75 Jahre Soziale Marktwirtschaft: Gilt "Wohlstand für alle"?

    Soziale Marktwirtschaft wird 75:"Wohlstand für alle" - Versprechen gehalten?

    von Marie Groß und Anna Weiler
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    Die soziale Marktwirtschaft wird 75. Kanzler Ludwig Erhard versprach den Deutschen einst "Wohlstand für alle" - Wirtschaftsexperten erklären, was daraus geworden ist.

    Ein Bettler sitzt in einer belebten Einkauspassage.
    Die Soziale Marktwirtschaft wird 75. Wer profitiert vom Wohlstand in Deutschland?
    Quelle: dpa

    Das Ziel der sozialen Marktwirtschaft ist, die Vorteile der freien Marktwirtschaft mit der Idee des Sozialstaates zu verbinden. Die jüngste Umfrage des ifo Institut belegt, dass die Soziale Marktwirtschaft noch bis heute große Popularität genießt. Allerdings nicht bei allen. Denn die Zustimmung nimmt mit Einkommen und Bildungsgrad ab.

    ... wurde 1948 als Wirtschafts- und Währungsform in Deutschland eingeführt. Eine feste Definition, was die Soziale Marktwirtschaft ist, gibt es aber nicht. Dennoch kann man einige ihrer Aufgaben klar benennen: Ziel der sozialen Marktwirtschaft ist ein größtmöglicher Wohlstand bei bestmöglicher sozialer Absicherung.

    Gesichert werden soll dies unteranderem durch ein faires System der Besteuerung, das dem Einzelnen nach seiner Leistungsfähigkeit einen Beitrag für die Gemeinschaft abverlangt, einen funktionsfähigen Wettbewerb zwischen Unternehmen ohne verzerrende Subventionen oder gerechte Teilhabe in einer Leistungsgesellschaft.

    Quelle: ZDF

    Das Wohlstands-Versprechen von 1957

    'Wohlstand für alle' - damit sorgte der damalige Wirtschaftsminister und spätere Bundeskanzler der BRD, Ludwig Erhard, für Aufsehen. Das Versprechen, beschrieben in einem Sachbuch, ist ein Klassiker der Wirtschaftsliteratur.
    Ludwig Erhard stand und steht wie kein anderer für die Soziale Marktwirtschaft. Allen gesellschaftlichen Schichten soll Wohlstand zuteilwerden. Weg von der kleinen Oberschicht und großen Unterschicht hin zur breiten Mittelschicht. Doch wie ist es darum heute bestellt?
    Politikwissenschaftler Wolfgang Schröder erklärt, warum Gewerkschaften wichtig sind - gerade heute:

    Profitieren alle vom Wohlstand in Deutschland?

    Über die schwierige Frage, ob jeder von einem wachsenden Wohlstand profitiert, herrscht Uneinigkeit. "Ab circa 2013 können wir tatsächlich das Phänomen beobachten, dass wirklich alle weitestgehend vom gesteigerten Wohlstand in Deutschland profitieren können", beschreibt Maximilian Stockhausen vom Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) die Situation. Dorothee Spannagel von der Hans-Böckler-Stiftung steht dem kritischer gegenüber.

    Wohlstand für alle, das hat wahrscheinlich nie gegolten. Es gab auch in den 2010er Jahren Bevölkerungsgruppen, die systematisch nichts davon abbekommen haben.

    Dorothee Spannagel, Hans-Böckler-Stiftung

    Einer der wichtigsten Faktoren von Wohlstand ist Einkommen, da dieses über Konsum und Teilhabe bestimmt. Betrachtet man die Einkommensungleichheit auf der EU-Ebene, zeigen Eurostat Statistiken, dass Deutschland einen Platz im Mittelfeld einnimmt. Anders sieht das jedoch bei der Vermögensverteilung aus. Denn Vermögen ist in Deutschland, verglichen mit den anderen Ländern, besonders ungleich verteilt.

    Teilhabe durch Bildung und Umverteilung

    Verschiedene Faktoren beeinflussen die Teilhabe am Wohlstand. Verteilung und Bildung, da sind sich die Experten der Hans-Böckler-Stiftung und des IW einig, sind dabei sehr wichtige Faktoren. "Umso höher mein Bildungsniveau ist, dass ich erreiche im Leben, umso eher werde ich einem besser bezahlten Job nachgehen", erklärt Maximilian Stockhausen. Mit Bildung könne die Verfestigung von Armut über mehrere Generationen hinweg aufgebrochen werden, bestätigt auch Dorothee Spannagel.
    Auch gerechte Umverteilung soll Teilhabe am Wohlstand garantieren. In Deutschland soll das vor allem die Einkommenssteuer regeln. Maximilian Stockhausen zeigt sich positiv:

    Wir leisten bereits großzügige Grundsicherung, sichern viele Lebensrisiken ab, sodass die Schwächsten der Gesellschaft nicht vergessen werden und trotzdem Anreize bestehen, etwas zu leisten.

    Maximilian Stockhausen, Institut der Deutschen Wirtschaft (IW)

    Ganz so einfach ist das allerdings nicht, erklärt Dorothee Spannagel: "Es ist unumstritten, dass sich die Verteilung verfestigt, das heißt, es gilt zunehmend, wer einmal arm ist, bleibt arm und wer reich ist, bleibt reich."
    [Privatvermögen steigen 2021: Reiche werden immer reicher]

    Herausforderungen in der Zukunft

    Bildung wird durch die Technologisierung noch wichtiger und auch der demografische Wandel bringt Veränderungen. "Wenn Menschen mit wenig ins Land kommen, verschieben sich Dinge wie die Armutsgefährdungsquote. Die Herausforderung ist, diese in den kommenden Jahren auch im Arbeitsmarkt und in der Gesellschaft zu integrieren und am Wohlstand teilhaben zu lassen", erklärt Maximilian Stockhausen.
    Herausforderungen, die, wenn sie richtig umgesetzt werden, aber auch zur Chance werden, dem Ziel der Sozialen Marktwirtschaft - Wohlstand für alle - näherzukommen.

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