Investitionen in die Modernisierung der Stahlsparte sind in den vergangenen Jahren vernachlässigt worden", erklärt Stahlexperte Martin Murphy vom Handelsblatt.
Deshalb kommt die Stahlqualität, die Thyssenkrupp einst auszeichnete, oft nicht mehr an die der Konkurrenz wie zum Beispiel ArcelorMittal und Voestalpine heran.
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Martin Murphy, Wirtschaftsjournalist
Thyssenkrupp will seine Stahlkapazitäten um fast ein Viertel senken. Tausende der 13.000 Jobs in Duisburg sind bedroht. Mitarbeiter sind wütend. Was bedeutet das für sie und die Region?04.05.2024 | 3:24 min
Neue Hoffnung durch Einstieg von tschechischem Milliardär
Eine mögliche Wende deutet sich jetzt allerdings mit dem heute verkündeten Einstieg des tschechischen Milliardärs Daniel Kretinsky und seiner Holding EP Corporate Group an. Die Holding soll zunächst 20 Prozent an Thyssenkrupp Steel übernehmen, angestrebt ist ein Joint Venture mit 50-prozentiger Beteiligung.
Konzernchef Miguel Lopez erhofft sich dadurch Synergien bei den Energiekosten, die in Zukunft bei der Umstellung hin zu Herstellung von klimafreundlichem "grünen" Stahl immer wichtiger werden. Denn bis spätestens 2050 soll die Stahlbranche nach Plänen der Bundesregierung komplett klimaneutral produzieren.
Milliarden-Subventionen für Stahlindustrie in Deutschland
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat dafür bereits sieben Milliarden Euro an staatlichen Subventionen an Thyssenkrupp und die Konkurrenz verteilt, bis 2041 sind sogar 23 Milliarden geplant. Summen, die verdeutlichen, wie wichtig die heimische Stahlproduktion - allen voran Thyssenkrupp Steel als größter, deutscher Produzent - für Politik und Wirtschaft ist.
Noch ist grüner Wasserstoff sehr teuer, doch kann die Wasserstoffstrategie, die die Ampel-Koalition beschlossen hat, den Durchbruch für diesen möglichen Energieträger der Zukunft bringen?22.09.2023 | 2:03 min
Berechnungen der Wirtschaftsvereinigung Stahl zeigen: zwei Drittel der deutschen Exporte sind stahlintensiv. Bedeutet konkret: Jeder Arbeitsplatz in der Stahlbranche sichere demnach sechs weitere in der Zulieferungsindustrie - macht rund 500.000 Arbeitsplätze.
Kursanstieg durch neue Beteiligung - Skepsis bei Belegschaft
An der Börse sorgte die Beteiligung des Milliardärs Daniel Kretinsky bei Thyssenkrupp Steel heute Vormittag für einen deutlichen Kursanstieg. Skepsis dagegen auf der Arbeitnehmerseite, die nicht eingebunden war und erst kurz vor der offiziellen Nachricht über den Deal informiert wurde.
Für Gesamtbetriebsratsvorsitzenden Tekin Nasikkol ist noch völlig unklar, welche Absichten Investor Kretinsky mit seinem Einstieg verfolge.
Eine Zerschlagung oder Schrumpfkur lehnen wir ab.
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Tekin Nasikkol, Gesamtbetriebsratsvorsitzender bei Thyssenkrupp Steel
Nasikkol gibt sich mit Blick auf die bevorstehende Belegschaftsversammlung am kommenden Dienstag kämpferisch.
Thadeus Parade ist Reporter im ZDF-Landesstudio Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf.
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