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Zahlen zu Flucht von 2015/16:Wie viele der Geflüchteten haben einen Job?
von Alina Reissenberger
Fakten zum Arbeitsmarkt:So viele Syrer arbeiten in Deutschland
von Oliver Klein und Jan Schneider
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Nach dem Fall des Assad-Regimes in Syrien fordert Friedrich Merz: Wer arbeiten kann, es aber nicht tut, soll gehen. Ist das Problem so groß, wie vom Kanzlerkandidat beschrieben?
Geflüchtete Männer aus Syrien haben sieben Jahre nach ihrem Zuzug eine durchschnittliche Erwerbstätigenquote von 73 Prozent erreicht. (Archivbild)
Quelle: imago images
Die syrische Hauptstadt Damaskus war gerade mal 24 Stunden von den Streitkräften der Rebellen eingenommen, da stoppte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) vorerst alle Entscheidungen über Asylanträge aus dem arabischen Land. Mit dem Fall des Assad-Regimes ist ein neues Thema im Bundestagswahlkampf aufgetaucht, zu dem sich mittlerweile alle Parteien positioniert haben: Sollen syrische Flüchtlinge in ihre frühere Heimat abgeschoben werden oder dürfen sie bleiben?
Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz fordert bereits Rückführungen von Syrern aus Deutschland: Syrische Geflüchtete, die arbeiten könnten, dies aber nicht tun, müssten in ihre Heimat zurückkehren, sagte Merz.
Zwei Drittel arbeiten nicht, das sind ganz überwiegend junge Männer und von denen können viele zurück.
Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz
Auch in der SPD gibt es Stimmen, die denen, die sich nicht in Gesellschaft und Arbeitsmarkt integrieren, kein Bleiberecht mehr zugestehen:
Wer das Bemühen nicht gezeigt hat, da muss man sagen, der hat bei uns Schutzstatus bekommen und der wird dann auch wieder nach Hause gehen müssen.
Matthias Jendricke, SPD-Landrat im Lankreis Nordhausen
AfD-Bundesvorstand und EU-Parlamentsmitglied Alex Jungbluth forderte derweil "ein Programm zur Remigration aller syrischen Flüchtlinge in der EU".
Doch wie viele Geflüchtete aus Syrien im arbeitsfähigen Alter sind in Deutschland tatsächlich berufstätig, wie viele von ihnen leben von staatlicher Unterstützung? Welche Folgen hätte es für den Arbeitsmarkt, die Wirtschaft und den Fachkräftemangel, wenn Syrer in großer Zahl in ihre Heimat zurückkehrten oder abgeschoben werden?
Rund 700.000 Menschen aus Syrien im erwerbsfähigen Alter
Zahlen zur Arbeitssituation von Syrern in Deutschland hat das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) - das ist die Forschungseinrichtung der Bundesagentur für Arbeit. Knapp eine Million Syrer leben in Deutschland. Davon seien nur rund 700.000 überhaupt im erwerbsfähigen Alter, sagt Arbeitsmarktforscherin Yuliya Kosyakova vom IAB im Gespräch mit ZDFheute.
Die Beschäftigungsquote dieser Menschen liegt den IAB-Zahlen zufolge bei 42 Prozent. Dazu kämen noch die Selbständigen, die noch mal etwa drei bis vier Prozentpunkte ausmachten. Im Ergebnis ist also etwas weniger als die Hälfte der Syrer im Alter zwischen 15 und 64 in Arbeit.
Erwerbstätigenquote syrischer Männer nähert sich Durchschnitt
Und es sind - im Gegensatz zur Aussage von Friedrich Merz - überwiegend Männer, die arbeiten: "Männer haben sieben Jahre nach ihrem Zuzug eine durchschnittliche Erwerbstätigenquote von 73 Prozent erreicht", schreibt das IAB auf seiner Webseite. Die Erwerbstätigenquote syrischer Männer habe sich dem Durchschnitt der männlichen Bevölkerung in Deutschland bereits stark angenähert, heißt es. Diese liegt laut Statistischem Bundesamt bei rund 80 Prozent.
Syrische Frauen kümmerten sich laut IAB dagegen überproportional häufig um die Familie und hätten im Schnitt ein geringeres Sprach- und Bildungsniveau. Die Erwerbstätigenquote syrischer Frauen in Deutschland liegt bei nur 29 Prozent, während es im Durchschnitt aller Frauen in Deutschland 77 Prozent sind.
