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BASF als Säule der Wirtschaft:Wohin steuert Europas größter Chemiekonzern?
von Stephanie Barrett
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Sparprogramm, Stellenabbau und sinkende Umsatzzahlen: BASF sieht sich vor Herausforderungen und investiert fernab von Europa. Was sind die Gründe dafür und welche Folgen hat das?
BASF bekommt mit Markus Kamieth einen neuen Chef - Vorgänger Martin Brudermüller übergibt den Chemiekonzern in stürmischen Zeiten. Was sind die Zukunftspläne?25.04.2024 | 1:20 min
Ein deutlich schwächeres Agrarchemiegeschäft und niedrigere Preise haben Spuren bei BASF hinterlassen. Der Konzern erzielte im zweiten Quartal mit 16,1 Milliarden Euro knapp sieben Prozent weniger Umsatz als im Vorjahr. Zuletzt hatte der Vorstand des Chemiekonzerns ein weiteres milliardenschweres Sparprogramm und erneuten Stellenabbau im Stammwerk Ludwigshafen angekündigt.
Der Chemieriese BASF zählt seit mehr als 150 Jahren zu den tragenden Säulen der deutschen Wirtschaft und hat den industriellen Aufstieg des Landes mit einem stetigen Strom von Innovationen unterstützt.
Doch das jüngste Projekt des Unternehmens - eine Zehn-Milliarden-Dollar-Investition in einen hochmodernen Industrie-Komplex - nach Angaben des Unternehmens künftiger Goldstandard für nachhaltige Produktion - wird nicht in Deutschland errichtet, sondern 9.000 Kilometer entfernt in China. Auch in die USA werden Investitionen gepumpt. Die Folgen für Deutschland und Europa könnten gravierend sein.
Der Chemiekonzern BASF trennt sich von Beteiligungen in China. Zuvor hatten das ZDF und der Spiegel berichtet, dass BASF-Partner an der Unterdrückung der Uiguren beteiligt seien.09.02.2024 | 1:36 min
Expertin: "Größte Märkte" für Chemie-Branche in USA und Asien
Mehr als die Hälfte der deutschen Industrie hängt an der Grundstoffindustrie, der Herstellung von Kunststoffen, Dünger, Kautschuk, Farben und nicht zuletzt den Grundstoffen für die pharmazeutische Industrie. Doch was tun, wenn sich Standortfaktoren verschlechtern?
Energieintensive Anlagen müssen immer laufen, man kann sie nicht drosseln, nur abschalten. BASF zog bereits vergangenes Jahr die Konsequenzen, kappte am Stammsitz Ludwigshafen Kapazitäten und schaltete energieintensive Fabrikanlagen zur Herstellung von Ammoniak und Methanol einfach ab.
Die Chemieindustrie trägt rund 2,3 Prozent zur Bruttowertschöpfung in Deutschland bei, sie ist damit nach der Autobranche mit 4,5 Prozent und dem Maschinenbau mit rund drei Prozent drittstärkster Industriezweig in Deutschland. Schwächelt sie, macht sich das auch gesamtwirtschaftlich bemerkbar - zumal vieles von dem, was die Chemie belastet, auch die übrigen großen Exportindustrien betrifft.
"Der energiesparende Umbau der Chemie-Branche ist zwingend, allerdings stellt sich die Frage, wo die Unternehmen das tun", erklärt Dr. Anna Wolf, Branchenexpertin Chemie vom ifo-Institut. "Ob sie die Produktion lieber gleich dorthin verlagern, wo die Energie günstig ist - und, weil die Branche sehr exportorientiert ist, gleich dorthin ziehen, wo die Abnehmer sind."
Frage nach Versorgungssicherheit in Europa
Wenn Standortfaktoren nicht mehr stimmen, Unternehmen andernorts Produktionen aufbauen, stellt sich jedoch angesichts zunehmender geopolitischer Spannungen die ernsthafte Frage nach der Versorgungssicherheit in Europa.
Ob die Politik diese Branchen dauerhaft subventionieren kann und soll, wäre vermutlich politisch nicht tragbar - unter Umständen muss man sich für systemrelevante Infrastruktur entscheiden, dazu könnten etwa pharmazeutische Grundstoffe oder auch Düngemittel zählen.
Unternehmen wandern aus Deutschland ab
"Auch der Anteil an Forschung und Entwicklung wiegt schwer in der chemisch-pharmazeutischen Industrie, Platz drei belegt die Branche in Deutschland", sagt Anna Wolf.
"Die fehlen dann, insbesondere bei ökologischen Innovationen wie etwa Biokunststoffen", betont Wolf.
Schleichend kehren Industrieunternehmen Deutschland den Rücken, weil Rahmenbedingungen nicht mehr stimmen, der Standort wegen zu hoher Kosten zunehmend an Attraktivität verliert und Herstellungskosten im internationalen Vergleich nicht mehr wettbewerbsfähig sind.
Täglich Millionenverluste bei BASF-Ludwigshafen
Uwe Liebelt, Leiter des Ludwigshafener BASF-Werks, verkündete kürzlich bei einem Manager-Treffen, manche Investitionen in Deutschland würden "eher aus Patriotismus als aus wirtschaftlichen Gründen" getätigt.
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BASF bekennt sich zwar auch weiterhin zum Stammsitz Ludwigshafen. Hier ist das größte zusammenhängende Chemie-Areal der Welt auf einer Fläche von zehn Quadratkilometern angesiedelt - und damit fünfmal so groß ist wie das Fürstentum Monaco. Noch arbeiten hier rund 39.000 Mitarbeiter. Doch BASF-Ludwigshafen schreibt dort täglich Verluste von vier Millionen Euro. Täglich.
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Um den Konzern stabil zu halten, wird deshalb im Ausland investiert: "Hier werden die Gewinne erwirtschaftet, um die Transformation in Deutschland finanzieren zu können", so erklärte es der ehemalige BASF-Chef Martin Brudermüller. Ein Satz, den vermutlich auch andere Konzernlenker unterschreiben würden.
Quelle: ZDF
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