Streit um Photovoltaik:Agri-PV: Fluch oder Segen für Landwirte?
von Claudia Oberst
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Rinderzüchter Jörg Hussong will mit Photovoltaik-Anlagen aud dem Acker fehlende Einnahmen aus der Landwirtschaft kompensieren. Der Bauernverband sieht Existenzen bedroht.
Quelle: ZDF
Für die Angus-Rinder von Jörg Hussong sind die Solar-Panels vor allem eins: Schattenspender. Kauend stehen die Tiere zwischen den Modulreihen, die die ganze Weide bedecken. Die Kälber laufen unter den Panels durch. "Die interessiert das gar nicht. Die machen auch nichts kaputt", sagt Hussong, Rinderzüchter in zweiter Generation.
Sein Hof in Ottweiler im nördlichen Saarland ist eine Modellanlage für Agri-Photovoltaik (PV) kombiniert mit Rinderhaltung. Agri-PV ist die gleichzeitige Nutzung von Flächen für landwirtschaftliche Produktion und Photovoltaik. Die Idee hatte Hussong 2018 als er einen Zusatzerwerb suchte.
Photovoltaikzur Sicherungs des Einkommens
"Die Einkünfte in der Landwirtschaft gehen stetig zurück. Ich wollte den Betrieb stabilisieren, das Einkommen sichern", sagt Hussong im Gespräch mit ZDFheute. Er musste lange kämpfen, denn sein Land ist landwirtschaftliches Vorranggebiet, darf eigentlich nicht bebaut werden. Hussong bekam schließlich eine Ausnahmegenehmigung.
Jörg Hussong auf seiner Agri-PV-Weide in Ottweiler.
Quelle: ZDF
Jetzt stehen auf 11,5 Hektar seines Landes knapp 8.300 Solarmodule. Sie sind bifacial, nehmen also in zwei Richtungen Sonnenstrahlen auf. Und sie sind vertikal aufgebaut, mit zwölf Metern Abstand zwischen den Reihen. Dadurch bleibt genug Platz für Hussongs 140 Rinder.
3,8 Megawatt wird der Agri-Solarpark produzieren. Hussong verpachtet das Land an den Betreiber der Anlage. Der wiederum zahlt Hussong drei Euro pro Kilowatt-Peak. "Die Prämie der Regierung für die landwirtschaftlichen Fläche bekomme ich noch dazu", sagt Hussong.
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Bauernverband warnt vor Existenzbedrohung
Agri-PV als Zukunftsmodell für die Bauern, die seit Jahren mit schwankenden Erlösen bei steigenden Kosten kämpfen? Ganz so einfach ist es nicht. Der Bauernverband Saar steht Agri-PV kritisch gegenüber. Er hat Angst um Flächenverlust für die Landwirte. Existenzen könnten bedroht werden.
"Die Landwirte sind nur zu etwa einem Drittel Eigentümer der landwirtschaftlich genutzten Fläche", sagt Alexander Welsch, Hauptgeschäftsführer des Bauernverbands Saar.
Weiterer Kritikpunkt: Moderne Maschinen würden nicht durch die Reihen zwischen den Modulen passen. "Wir arbeiten mit Arbeitsbreiten bis zu 36 Metern. Die Technik, die wir heute haben, könnten wir bei Agri-PV nicht mehr einsetzen. Wir müssten auf Technik aus den 1970er- und 1980er- Jahren zurückgreifen und wären nicht mehr konkurrenzfähig", sagt Welsch.
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Bundesregierung setzt auf die Erneuerbaren
Die Bundesregierung setzt bei der Energiewende auf Wind- und Sonnenergie. Bis 2030 sollen mindestens 80 Prozent des Bruttostromverbrauchs aus Erneuerbaren Energien gedeckt werden, 215 Gigawatt Solarleistung zusätzlich entstehen. Die Hälfte der neuen PV-Anlagen sollen als Dachanlagen gebaut werden, die andere Hälfte auf Freiflächen, auch auf landwirtschaftlichen Flächen.
"Die Dächer allein produzieren nicht genug Solarstrom, um Deutschland klimaneutral zu machen. Wir werden auf die freien Flächen raufmüssen", sagt Volker Quaschning, Professor für Regenerative Energiesysteme an der THW Berlin.
Der Vorteil von Agri-PV sei, dass durch die angepasste Aufstellung 70 bis 80 Prozent der Fläche trotzdem noch landwirtschaftlich genutzt werden könne, sagt Quaschning.
Aufklärung für mehr Verständnis
Jörg Hussongs Agri-PV-Anlage soll Ende August an das Netz angeschlossen werden. Er will Schilder aufstellen und den Spaziergängern, die an seinem Hof vorbeikommen, erklären, was dort für blaue Scheiben auf seiner Weide stehen.
"Man muss mit den Leuten reden, ihnen die Sache erklären. Dann haben Sie auch Verständnis", sagt Hussong. Er hat schon eine Anfrage von einer Landwirtschaftsakademie erhalten, ob er den Jungbauern dort das Prinzip Agri-PV erläutern könnte. Eine Bitte, der er gern nachkommt.
Claudia Oberst berichtet aus dem ZDF-Landesstudio Saarbrücken.
Quelle: ZDF
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