- Arbeitsmarktintegration: Warum geflüchtete Frauen selten Arbeit finden
Eine halbe Million Syrer hat Anspruch auf Bürgergeld
Nach Daten der Bundesagentur für Arbeit haben insgesamt etwa 518.000 Syrer Anspruch auf Bürgergeld. Darunter sind jedoch auch viele Kinder - zuletzt war mehr als die Hälfte der Berechtigten jünger als 25 Jahre.
Wie geht es nun weiter? Werden Geflüchtete aus Syrien in großer Zahl in ihre Heimat zurückkehren wollen? Kosyakova bezweifelt das:
Unsere Befragungsdaten zeigen, dass die große Mehrheit der syrischen Geflüchteten längerfristig in Deutschland bleiben möchte.
Yuliya Kosyakova, Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung
Es sei "schwer vorstellbar", dass sich diese Haltung grundlegend bei dem Großteil ändern würde, auch angesichts der neuen Entwicklungen in Syrien, so Kosyakova.
Das Nürnberger Institut untersucht in der IAB-BAMF-SOEP-Studie seit 2013 die Integration von Geflüchteten in Deutschland. Dazu befragen Forscher jedes Jahr Schutzsuchende in Deutschland unter anderem zum Spracherwerb, der Jobsuche und sozialen Integration.
Die Befragten werden per Zufallsstichprobe aus dem Ausländerzentralregister gezogen. Seit 2013 nahmen 9.339 Geflüchtete im erwerbsfähigen Alter (18 bis 64 Jahre) an der Befragung teil. Als Teil der Bundesagentur für Arbeit berät das IAB auf Grundlage der Forschungsergebnisse das Bundesministerium für Arbeit und Soziales.
Die Befragten werden per Zufallsstichprobe aus dem Ausländerzentralregister gezogen. Seit 2013 nahmen 9.339 Geflüchtete im erwerbsfähigen Alter (18 bis 64 Jahre) an der Befragung teil. Als Teil der Bundesagentur für Arbeit berät das IAB auf Grundlage der Forschungsergebnisse das Bundesministerium für Arbeit und Soziales.
Yuliya Kosyakova leitet den Forschungsbereich Migration, Integration und internationale Arbeitsmarktforschung am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Zudem forscht und lehrt sie als Professorin für Migrationsforschung an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg.
Syrer sind häufiger in Engpassberufen beschäftigt
Eine Rückkehr syrischer Flüchtlinge in ihre Heimat würde sich möglicherweise auch negativ auf die deutsche Wirtschaft auswirken und die Fachkräftelücke vergrößern. Eine Studie des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) berechnete, dass etwa 80.000 Syrer hierzulande in Engpassberufen arbeiten - also in Jobs, für die Fachkräfte fehlen.
Und nicht nur das: Syrerinnen und Syrer seien sogar im Vergleich zu allen anderen Beschäftigten häufiger in Engpassberufen beschäftigt - sie arbeiten also proportional häufiger in diesen Berufen als deutsche Staatsangehörige, erklärt Kosyakova.
In einigen vom Fachkräftemangel stark betroffenen Berufen sind den Analysen zufolge besonders viele Menschen aus Syrien tätig. Mehr als 4.000 arbeiteten zuletzt als Kfz-Mechatroniker. In der Kraftfahrzeugtechnik können laut IW fast sieben von zehn offenen Stellen nicht mit passend qualifizierten Fachkräften besetzt werden.
Eine große Zahl an Syrern ist auch in anderen Engpassberufen zu finden. So arbeiten in Deutschland fast 6.000 Ärzte aus Syrien. Kliniken, in denen etwa 5.000 von ihnen beschäftigt sind, warnen bereits: Würden viele Ärzte aus Syrien in ihre Heimat zurückkehren, hätte das Auswirkungen auf die Gesundheitsversorgung in Deutschland, insbesondere in ländlichen Regionen.
Syrische Beschäftigte "wichtig für den deutschen Arbeitsmarkt"
In der Zahnmedizin arbeiten den IW-Statistiken zufolge etwa 2.470 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte aus Syrien, in der Kinderbetreuung und -erziehung 2.260 und in der Gesundheits- und Krankenpflege 2.160. Viele Menschen aus Syrien haben klimarelevante Jobs in der Bauelektrik (2.100) sowie der Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik (1.570).
Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels sollte die Politik eine "sichere Bleibeperspektive bieten", fordert der IW-Ökonom und Studienautor Fabian Semsarha:
Syrische Beschäftigte sind wichtig für den deutschen Arbeitsmarkt. Sie tragen in nennenswertem Umfang dazu bei, den Fachkräftemangel in Deutschland abzufedern.
Fabian Semsarha, IW-Ökonom und Studienautor
Quelle: mit Material von dpa
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