Rhein-Main-Gebiet:Rechenzentren-Boom: Fluch oder Segen?
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Ein Großteil der deutschen Rechenzentren konzentriert sich aufs Rhein-Main-Gebiet - Tendenz steigend. Doch mit den neuen Servern kommen auch neue Probleme, die es zu lösen gilt.
Überall im Rhein-Main-Gebiet sprießen sie wie Pilze aus dem Boden: Riesige Serverparks, in denen die Daten des Internets verwaltet und gespeichert werden. Die Kommunen freuen sich über Gewerbesteuer-Einnahmen. Doch die Rechenzentren bringen auch Probleme mit sich, die Verdrängung anderer Gewerbe etwa. Und: Der Stromverbrauch ist enorm und sie produzieren viel Abwärme.
Beim Spatenstich für das neue Rechenzentrum des US-Unternehmens Cyrus one schippte auch Hessens Ministerpräsident Boris Rhein kürzlich kräftig mit. Mehr als eine Milliarde Euro investiert Cyrus one im Frankfurter Stadtteil Griesheim. Hessen wolle bei der Digitalisierung ganz vorne mit dabei sein, so Rhein. Dafür seien die Rechenzentren, in denen Daten gespeichert und verarbeitet werden, unverzichtbar. Vor allem mit Blick auf die Entwicklungen bei Künstlicher Intelligenz (KI).
Größter Internetknoten Europas im Rhein-Main-Gebiet
Frankfurt und das Rhein-Main-Gebiet haben einen riesigen Standortvorteil - hier liegt der größte Internetknoten Europas. Rund zwei Drittel der in deutschen Rechenzentren verfügbaren IT-Leistung konzentriert sich auf das Rhein-Main-Gebiet. Die zentrale Lage befördert die Ansiedlung immer neuer und immer größerer Serverparks.
Amazon hat angekündigt, bis 2026 zehn Milliarden Euro in die Rechenzentren-Infrastruktur in Deutschland zu investieren, davon 8,8 Milliarden in Hessen. In Nierstein nahe Mainz plant der japanische Telekommunikationskonzern NTT eines der europaweit größten Rechenzentren auf einem ehemaligem US-Militärgelände.
Rechenzentren: Stromfresser und viel Abwärme
Doch es regt sich auch Widerstand. In Schöneck bei Frankfurt wollte ein Anbieter auf 14 Hektar bestem Ackerboden ein Rechenzentrum errichten. Der Protest von Bauern und Naturschützern brachte das Verfahren ins Stocken. Nun wird wohl auf kleinerer Fläche gebaut.
Auch Werner Neumann vom BUND Hessen dringt darauf, dass die Serverparks bestenfalls in bestehenden Gewerbegebieten errichtet werden sollten, um keine neuen Flächen zu versiegeln. Ein weiteres Problem sei der gigantische Stromverbrauch. Ein mittelgroßes Rechenzentrum verbraucht locker so viel wie eine deutsche Kleinstadt.
Server-Farmen: Wohin mit der Abwärme?
Die ständige Kühlung der Server frisst nicht nur Strom. Sie sorgt auch für Abwärme, die in den meisten Fällen bisher ungehindert in die Atmosphäre entweicht. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz schreibt seit letztem Jahr vor, dass bei neuen Rechenzentren mindestens zehn Prozent der Abwärme genutzt werden muss.
Einige Projekte gibt es bereits. In Hattersheim sollen 600 Haushalte in Zukunft mit der Abwärme aus dem dortigen Datenzentrum versorgt werden. Und im Frankfurter Norden errichtet der Energieversorger Mainova gerade selbst ein Rechenzentrum mit einer Leistung von 30 Megawatt. Die Abwärmenutzung wurde von Anfang an mitgedacht. Ab Dezember soll die gegenüberliegende Konzerthalle Batschkapp mit Wärme versorgt werden.
BUND will Wildwuchs der Rechenzentren stoppen
Oliver Schiebel, der Geschäftsführer der Mainova Webhouse GmbH, sieht großes Potential in der Verbindung von Rechenzentren und Wärmeversorgung. In Langen südlich von Frankfurt entsteht gerade ein neues Wohngebiet für 3.300 Menschen. Die Wärme soll dann vollständig aus dem mitgeplanten Rechenzentrum von Mainova kommen.
- Teil des Heizungsgesetzes: So soll die kommunale Wärmeplanung klappen
Doch wo die Serverparks weit außerhalb liegen oder zu viel Abwärme auf kleinem Raum entsteht, ist es schwierig, Abnehmer zu finden. Dort müssten lange Leitungen gebaut werden, die viel Geld kosten. Deshalb fordert Werner Neumann vom BUND Hessen, den Bau von Datenzentren in Zukunft in die Regionalplanung einzubeziehen. Dass also nicht jede Kommune für sich alleine entscheidet, ob und wo sie Rechenzentren bauen lässt. Damit der "Wildwuchs von Rechenzentren" aufhört.
Peter Theisen ist Redakteur im ZDF-Landesstudio Hessen.
Quelle: dpa
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