Kohle und Gas halfen kaum:Dunkelflaute lässt Strompreise explodieren
von Oliver Klein
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Eine Dunkelflaute hat den Strompreis kurzfristig massiv verteuert. Warum liefen nicht alle Ersatzkraftwerke? Was sind die Folgen für Verbraucher? ZDFheute mit Antworten.
Schornsteine eines Blockheizkraftwerkes in Berlin - warum produzierten nicht alle verfügbaren Kraftwerke während der Dunkelflaute Strom?
Quelle: dpa
Kaum Wind, dafür graues, kaltes Wetter - eine Dunkelflaute hat die Strompreise an der Börse am Mittwoch und Donnerstag auf Rekordstände schnellen lassen. Zeitweise kostete die Megawattstunde an der Börse mehr als 900 Euro - mehr als auf dem Höhepunkt der Energiekrise. Was genau hat die Preisexplosion ausgelöst? Was sind die Konsequenzen - und was heißt das für Verbraucher? ZDFheute klärt die wichtigsten Fragen.
Wie kam es zu der drastischen Teuerung?
Letztendlich führte eine Kombination mehrerer Faktoren zu dieser Situation, erklärt Energieexperte Timo Kern von der Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FfE):
Es war zwar nicht die erste Dunkelflaute dieser Art. Aber erst seit diesem Winter führen solche Situationen zu derart hohen Preisspitzen: Auch Anfang November gab es bereits eine Dunkelflaute, die die Strompreise mit auf mehr als 800 Euro pro Megawattstunde trieb.
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Wie reagierten die Kraftwerksbetreiber?
Eigentlich wäre zu erwarten, dass in einer solchen Lage mit Strom viel Geld verdient werden kann und deshalb alle Kapazitäten hochgefahren werden. Aber: Etliche verfügbare Kohle- und Gaskraftwerke lieferten offenbar gar nicht oder nur eingeschränkt Strom. Das zeigen Daten des Portals Agora Energiewende und der Bundesnetzagentur.
So produzierten beispielsweise Braunkohlekraftwerke zwischen dem 11. und 13. Dezember beständig nur um die 12 Gigawatt Strom, während die Gesamtkapazität aller Kraftwerke zusammen bei mehr als 15 Gigawatt liegt. Auch die Denk-Fabrik Agora-Energiewende hat Berechnungen mit Daten der Strombörse angestellt und kommt zu einem ähnlichen Ergebnis: Am frühen Donnerstagabend hätten die Kohle- und Gaskraftwerke über acht Gigawatt Kraftwerkskapazitäten nicht genutzt, obwohl sie als verfügbar gemeldet waren.
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Warum produzierten nicht alle verfügbaren Kraftwerke auf Volllast?
Darüber rätseln die Experten. Philipp Godron, Programmleiter Strom bei Agora Energiewende sagt auf Anfrage von ZDFheute:
Man könne davon ausgehen, dass die Preisspitzen deutlich abgeschwächt worden wären, wenn diese Kraftwerke sich am Markt beteiligt hätten, so Godron.
Auch Timo Kern zeigt sich im Gespräch mit ZDFheute überrascht. "Bei so hohen Preisen sollte man denken, dass alle verfügbaren Kraftwerke mit allen Kapazitäten in den Markt gehen", sagt er und verweist darauf, dass möglicherweise manche Kraftwerke in Revision sind oder aus anderen Gründen nicht am Markt teilnehmen.
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Vom Kraftwerksbetreiber Steag heißt es auf Anfrage von ZDFheute, dass keines seiner systemrelevanten Steinkohlekraftwerke während der Dunkelflaute im Einsatz war. Zumindest für diese Art von Kraftwerken gibt es eine einfache Erklärung:
"Die systemrelevanten Kraftwerke werden nur dann auf Anforderung der Netzbetreiber hochgefahren, wenn die Netzstabilität in Gefahr ist. Das war aber zu keinem Zeitpunkt der Fall", sagt Daniel Mühlenfeld, der Steag-Sprecher. Dafür aber liefen die regulären Steag-Kraftwerke in Herne und Duisburg-Walsum annähernd unter Volllast, heißt es von dem Unternehmen.
Anteil der Erneuerbaren am Stromverbrauch
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Was sind die Folgen für Verbraucher und Wirtschaft?
Kurzfristig treffen die hohen Börsen-Strompreise diejenigen Kunden, die dynamische Stromtarife vereinbart haben oder wie Großunternehmen ihren Strom am tagesaktuellen Markt kaufen. In der sächsischen Stadt Riesa stoppte ein Elektrostahlwerk wegen der hohen Strompreise am Mittwoch seine Produktion, wie das "Handelsblatt" berichtete.
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Die meisten privaten Stromverbraucher und Industrieunternehmen haben aber mittel- und langfristige Verträge, die einen Preis garantieren. Die wenigen teuren Stunden würden sich deshalb "nicht nennenswert" auf den Jahresdurchschnittspreis von Strom auswirken, schreibt das Bundeswirtschaftsministerium bei X.
Konkreter wird Philipp Godron: "Insgesamt haben wir in diesem Jahr rund 100 Stunden mit besonders hohen Preisen beobachten können, was den Großhandels-Strompreis im Jahresschnitt um etwa 3 Euro pro Megawattstunde erhöht hat." Der durchschnittliche Strompreis lag in diesem Jahr bei rund 75 Euro pro Megawattstunde.
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Was kann man gegen Auswirkungen von Dunkelflauten tun?
Entscheidend sei, wie flexibel das System in Zukunft reagieren kann, erklärt Energieexperte Kern: "Nicht nur auf der Erzeugerseite – auch mehr Großbatteriespeicher und eine Flexibilisierung der Stromnachfrage, zum Beispiel durch das gesteuerte Laden von Elektrofahrzeugen, können in solchen Situationen das System stabilisieren und Preisspitzen reduzieren."
Trotz des Engpasses: "Die Versorgungssicherheit war in den letzten Tagen nicht gefährdet", sagt Christoph Müller, Geschäftsführer des Übertragungsnetzbetreibers Amprion. Auch für die kommenden Monate werde die Lage als stabil angesehen. Die Dunkelflauten würden jedoch verdeutlichen, dass gesicherte Kraftwerksleistung auch in Zukunft benötigt werde. "Mit jedem Kraftwerk, das vom Stromnetz genommen wird, steigt die Wahrscheinlichkeit von Knappheitssituationen", so Müller.