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Hoffnung für Warenhauskette:Gläubiger nicken Insolvenzplan für Galeria ab
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Die Gläubigerversammlung von Galeria Karstadt Kaufhof hat dem Sanierungsplan für die insolvente Warenhauskette zugestimmt. Das teilte Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus mit.
Die Gläubiger der insolventen Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof haben dem Sanierungsplan zugestimmt. 16 Filialen müssen allerdings trotzdem schließen. 28.05.2024 | 1:22 min
Galeria Karstadt Kaufhof hat die letzte große Hürde für seine Rettung genommen. Die Gläubigerversammlung stimmte an diesem Dienstag in der Messe Essen dem Plan zur Sanierung der angeschlagenen Warenhauskette zu, wie Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus mitteilte. Formell steht das Insolvenzverfahren damit vor dem Abschluss.
Nach Ende der Einspruchsfrist kann das zuständige Amtsgericht Essen das Verfahren im Juni aufheben. Dann ist der Weg endgültig frei für die Sanierung des Handelsriesen und die Übernahme durch die neuen Eigentümer: Dabei handelt es sich um die US-Investmentgesellschaft NRDC und die Beteiligungsfirma des Unternehmers Bernd Beetz, der bis 2012 Vorstandschef des Kosmetikkonzerns Coty war. Im Juli möchte Denkhaus an sie übergeben.
Deutschlands letzte große Warenhauskette "Galeria Karstadt Kaufhof" hat sich erneut gerettet. Von 92 Filialen bleiben 76 erhalten. ZDF-Wirtschaftsexpertin Valerie Haller berichtet.28.05.2024 | 1:02 min
Deutschlandweit schließen Filialen
Die Beschäftigten haben schon jetzt weitgehend Klarheit. Das Zittern nach der dritten Insolvenz innerhalb von weniger als vier Jahren hat vorerst ein Ende. Anders als es mancher Handelsexperte vorhergesagt hatte, geht es für Galeria weiter.
Dennoch zahlen Unternehmen und Beschäftigte erneut einen großen Preis. Wieder schließen deutschlandweit Filialen, 1.400 Menschen verlieren ihren Job. Die Gewerkschaft Verdi stellte vor dem Messegebäude für jede Schließfiliale ein symbolisches Holzkreuz auf. "Herr Beetz, investieren Sie in die Mannschaft", steht auf einem der Plakate. Auf einem anderen heißt es: "Benko, danke für nichts!"
Die Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof hat nun bekannt gegeben, welche 16 Standorte von der Schließung betroffen sind. Zudem werden 1.400 Beschäftigte ihren Job verlieren.27.04.2024 | 1:48 min
Gläubiger verzichten erneut auf viel Geld
Der Schnitt bei Galeria erfolgt dabei längst nicht so tief wie erwartet. Experten hatten im Januar vorhergesagt, dass allenfalls 20 bis 30 Standorte erhalten bleiben. Viele äußerten Zweifel, dass sich überhaupt ein Interessent finden würde.
An der nicht-öffentlichen Veranstaltung in Essen nahmen am Dienstag rund 120 Personen teil, die rund 4.600 Gläubiger vertreten haben. Sie müssen mit der Annahme des Insolvenzplans wieder auf viel Geld verzichten. In den vergangenen Wochen hatten Vermieter, Lieferanten und andere Gläubiger wie der Bund Forderungen in Höhe von 886,1 Millionen Euro angemeldet. Voraussichtlich fließen nur bis zu 22,5 Millionen Euro - das sind 2,5 bis 3 Prozent - an sie zurück.
René Benko galt als Vorzeige-Unternehmer. Doch mit seiner Signa-Gruppe schob er große Summen zwischen Firmen, Holdings und Stiftungen hin und her. Wieso fiel das nicht auf? 20.06.2024 | 13:25 min
Auch der Staat soll Geld zurückbekommen
Zahlungen aus den Ansprüchen gegen den bisherigen Eigentümer, die Signa-Gruppe des Unternehmers René Benko, könnten die Quote noch erhöhen. Weil vom finanziell angeschlagenen Mutterkonzern zugesagte Hilfen ausgeblieben waren, rutschte Galeria zu Jahresbeginn erneut in die Insolvenz.
