Deutsche Industrie kriselt:Industriestrompreis senken als Lösung?
von Stephanie Barrett und Sina Mainitz
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Von einem "Berg an Problemen" sprach BDI-Chef Russwurm auf der Industriekonferenz in Berlin. Ganz oben auf der Agenda: Die hohen Stromkosten. An die will auch Robert Habeck ran.
Wirtschaftsminister Habeck rührt auf der Industriekonferenz die Werbetrommel für den massiven Ausbau der Erneuerbaren Energien. Das kommt nicht überall gut an.
Quelle: dpa
Schon seit langem zählt die deutliche Senkung der Strompreise zu den dringendsten Forderungen der Wirtschaft - denn aktuell belegt Deutschland bei Industriestrompreisen Platz 5 in der Welt. Vor allem für energieintensive Branchen, wie Stahl-, Auto- und Chemiebranche ein zunehmend existenzielles Problem.
Robert Habeck: Niedrigerer Industrietrompreis über Subventionen?
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck - seit drei Jahren im Amt - will nun die Energie günstiger machen. Sein Vorschlag: Kurzfristig die Netzentgelte mit 5,5 Milliarden Euro subventionieren, um Wirtschaft und private Stromverbraucher zu entlasten. Sein Plan: einen Teil der frei gewordenen Milliarden nutzen, die ursprünglich für das Intel-Werk in Magdeburg vorgesehen waren. Also mit Subventionen den Strompreis senken. In der Ampel war er mit dieser Idee noch gescheitert.
Habeck drängte wegen der schwächelnden Wirtschaft auf Entlastungen bei den Stromkosten. 26.11.2024 | 1:53 min
Nach deren Scheitern hofft er auf Zustimmung der Union, die einem Nachtragshaushalt zustimmen soll. Ob das gelingt, allerdings sehr fraglich. Noch in diesem Jahr müsse es die verbindliche Zusage geben, damit die Netzbetreiber die Entlastung gleich zu Beginn des kommenden Jahres umsetzen könnten, so Habeck. Doch wie sinnvoll ist die Idee und löst sie das Problem zu teurer Energie? ZDFheute sprach darüber mit Chefvolkswirten.
Lösung muss Engergiepreise langfristig senken
Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Deka-Bank, begrüßt, dass die Politik die Energiepreise als Problem am Standort Deutschland thematisiert. "Subventionen mögen hier kurzfristig Erleichterung bringen, aber sie sind keine Dauerlösung", so Kater. Das Ziel müsse weiterhin "ein größeres Energieangebot zu geringeren Herstellungskosten" bleiben. "Das hat heute mehr zu tun mit einem zügigen Ausbau der Verteilungs-, Speicher- und Reservekapazitäten als mit den installierten regenerativen Erzeugungsanlagen."
Für rund zehn Millionen Haushalte werden die Stromkosten im kommenden Jahr sinken. Andere müssen sich auf Erhöhungen einstellen. Grund: die Lastenverteilung beim Netzausbau.
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"Die Ideen von Habeck gehen in die richtige Richtung und würden kurzfristige Erleichterung bringen", erklärt ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski. "Allerdings nur, wenn Preissubventionen oder Preisdeckel langfristig, also 5-10 Jahre, angelegt sind. Unternehmen benötigen dringend Planungssicherheit."
Das würde laut Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, zwar einem Teil der Unternehmen helfen. "Aber letztlich wird dadurch der Mangel an Energie nur umverteilt."
Erneuerbare Energien keine Ultimativlösung
Auch Habecks Mantra, nur der massive Ausbau der Erneuerbaren Energien könne alle Probleme rund um den hohen Strompreis lösen, sieht Jörg Krämer kritisch: "Das wird nicht funktionieren. Es braucht auch eine stabile Grundlast, wenn die Sonne nicht scheint oder der Wind nicht weht."
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Die Erneuerbaren Energien machen nämlich nur dann Sinn, wenn die Infrastruktur zur Verteilung und Speicherung schneller ausgebaut wird. Darin liegt mittlerweile das größere Probleme als in der Installation neuer Anlagen. Grüner Strom braucht derzeit als Partner immer zwingend regelbaren konventionellen Strom aus Gas, Kohle oder Atomkraft, um Dunkelflauten abzudecken - und zwar unabhängig von der Zahl der Solarpaneele und Windräder. Die doppelten Fixkosten für grüne und traditionelle Energieanlagen sind der Hauptgrund für die hohen Strompreise in Deutschland. Diese Erkenntnis dürfte auch dem Bundeswirtschaftsminister nicht neu sein.
Quelle: ZDF
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