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Siemens-Chef Roland Busch:"Wir müssen unser Wertesystem verteidigen"
von Alexander Poel
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Siemens-Chef Busch stellt sich gegen Extremismus und Intoleranz. Und er bekennt sich zum Standort Deutschland. Die Geschäftszahlen zur Hauptversammlung liefern ein gemischtes Bild.
"Wir brauchen Talente von der ganzen Welt - das macht uns stark", tritt Siemens-Chef Roland Busch rechtsextremistischen Parolen entgegen.08.02.2024 | 0:39 min
Wenn man den Siemens-Chef morgens um halb sieben zum Interview trifft, dann hat er schon mit zwei, drei ausländischen Sendern gesprochen. NBC, CNN, Bloomberg. Gewinne, Verluste, Perspektiven. Harte News - alles auf Englisch. Ein Wort zuviel oder zu wenig bewegt Aktienkurse. Man muss also seine sieben Sinne gut sortiert haben.
Roland Busch empfängt uns aufgeräumt, keine Spur von Müdigkeit. Nur das Umschalten auf die deutsche Sprache fällt ihm hörbar schwer. Da rutscht dann das Wort "Guidance" in die erste Antwort, Wirtschaftsenglisch für "Ausblick". Beim zweiten Mal klappt's.
Siemens-Chef zu politischer Lage in Deutschland
Die Guidance, der Ausblick für das Unternehmen also, ist gut. Der Gewinn: hoch. Plus 56 Prozent. Wenn es um das politische Klima in Deutschland geht, sieht es nicht so gut aus. Der Ausblick? Ungewiss. Roland Busch macht sich Sorgen.
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Und auch wenn ihn einiges von seinem Vorgänger Jo Kaeser unterscheidet - in einem Punkt bleibt er der Kaeser-Doktrin treu: Ein Milliardenkonzern, ein ur-deutscher dazu, kann zur politischen Lage kaum schweigen. Und so lässt es Busch mit Blick auf die AfD und den Rechtsextremismus an Deutlichkeit nicht fehlen. Der Siemens-Chef erklärt:
Busch im ZDF-Interview: "Brauchen Migration"
Es ist nicht das erste Mal, dass sich Busch dazu äußert. In einem Linkedlin-Beitrag beschreibt er, wie sehr ihn Überlegungen, Menschen aus Deutschland zu vertreiben, besorgt haben. "Ich halte das für zynisch und menschenverachtend", so Busch.
Nach der ersten großen Welle von Demonstrationen gegen Rechtsextremismus hatte er das veröffentlicht - ohne Kamera, ohne Journalisten. Heute, im ZDF-Interview, ergänzt Busch:
Nur so, sagt er, funktioniere "unser Erfolgsmodell".
Digitalgeschäft von Siemens schwächelt
Das Erfolgsmodell Siemens jedenfalls scheint weitestgehend intakt. Der Start ins Jahr - mit Licht und Schatten, aber alles in allem gut. Die Siemens-Aktie notiert am frühen Nachmittag plus zwei Prozent.
Roland Busch kann auf der Hauptversammlung der Aktionäre für das erste Quartal eine Gewinnsteigerung von 56 Prozent vermelden - auf 2,5 Milliarden Euro. Gut lief das Geschäft mit Stromnetzen und Gebäudetechnik ("smart infrastructure") und mit Zügen, wie dem ICE ("Mobility").
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Überraschend schlecht dagegen: das Digitalgeschäft. Minus 20 Prozent Gewinn im ersten Quartal. Dabei ist Siemens auf sein Digitalgeschäft besonders stolz. Roland Busch verneint die Frage, ob er sich um die Sparte Sorgen mache. "Wir hatten in den Jahren davor ein extrem starkes Wachstum", so Busch. "Das normalisiert sich gerade ein wenig."
Milliarden-Investition in industrielles Metaverse
Worüber Siemens am liebsten spricht, ist das industrielle Metaverse. Eine Milliarde Euro hat der Konzern hier investiert - unter anderem im fränkischen Erlangen. Metaverse - klingt nach Facebook, VR-Brille, Silicon Valley. Dahinter steckt für Siemens nicht nur eine volldigitalisierte Fabrik (die das Unternehmen längst im Angebot hat). Darin sagen Mini-Gehirne den Maschinen und Robotern, was sie zu tun haben.
Der nächste Schritt ist nun, all diese Gehirne zu verbinden und von überall zugänglich zu machen. So kann aus der Ferne jede Maschine angesteuert, die Produktion rauf und runter gefahren oder Roboter gewartet werden. Das industrielle Metaverse soll dabei nicht von Siemens alleine (weiter)entwickelt werden. Sondern - über einen Open Source Ansatz - zusammen mit Partnern wie Amazon Web Services oder dem Chipdesigner NVIDIA.
Busch: "Setzen auf den Standort Deutschland"
Solche Vorhaben kosten viel Geld. Allein im abgelaufenen Geschäftsjahr hat Siemens über sechs Milliarden Euro investiert. Roland Busch sagt, sie hätten rund zehnmal so viele Patente im Bereich "künstliche Intelligenz" angemeldet, wie "unsere klassischen Industrie-Wettbewerber". Das Beispiel Erlangen (500 Millionen Euro) zeigt, dass es Busch nicht nur ins Ausland zieht.
"Wir setzen auf den Standort Deutschland", konstatiert der Siemens-Chef. Ja, Deutschland stehe vor Herausforderungen. "Das Land hat aber auch viel zu bieten." Und es scheint so, als wolle der Siemens-Chef hier der allgemein düsteren Lagebeurteilung aus den Reihen der Opposition etwas entgegensetzen.
So lobt Busch die Autoindustrie, die Chemie, die Pharma- und Medizintechnikbranche als "etablierte, erfolgreiche Ökosysteme". Zusammen mit sehr starken mittelständischen Unternehmen ergebe das eben eine besonders gute Mischung.
Alexander Poel ist Korrespondent im ZDF-Landesstudio München.
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