Commerzbank-Übernahme durch Unicredit wackelt

Vor wenigen Wochen noch verschreckte die italienische Unicredit mit ihrem versteckten Übernahmeversuch der Commerzbank Politik und Bankenszene. Nun stillt die italienische Großbank ihren Zukaufshunger erst mal mit einer heimischen Rivalin. Die italienische Großbank will die italienische Banco BPM für mehr als zehn Milliarden Euro übernehmen.

Das Angebot verändert laut Unicredit jedoch nichts an der Commerzbank-Beteiligung. Diese sei einstweilen Investment, sagte Unicredit-Chef Andrea Orcel. "Wir können darauf eine Weile sitzen bleiben." Mit ihrem Vorstoß bei der Commerzbank wollen sich die Italiener nun offenbar Zeit lassen. Die Unicredit werde niemals zwei Banken zur gleichen Zeit integrieren, sagte Orcel.

Im September hatte sich das italienische Finanzinstitut im großen Stil bei der Commerzbank eingekauft und sich etwas mehr als ein Fünftel an der deutschen Konkurrentin gesichert. Darüber hinaus hat sie bei den Bankenaufsehern der EZB beantragt, ihre Beteiligung bei Bedarf auf bis zu 29,9 Prozent auszubauen. Unicredit ist inzwischen größter Anteilseigner bei der Commerzbank vor dem Bund, der noch rund zwölf Prozent an der Commerzbank hält.

Die Bundesregierung und die Commerzbank haben sich klar gegen eine Übernahme durch Unicredit positioniert. Inzwischen erwartet auch Bundesfinanzminister Jörg Kukies (SPD) nach eigenen Angaben, dass die Italiener die beabsichtigte Transaktion fallen lassen. Kukies sagte dazu in der ARD:

Im Abwehrkampf gegen Unicredit lässt sich die Commerzbank kaum in die Karten schauen. Doch Insidern zufolge wollen die Frankfurter nun selbst auf Einkaufstour gehen und andere Finanzinstitute übernehmen. Ein Zukauf hätte eine doppelte Wirkung: Er würde eine Übernahme für Unicredit teurer machen, vor allem aber auch komplexer.

Die Commerzbank wäre dann selbst eine Weile damit beschäftigt, die neue Bank in ihr System zu integrieren. Für Unicredit wäre die Übernahme der Commerzbank dann deutlich aufwändiger und komplizierter.

Beim deutschen Mittelstand dürfte sich Erleichterung breit machen, dass sich eine Übernahme der Commerzbank vermutlich hinzieht, wenn sie überhaupt noch realisiert wird. Die zweitgrößte deutsche Bank ist klassischer Finanzierer größerer mittelständischer Unternehmen.

Ob die Übernahme durch Unicredit von Vorteil ist für die deutsche Bankenlandschaft, ist umstritten. Gegen eine Übernahme spricht, dass es dadurch weniger Wettbewerb geben könnte. Denn wenn sich immer mehr Banken zusammentun, gibt es weniger Wettbewerb und weniger Wahlmöglichkeit für Kunden.

Hans-Peter Burghof, Bankenexperte und Professor an der Universität Hohenheim, meint, es gebe sehr gute Gründe für mehr Wettbewerb im Bankenbereich. Das sei gut für die Kunden.

Außerdem sei die Commerzbank für den gehobenen Mittelstand die wichtigste Hausbank. "Der große Mittelstand ist in nicht unerheblichem Maß auf Banken angewiesen, die ihnen auch in Krisenzeiten die Stange halten und Kredite geben", erklärt Burghof.

Ob Unicredit in der heimischen Banco BPM eine schönere Braut gefunden hat und die Commerzbank nun links liegen lässt, ist noch keine ausgemachte Sache. Man wolle die Bundestagswahl abwarten, hieß es von der Bank - vermutlich auch in der Hoffnung auf eine neue Regierung, die einer Übernahme vielleicht offener gegenübersteht als die aktuelle.