Adnoc kauft Covestro: Ausverkauf der deutschen Wirtschaft?

    Adnoc kauft Covestro:Ausverkauf der deutschen Wirtschaft?

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    von Sina Mainitz
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    Der Ölkonzern Adnoc hat sich die Mehrheit am deutschen Kunststoffhersteller Covestro gesichert. Damit ist der Weg so gut wie frei, dass ein deutsches Dax-Unternehmen arabisch wird.

    Logo des Chemiekonzerns Covestro an der Firmenzentrale in Leverkusen
    Der Chemiekonzern Covestro ist wahrscheinlich bald in arabischer Hand.
    Quelle: epa

    Es wäre die erste Großübernahme eines Dax-Konzerns durch einen staatlichen Investor des Persischen Golf und die größte Transaktion der europäischen Chemieindustrie seit vielen Jahren. Der Kunststoffhersteller Covestro ist sehr wahrscheinlich bald in arabischer Hand. Der Ölkonzern Adnoc habe im Zuge seiner Übernahmeofferte fast 70 Prozent der Anteile an dem deutschen Konzern angeboten bekommen.
    Dies haben das Dax-Unternehmen und der Staatskonzern aus den Vereinigten Arabischen Emiraten heute in Abu Dhabi und Frankfurt mitgeteilt. Damit wurde die Mindestannahmeschwelle des Angebots von 50 Prozent plus eine Aktie deutlich übertroffen. Auch wenn die endgültige Freigabe der Behörden noch aussteht, gibt die Konzernspitze von Covestro grünes Licht.
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    Meilenstein oder Ausverkauf?

    Aktionäre, die ihre Anteile bisher nicht angeboten haben, können die Offerte noch bis zum 16. Dezember annehmen. Die Übernahme wird immer wahrscheinlicher und könnte in vielerlei Hinsicht zu einem Meilenstein der deutschen Wirtschaftsgeschichte werden. Adnocs Beharrlichkeit und Geduld zahlt sich aus. Doch was bedeutet es für die deutsche Wirtschaft, gleicht das einem Ausverkauf?

    Wir haben seit Jahrzehnten Investoren aus den arabischen Ländern im Dax. Da sehe ich kein Problem drin. Ich sehe es positiv, weil Covestro, dann in arabischer Hand, weitere Unternehmen in Europa hinzukaufen möchte.

    Christoph Schalast, Frankfurt School of Finance and Management

    Das wäre auch gut für Deutschland, so Schalast. Das Wachstum solle nämlich über eine deutsche Plattform erfolgen. Das könne Arbeitsplätze in Deutschland sichern.
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    Ein guter Deal für beide Seiten?

    Das Volumen des Deals: 11,6 Milliarden Euro. Covestro hatte 2023 einen Umsatz von 14,4 Milliarden Euro erzielt. Das Unternehmen produziert an 48 Standorten weltweit und beschäftigt rund 17.500 Menschen. Es war 2015 aus der ehemaligen Kunststoffsparte von Bayer hervorgegangen. Adnoc sieht in der Übernahme von Covestro den ersten großen Schritt auf dem Weg in die Top-Liga der weltweiten Chemieindustrie.
    Für die weitere Expansion hat der staatliche Ölkonzern aus den Vereinigten Arabischen Emiraten gerade eine neue Investmentgesellschaft namens XRG gegründet. XRG wird die künftige Muttergesellschaft von Covestro und soll über weitere Zukäufe zu den fünf größten Chemieherstellern aufsteigen. Die behördliche Zustimmung steht noch aus. Christoph Schalast hat hier keine Bedenken.

    Ich sehe weder ein Kartell- noch ein außenwirtschaftliches Problem, auch keine Gefahr von Know-How-Abfluss. Vielmehr sehe ich hier eher eine Chance, dass der deutsche Forschungsstandort gestärkt wird.

    Christoph Schalast, Frankfurt School of Finance and Management

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    Emirate wollen grüne Transformation vorantreiben

    Die Emirate investieren längst nicht mehr nur in das "schwarze Gold" Öl, das ihnen einst zu Wohlstand und Reichtum verholfen hat. Die Emirate wollen inzwischen rund um die Wüste "grüner" werden. Und so will der Ölgigant "Adnoc" über XRG verstärkt in grüne Energie investieren.
    XRG wird mit mehr als 80 Milliarden Dollar bewertet. In den nächsten zehn Jahren soll dieser Wert verdoppelt werden. Durch die Übernahme von Covestro will man sich kohlenstoffärmere Chemikalien ins Portfolio holen. Bisher fehlen sie Adnoc gänzlich.

    Covestro produziert Kunststoff-Vorprodukte für die Auto-, Möbel-, Haushaltsgeräte- und Bauindustrie. Durch die Übernahme sichert sich Adnoc den Zugang zu fortschrittlicheren Materialien. Sie kommen in Elektrofahrzeugen, Wärmedämmung und technischen Kunststoffen zum Einsatz.

    Adnoc hat sich dazu verpflichtet, bei Covestro bis Ende 2028 keine wesentlichen Änderungen, Verkäufe oder Schließungen vorzunehmen. Auch Betriebsvereinbarungen, Tarifverträge und die Rechte der Betriebsräte sollen bestehen bleiben. Der Covestro-Vorstand bleibt im Amt; sein Vorsitzender Markus Steilemann will den Konzern auch unter der Ägide von Adnoc führen.

    Auch wenn Adnoc noch einige Hürden bis zur Übernahme nehmen muss, sieht man welches Potenzial anderswo in der grünen Transformation gesehen wird. In Zeiten, in denen die Welt weg von fossilen und hin zu nachhaltigen Energien strebt, wird dieser Wohlstand eben nur gesichert, wenn neue Wege erschlossen werden. Sie reichen bis nach Leverkusen.
    Es klingt vieles nach einem Deal mit Win-Win-Ausgang. Vorausgesetzt, die Weichen werden nun auf den letzten Metern richtig gestellt. Deutsches Know-How eines Dax-Konzerns könnte nun in der Wüste versilbert werden, wo drum herum viel Gold glänzt.

    Eine Person hält ein Smartphone in der Hand. Darauf ist der WhatsApp-Channel der ZDFheute zu sehen.
    Quelle: ZDF

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