So entwickeln sich die Umsätze (online und im stationären Einzelhandel)
ZDFheute Infografik
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Mehr Geld zurück erhält der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF). Der staatliche Stabilisierungsfonds hatte Galeria 2021 und 2022 mit 680 Millionen Euro unter die Arme gegriffen. Ein Großteil der Ansprüche war im Zuge des 2023 abgeschlossenen Insolvenzverfahrens entfallen. Fortgeführt wurde ein sogenanntes Nachrangdarlehen in Höhe von 88 Millionen Euro. Weil dafür neue Sicherheiten für den Fall eines Zahlungsausfalls vereinbart wurden, verfügt der WSF über "vorrangige Absonderungsrechte" aus der Insolvenzmasse.
Der österreichische Unternehmer und Signa-Gründer René Benko hat Insolvenz als Unternehmer angemeldet. Berichte über eine Privatinsolvenz werden dementiert.07.03.2024 | 1:10 min
Galeria wird noch 76 Filialen betreiben
Die zuständige Finanzagentur erwartet, dass die Forderungen nun vollständig erfüllt werden. Im Zuge der neuen Insolvenz seien keine weiteren Ausfälle zu erwarten. Karstadt und Kaufhof verschwinden aus dem Namen. Den Grundstein für den Neuanfang hat der Insolvenzverwalter gelegt. Hauptziel von Denkhaus war es, den Konzern mittelständischer aufzustellen.
Der Unternehmenssitz in Essen wird aufgegeben. Die Verwaltung soll 2025 - deutlich verschlankt - in eine Filiale in Düsseldorf einziehen. Von 92 Filialen bleiben 76 übrig.
- 1879 eröffnet Leonhard Tietz in Stralsund ein Textilgeschäft - die Keimzelle von Kaufhof. Zwei Jahre später in Wismar beginnt die Geschichte von Karstadt: Rudolph Karstadt startet sein "Tuch- Manufactur- und Confectionsgeschäft". Beide setzten auf Festpreise statt Verhandlungen; beide wachsen in den kommenden Jahrzehnten enorm.
- 1994 übernimmt Kaufhof Horten mit seinem Galeria-Konzept, Karstadt kauft Hertie.
- 1996 fusioniert Kaufhof mit dem Handelsunternehmen Metro.
- 1999 fusioniert Karstadt fusioniert mit dem Versandhaus Quelle.
- 2000 Bei Karstadt werden 7.000 von 52.000 Stellen gestrichen. Metro verkauft Immobilien für mehrere Milliarden D-Mark.
- 2004 KarstadtQuelle verkauft zahlreiche Marken wie SinnLeffers, Wehmeyer oder Runners Point.
- 74 kleinere Warenhäuser gehen an einen britischen Finanzinvestor, der die Marke Hertie wieder aufleben lässt.
- Kaufhof kündigt die Schließung von drei Filialen an.
- 2005 übernimmt der ehemalige Bertelsmann-Manager Thomas Middelhoff bei KarstadtQuelle.
- Er verkauft erste Immobilien, was Milliarden einbringt.
- Karstadt wird Mieter, zu teils hohen Kosten.
- 2007 wird aus KarstadtQuelle Arcandor.
- Die Reisetochter Thomas Cook wird mit dem britischen Unternehmen MyTravel fusioniert.
- 2009 geht Thomas Middelhoff, Karl-Gerhard Eick übernimmt.
- Staatliche Hilfen lehnt die Regierung ab.
- Eick stellt im Juni einen Insolvenzantrag - es ist die bis dato größte Pleite in der deutschen Wirtschaftsgeschichte.
- Quelle wird abgewickelt.
- Bei Karstadt werden 13 Filialen geschlossen.
- 120 sollen erhalten bleiben.
- Die Kaufhauskette soll verkauft werden.
- 2010 Die Gläubiger wählen im Juni unter mehreren Bietern den US-deutschen Investor Nicolas Berggruen aus - er wird als Retter von Karstadt gefeiert.
- 2012 Auch unter Berggruen wird es nicht besser. Karstadt kündigt im Sommer die Streichung von 2.000 Stellen bis Ende 2014 an.
