In der Lufttaxi-Szene herrscht ein gnadenloser Verdrängungswettbewerb. Ein deutscher Hersteller bittet den Staat um Geld - wahrscheinlich vergeblich. Die Bruchlandung droht.
Ein elektrisch angetriebenes Flugtaxi von Volocopter (Archiv)
Quelle: dpa
Vor einigen Jahren galten sie noch als futuristische Spinnerei. Irgendwann später dann höchstens als eine Luxusmöglichkeit für Reiche, um von einem Ort zum anderen zu jetten. Doch aus einer vielfach belächelten Vision ist inzwischen ein fast marktreifes Produkt geworden, welches demnächst sogar bei der Mobilitätswende eine Hilfe sein könnte.
Denn die Kabinen sind größer geworden und könnten somit deutlich mehr Fluggäste transportieren. Auch an der längeren Flugdauer hat man erfolgreich gearbeitet. Flugtaxis stehen kurz davor, in Betrieb genommen zu werden. Dabei ist der Markt extrem umkämpft.
Volocopter will Bürgschaft - Länder stellen sich quer
Inzwischen gibt es rund 400 Firmen, die an dieser Technik arbeiten. Auch deutsche sind dabei. Wie etwa Lilium aus Oberbayern oder der badische Konkurrent Volocopter. Gerade dieser ist in den vergangenen Wochen in die Schlagzeilen geraten. Denn er benötigt dringend frisches Kapital. Die Forschung an solchen Hightech-Projekten ist extrem teuer. Nun scheinen kurz vor der Ziellinie, die Mittel auszugehen, und das Unternehmen bittet Staat und Länder um Unterstützung.
Es geht um Bürgschaften in Höhe von 100 Millionen Euro. Der Bund wäre bereit, wenn sich ein Bundesland zur Hälfte beteiligt. Doch Baden-Württemberg lehnte bereits ab. Volocopter würde nun sogar ins benachbarte Bayern umziehen. Doch auch dort blitzte man ab. Grund ist ein Gutachten der Beratungsgesellschaft PWC. Dieses soll Volocopter angeblich attestieren, ein Hochrisiko-Investment mit geringen Überlebenschancen zu sein.
Ingenieure und Visionäre planen den öffentlichen Verkehr der Zukunft: elektrisch, autonom, sogar fliegend. Und per Bahn auf fast vergessenen Strecken.06.05.2021 | 30:11 min
Dabei rechnet das Unternehmen damit, als erster westlicher Hersteller noch im Laufe dieses Jahres die volle Zulassung durch die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) zu erhalten. Mit dieser Zulassung stünde das Unternehmen kurz davor, kommerzielle Flüge anbieten zu können.
Aus Deutschland scheint indes keine Unterstützung mehr zu kommen. Der Flugtaxi-Pionier spricht deshalb unverhohlen von einem Plan B. Es ist also anzunehmen, dass sich Volocopter demnächst ausländische Partner sucht. Firmenchef Dirk Hoke sagte deshalb an die Adresse der beiden Bundesländer gerichtet:
Start-ups: Deutschland schwächer aufgestellt
In China gilt elektrisches Fliegen als strategische Zukunftstechnologie und wird massiv vom Staat gefördert. In den USA haben die beiden Konkurrenten der deutschen Unternehmen gerade 800 Millionen Dollar Förderung erhalten. Verena Pausder, Vorsitzende des Startup-Verbands, sagt:
"Um zu globalen Tech-Champions zu werden, brauchen Start-ups ausreichend Wagniskapital. Deutschland ist im internationalen Vergleich nach wie vor schwächer als vergleichbare europäische Standorte aufgestellt."
Deutsche Start-ups kommen wegen des starken Zinsanstiegs und zurückhaltender Investoren nur schwer an Geld. Nun soll ein neuer Fonds jungen Unternehmen bei der Finanzierung helfen.
Verspielt Deutschland eine große Chance?
Dabei ist es noch nicht einmal die Anfangsförderung, die fehlt. Klaus-Heiner Röhl vom Institut der deutschen Wirtschaft sagt deshalb zum Fall Volocopter: "Wir haben eine gute Start-up-Förderung im Anfangsstadium, aber wenn die Unternehmen an den Markt gehen wollen, wird es problematisch." Dann fehle häufig die Anschlussfinanzierung. Andererseits sei ein Einspringen des Staates immer "zwiespältig zu sehen".
Dies sieht auch Verena Pausder so: "Der Staat hat die Verantwortung, mit Steuergeldern umsichtig umzugehen." Sie schränkt aber gleichzeitig ein:
Ein schwieriger Spagat also für die Politik. Garantien für den Erfolg eines Unternehmens gibt es nicht. Sollte Volocopter allerdings demnächst im Ausland für Furore sorgen, muss sie mit dem Vorwurf leben, mal wieder eine Zukunftstechnologie verschlafen zu haben. Und so viele haben wir davon in Deutschland nicht.