Mit der Sanierung der ICE-Strecke Frankfurt-Mannheim wird eine der wichtigsten Bahnstrecken der Bundesrepublik für fünf Monate gesperrt. Diese Baumaßnahme ist erst der Auftakt.
15.07.2024 | 3:05 min
Die Fahrgäste der Bahn müssen bekanntermaßen geduldig sein. Jetzt sollen sie das erneut unter Beweis stellen - dafür aber belohnt werden. Vorausgesetzt, der Plan geht auf. Um endlich pünktlicher zu werden, greift der Konzern zu einer radikalen Maßnahme: Generalsanierungen. Eingeläutet wird der Baustellenmarathon am 15. Juli mit der Erneuerung der Riedbahn zwischen Frankfurt und Mannheim.
Bis 2030 sollen mindestens 45 Milliarden Euro in diese und weitere Erneuerungen auf 4.000 Kilometer Schienen investiert werden. Dazu zählen neue Gleise und Weichen, aber auch Sanierungen von Bahnhöfen und Stellwerken. Die Maßnahmen sollen pro Abschnitt dann alle gleichzeitig durchgeführt werden, Züge rollen in der Zeit gar nicht. Lohnt sich das?
Die Bahn verschreibt sich eine Radikalkur: statt einzelner Baustellen werden nach und nach Strecken komplett gesperrt und rundum erneuert. Reisende müssen sich auf massive Einschränkungen einstellen. Wir bald alles besser?20.07.2024 | 5:42 min
Schienenersatzverkehr soll Sperrungen abfedern
Die
Deutsche Bahn sagt Ja: "Ein schrittweises Abarbeiten der einzelnen Baumaßnahmen mit Teilsperrungen würde ungleich länger dauern", so eine Unternehmenssprecherin. Die Erneuerungen würden die Strecken noch leistungsfähiger als zuvor machen und für den digitalen Bahnbetrieb der Zukunft ausstatten.
Pendler sollen aufgrund der Sanierungen nicht zwingend auf das Auto umsteigen müssen. Während der Sperrungen werden Züge umgeleitet und ein Schienenersatzverkehr angeboten. Für jeden der 40 Streckenabschnitte werden individuelle Verkehrskonzepte für die Zeit der Baumaßnahmen ausgearbeitet.
"Die Versäumnisse der letzten dreißig Jahre" fielen der Bahn "jetzt auf die Füße" und "das lässt sich nicht von heute auf morgen korrigieren", so Detlef Neuß, Fahrgastverband PRO BAHN, zur Bahnbilanz.28.07.2023 | 4:10 min
Bahnstrecke Frankfurt-Mannheim als Stresstest
Die Riedbahn wird von etwa 300 Zügen täglich befahren. Sie ist somit eine der meistbefahrenen Strecken im Land. Betroffene Fahrgäste im Regionalverkehr zwischen Frankfurt und Mannheim müssen bis Dezember auf die 150 angeschafften Ersatzbusse ausweichen. Gäste im Fernverkehr werden über Mainz oder Darmstadt geleitet und sind etwa 30 Minuten länger unterwegs.
"Die Auswahl der Riedbahn als Pilotprojekt ist mit dem Bund abgestimmt. Anlagen sind überaltert und störanfällig, Bahnhöfe nicht mehr zeitgemäß. Mit der fünfmonatigen
Generalsanierung vermeidet die Bahn eine Vielzahl einzelner Sperrungen, die Pendler*innen belasten würden", so die Bahnsprecherin.
Laut Verband Allianz pro Schiene haben wieder mehr Fahrgäste mehr Streckenkilometer in Zügen zurückgelegt und vor-Corona-Zahlen überholt. Starke Nerven brauchen sie weiterhin.
Die Riedbahn ist besonders für den Fernverkehr ein Nadelöhr. Jeder Siebte ICE oder IC muss hier durch. Die Sanierung gilt als finanzieller und planerischer Stresstest für die weiteren Baustellen. 2025 folgt der Abschnitt Hamburg-Berlin.
Fahrgastverband begrüßt Generalsanierung
Der Fahrgastverband Pro Bahn begrüßt die Generalsanierung, wenn danach wirklich alle maroden Stellen ausgebessert seien: "Aus Fahrgastsicht ist es natürlich erfreulich, wenn auf viele Jahre hinweg keine Baumaßnahmen mehr im Alltag warten", sagt der hessische Landesvorsitzende Thomas Kraft.
Jeder siebte Fernzug fährt über die Riedbahn-Trasse. Wenn dort etwas schiefgeht, verspätet sich ein Großteil der Züge. Deswegen soll die Strecke saniert werden - nach der EM 2024.
Auch der Bahnexperte Christian Böttger von der Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft befürwortet das Vorgehen: "Im Großen und Ganzen ist die Strategie richtig. Für sieben Jahre kann man immer sagen, wir bauen gerade, deswegen erwartet bitte keine Pünktlichkeit von uns." Er betont aber, dass Erneuerungen nicht reichen werden, um dem Fahrgastaufkommen gerecht zu werden: "Es muss zusätzlich weiter neue Kapazität gebaut werden."
Neue Strecken seien notwendig, aber politisch kaum umzusetzen. So liegen die Hoffnungen der Bahn zunächst auf den Generalsanierungen stark frequentierter Strecken.