- Die Signa-Gruppe des österreichischen Investors René Benko kauft für 1,1 Milliarden Euro Karstadt-Immobilien.
- 2014 Im Juli wird erstmals über Übernahmeverhandlungen zwischen Berggruen und Benko berichtet - im August übernimmt Signa Karstadt. Geld fließt nicht. Im Oktober wird die Schließung von sechs Filialen beschlossen.
- 2015 Kauft der kanadische Konzern Hudson's Bay Company (HBC) kauft im Oktober Galeria Kaufhof, darunter 103 Kaufhäuser, für 2,8 Milliarden Euro vom Mutterkonzern Metro.
- 2017 Im Sommer fordern erste Aktionäre von HBC wegen Verlusten von Kaufhof den Verkauf. Im November bietet Benko drei Milliarden Euro für HBC Europe.
- 2018 Im Juni melden HBC und Signa Verhandlungen über eine Fusion. Im November schließen sich Galeria Kaufhof und Karstadt zusammen.
- 2019 Ab März tragen die Kaufhäuser den gemeinsamen Namen Galeria Karstadt Kaufhof. Es sind fast 200 Filialen mit 34.000 Beschäftigten. Ab Juni ist Signa alleiniger Besitzer.
- 2020 Gleich zu Beginn der Corona-Krise beantragt Galeria Karstadt Kaufhof Staatshilfen - muss aber im April die Pleite erklären. Die Kette will sich in einem Schutzschirm-Insolvenzverfahren sanieren, es beginnt im Juli. Insolvenzverwalter ist Arndt Geiwitz.
- 2021 Galeria Karstadt Kaufhof bekommt im Januar erneut Staatshilfe. Ab Oktober heißt die Kette nur noch Galeria.
- 2022 Die Kette ist schon wieder auf finanzielle Hilfe vom Staat angewiesen und bekommt sie. Doch im Oktober beantragt Galeria erneut ein Schutzschirmverfahren. Als Sanierer fällt die Wahl wieder auf Geiwitz. Er kündigt die Schließung zahlreicher Filialen an.
- 2023 Das Insolvenzverfahren wird im Februar eröffnet. Galeria kündigt an, dass 52 der verbliebenen 129 Kaufhäuser geschlossen werden, betroffen sind rund 4.000 von 17.000 Beschäftigten.
- Die Zahl der Filialschließungen wird später auf 37 reduziert. Die Probleme der Signa-Gruppe häufen sich jedoch.
- 29. November Die Signa Holding erklärt ihre Zahlungsunfähigkeit.
- 9. Januar 2024 Zum nunmehr dritten Mal reicht die Galeria-Kette einen Insolvenzantrag ein. Damit will sie sich "aus den durch Signa gesetzten Rahmenbedingungen" befreien.
- 2. April 2024 Das Amtsgericht Essen eröffnet das Insolvenzverfahren. Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus startet Verhandlungen über einen Verkauf der Kette.
- 9. April 2024 Den Zuschlag bekommt ein Konsortium aus Richard Baker - er ist Mehrheitseigentümer der HBC, die Kaufhof schon einmal besaß - und dem deutschen Unternehmer Bernd Beetz.
- 27. April 2024 Der Warenhauskonzern gibt Details zur geplanten Übernahme bekannt. Demnach will das Unternehmen 16 seiner derzeit noch 92 Kaufhäuser schließen. Von den noch 12.800 Arbeitsplätzen sollen 1400 wegfallen. 450 davon betreffen die Konzernzentrale in Essen. Diese soll zudem 2025 nach Düsseldorf umziehen.
- 28. Mai 2024 Die Gläubiger der insolventen Warenhauskette nehmen den Insolvenzplan von Verwalter Denkhaus an und geben damit auch der geplanten Übergabe grünes Licht.
- Dabei müssen sie starke Verluste in Kauf nehmen.
- Denkhaus warb im Vorfeld für die Zustimmung, die Alternative sei die Zerschlagung des Unternehmens.
- Weil auch das Gericht dem Insolvenzplan im Anschluss bereits zustimmte, ist die Entscheidung nach Ablauf einer zweiwöchigen Einspruchsfrist rechtskräftig.
Quelle: AFP
Quelle: dpa
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