Kaufhaus-Insolvenz: Wie Innenstädte attraktiv bleiben können

    Kaufhaus-Insolvenz:Wie Innenstädte attraktiv bleiben können

    Thadeus Parade, Redakteur des ZDF-Landesstudio Nordrhein-Westfalen.
    von Thadeus Parade
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    Mit der dritten Insolvenz von Galeria Karstadt Kaufhof droht die massenhafte Schließung von Filialen. Welche Zukunft haben die Häuser, die im Herzen unserer Städte liegen?

    Archiv: Eine Filiale der Galeria Kaufhof Karstadt am 15.05.2020 in Berlin
    Der Kaufhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof meldet zum dritten Mal Insolvenz an. Tausende Beschäftigte stehen vor einer neuen Zitterpartie.09.01.2024 | 1:58 min
    In der Neusser Fußgängerzone erhebt sich ein großer grauer Betonklotz, ein typisches Beispiel von Kaufhaus-Architektur aus den 70er-Jahren. Solche Betonklötze finden sich zuhauf in vielen deutschen Stadtzentren. Jahrzehntelang gingen die Menschen in der Neusser Filiale ein und aus - seit mehr als einem halben Jahr aber herrscht hier Stille.
    Die Filiale gehörte zu den ersten Häusern, die im Zuge der zweiten Insolvenz von Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) schließen mussten. Seitdem ist vollkommen ungewiss, wie es hier weitergeht. Eine Frage, mit der sich demnächst vermutlich viele andere Städte beschäftigen dürften, denn die Chance, dass ein Investor GKK die verbleibenden 92 Filialen als Ganzes übernimmt, ist äußerst gering.

    Krise bei Galeria Karstadt Kaufhof kann auch Chance sein

    Das "Kaufhaus-Konzept" hat sich überlebt, sagen Handelsexperten, und wird in Zukunft nur noch im Premium-Segment funktionieren, in Toplagen von Großstädten wie Köln, Frankfurt oder Berlin. Für den großen Rest der Immobilien werden deshalb alternative Konzepte benötigt, um ihnen neues Leben einzuhauchen.
    So schmerzlich die Schließung der GKK-Filialen für die Mitarbeitenden ist, für die Innenstädte könne die Krise auch eine große Chance bieten, sagt Thomas Welter vom Bund der deutschen Architekten (BDA):

    Wir haben eine Fehlentwicklung gehabt, dass wir in der Vergangenheit monofunktionale Einkaufsstraßen in den Stadtzentren gebaut haben. Durch die Krise haben wir jetzt die Möglichkeit, unsere Innenstädte multifunktionaler zu gestalten.

    Thomas Welter, Bund der deutschen Architekten

    Neues Leben in ehemaligen Kaufhäusern

    Dass eine Schließung der GKK-Filialen nicht automatisch den endgültigen Todesstoß für Innenstädte bedeutet, zeigt das Beispiel der ehemaligen Karstadt-Filiale in Recklinghausen. Hier ist nur noch die historische Fassade des stadtbildprägenden Baus erhalten, innen ist alles neu. In den unteren Etagen eine Mischnutzung aus Gastronomie, Arztpraxen und Einzelhandel, darüber Seniorenwohnungen in gehobenem Segment.
    Auch in der Nachbarstadt Herne ist die Karstadt-Filiale nach aufwendigen Umbaumaßnahmen mit neuem Leben gefüllt - allerdings stand sie davor auch jahrelang leer. Eine Blaupause für die Nachnutzung von Kaufhaus-Immobilien gebe es nicht, sagt Thomas Welter vom BDA, jedes Nachnutzungs-Konzept müsse individuell erarbeitet werden:

    Wichtig ist, wir müssen vom Leitbild einer gemischten Stadt ausgehen.

    Thomas Welter, Bund der deutschen Architekten

    Er fragt, wie "wir das Wohnen in der Stadt attraktiver machen." Großes Potential sieht er in Wohnungen, die beispielsweise in modularer Holzbauweise auf die oberen Stockwerke ehemaliger Kaufhäuser gesetzt werden könnten. Dazu müssten aber auch Bauvorschriften gelockert werden.
    GERMANY-RETAIL-KARSTADT-KAUFHOF
    Mit der Pleite des Mutterkonzerns Signa stehen viele Galeria Karstadt Kaufhof-Filialen in Frage und so mitunter auch das Leben in Innenstädten. Einige Städte gehen neue Wege. 13.02.2024 | 3:13 min

    Transformation braucht Zeit - und Engagement

    In Mannheim ist eine solche Lösung gelungen: Dort wurde das Gebäude bis auf das erste Obergeschoss zurückgebaut. Anschließend entstanden darüber Wohnungen, teilweise in Holzbauweise, auch aus Gründen der Statik. Ein Gartenbereich im Innern mit Lichthöfen und einem Kinderspielplatz bietet Bewohnerinnen und Bewohnern eine grüne Oase mitten in der Innenstadt. Die Beispiele sind keine Selbstläufer, sondern Ergebnis von engagiertem Austausch zwischen Kommunalpolitik, Investoren, Handel und Bürgerschaft.

    Galeria Karstadt Kaufhof
    :Das bedeutet die Insolvenz der Kaufhaus-Kette

    Der Kaufhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof meldet zum dritten Mal Insolvenz an. Die 12.550 Beschäftigten stehen wohl vor einer neuen Zitterpartie.
    von Stephanie Barrett
    Der Schriftzug "Karstadt" ist an der Filiale des Warenhauskonzerns Galeria Karstadt Kaufhof am Limbecker Platz zu sehen
    FAQ
    Eine solche Transformation wird nicht überall gelingen, dann droht möglicherweise auch Abriss und Neubau.
    In Neuss ist diese Entscheidung noch nicht gefallen. Mittlerweile haben aber immer mehr Architekturbüros Vorschläge für den Standort entwickelt. Allen gemeinsam: das Konzept eines "lebendigen" Standorts mit Wohnungen. Es könnte der Anfang eines völlig neuen Kapitels an diesem Ort sein.
    Thadeus Parade ist Redakteur im ZDF-Studio Düsseldorf.

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