Mobiles Arbeiten:Homeoffice: Etabliert, aber weiter umstritten
von Frank Bethmann
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Arbeiten von zuhause hat sich etabliert. Unumstritten ist es nicht. Mehr Büropräsenz fordern Chefs. Mehr Flexibilität möchten Beschäftige. Und sitzen derzeit am längeren Hebel.
Eine Frau arbeitet am Laptop in ihrer Wohnung
Quelle: dpa
Corona hat gezeigt: Arbeiten von zu Hause funktioniert. Knapp vier Jahre nach Pandemiebeginn bröckelt jedoch die Zustimmung von Seiten vieler Unternehmen.
VW-Konzernchef Oliver Blume beispielsweise mache keinen Hehl daraus - heißt es aus seinem Umfeld - dass er die Teams wieder stärker ins Büro holen möchte. Allein steht er damit nicht. Viele Konzerne haben längst Richtlinien festgelegt, wie oft Mitarbeitende maximal noch von daheim arbeiten dürfen.
Ein paar Tage Büro, ein paar Tage daheim
Vollständig jedoch lässt sich das Rad der Zeit nicht mehr zurückdrehen.
"Das Modell der Zukunft", ergänzt sie, "wird ein Hybrides sein", sagt Annina Hering, Ökonomin bei der Stellenplattform indeed. Dort beschäftigt sie sich damit, wie die Arbeit von morgen aussehen wird.
Ein paar Tage im Büro, ein paar Tage zuhause, davon ist auch die Direktorin des Instituts für Beschäftigung und Employability, Jutta Rump, überzeugt. Auch sie forscht zu dem Thema.
Und genau an der Stelle befindet sich Deutschland gerade im Praxistest. Es geht darum: "Was würde ein Arbeitgeber unter diesen Rahmenbedingungen denn gerne anbieten? Und was würden die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen gerne haben wollen?", führt sie aus.
Wunsch nach flexiblen Arbeitsmodellen
Die Rahmenbedingungen, die Rump anspricht, haben sich geändert. Viele Unternehmen suchen trotz Wirtschaftsflaute händeringend neue Mitarbeiter oder versuchen, ihre Belegschaft bei Laune zu halten. Homeoffice spielt dabei eine zentrale Rolle, sagt Hering - und verweist auf eine aktuelle Auswertung der Suchanfragen der Jobsuchenden bei indeed. Der Wunsch nach flexiblen Arbeitszeitmodellen und hybridem Arbeiten sei dabei erkennbar auf dem Vormarsch.
Wenig Platz, kleines Budget, Ergonomie: Wie man den Arbeitsplatz zuhause richtig einrichtet. Und wie man fürs Homeoffice bei der Steuererklärung Geld wieder bekommt.
Noch 1 Tag
So etwas anzubieten, sagt Rump, sei inzwischen ein Muss, wenn man ein attraktiver Arbeitgeber sein möchte. Es gäbe mittlerweile eine Reihe von Untersuchungen - manche davon habe ihr Institut gemacht - sagt die Forscherin, die belegten:
Kritik: Kreativität und Produktivität leiden
Die Frage der richtigen Balance aber ist schwierig. Elon Musk, der streitbare Tesla-Chef, bürstet dagegen. Es gäbe natürlich Firmen die Anwesenheitspflicht nicht brauchten: "Aber wann haben die zuletzt ein tolles neues Produkt gebracht?"
Tatsächlich sind persönliche Treffen und spontanes Brainstorming wichtige Erfolgsfaktoren. Kreativität und Produktivität würden unter Homeoffice leiden, argumentieren die Kritike. Und haben damit nicht unrecht, auch das belegen Studien. Unstrittig findet Hering:
Aus ihrer Sicht aber spricht das nicht grundsätzlich gegen Homeoffice.
Mobiles Arbeiten benötigt anderen Führungsstil
Damit das mit dem Homeoffice funktioniert, sagt Rump, müssten die direkten Vorgesetzten, die Teamleiter, bei diesem Wandel unterstützt werden. Denn hybrides Arbeiten hänge ganz entscheidend von der Führung ab:
Rump weiter: "Dann werde ich dazu kommen, dass die Prozesse nicht mehr richtig funktionieren. Auch die Motivation geht den Bach runter." Den Führungsstil anpassen - "führen auf Distanz" nennt das die Wirtschaftsprofessorin - sei zwingend notwendig für den künftigen Unternehmenserfolg.
Über Homeoffice mehr Arbeitskräfte finden
Indeed-Forscherin Hering, selbst überwiegend im Homeoffice tätig, lenkt die Aufmerksamkeit noch auf einen anderen Punkt. Mit Homeoffice werden Bevölkerungsgruppen angesprochen, die eine besonders hohe Flexibilität benötigen, nämlich Eltern und Personen, die andere pflegen.
Da es sich hierbei häufig um Frauen handelt, können diese flexiblen Arbeitsmodelle die Erwerbstätigkeit von Frauen fördern, was vor dem Hintergrund des demografischen Wandels ein nicht zu vernachlässigendes Argument sei und ihre Eingangsthese stützen soll: "Homeoffice ist gekommen, um zu bleiben."
Frank Bethmann ist Redakteur im ZDF-Börsenstudio in Frankfurt.